Vom Lockdown zur Normalität – ein langer Weg für die Wirtschaft

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Seit dem 20. April dürfen in weiten Teilen Deutschlands erste Geschäfte wieder öffnen, Fabriken fahren langsam ihre Produktion wieder hoch und ab Mai ist auch ein Friseurbesuch wieder möglich. Doch bis sich die Wirtschaft vom Lockdown der letzten Wochen erholt hat und wieder im Normalbetrieb läuft, ist es noch ein langer Weg.
Das Handelsblatt nennt 5 Hürden, die einem schnellen Neustart des Wirtschaftslebens im Weg stehen:

1. Der Gesundheitsschutz
Am 16. April hat die Bundesregierung bundesweit einheitliche, ergänzende Arbeitschutzstandards erlassen, die u.a. vorgeben, dass der Mindestabstand von 1,5 m zwischen Angestellten im Freien, aber auch in geschlossenen Räumen und in Fahrzeugen eingehalten werden muss. Das bedeutet, dass Schichten eventuell personell ausgedünnt werden müssen, Großraumbüros dürfen nicht mehr voll besetzt werden und auch der Weg zur Baustelle wird erschwert. (Naturstein berichtete hier)
Außerdem muss der Arbeitgeber für ausreichend Wasch- und Desinfektionsmittel sorgen, und dort, wo kein ausreichender Abstand eingehalten werden kann, Masken zur Verfügung stellen.
Vor allem für kleine und mittelgroße Unternehmen müsse stets im Vordergrund stehen, dass sich die Vorgaben betrieblich auch umsetzen lassen, mahnt der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH).

2. Personalengpässe
Unklar ist, wie die Wirtschaft wieder in den Normalbetrieb zurückkehren kann, wenn es an Personal fehlt. Der Schulbetrieb wird regional sehr unterschiedlich und nur für bestimmte Klassen/Altersstufen wieder aufgenommen. Wann alle Schüler wieder in die Schule gehen und wann Kindertagesstätten und Kindergärten wieder öffnen dürfen, steht noch nicht fest. Zwar wollen Bund und Länder die Notbetreuung auf weitere Berufs- und Bedarfsgruppen ausweiten, Details stehen jedoch auch hier noch nicht fest. Dennoch werden sich viele Eltern weiter um ihre Kinder kümmern müssen und bei der Arbeitsstelle fehlen.
In einer Umfrage des Bundesverbands der Personalmanager unter ca. 500 Personalmanagern mittelständischer Betriebe sprachen sich 71 % der Befragten für eine weitere Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes aus. Laut dem Handelsblatt gaben gut 46 % an, dass sie den Personaleinsatz in ihrem Unternehmen aktuell nur für einen Monat im Voraus realistisch planen können. Bei knapp jedem fünften sei es sogar nur eine Woche.

3. Lieferengpässe
Wenn Material nicht geliefert werden kann, kommt auch die Produktion nicht richtig in Gang. Im April hatte der ZDH 2.750 Handwerksbetriebe nach den Auswirkungen der Corona-Pandemie befragt. Fast jeder dritte beklagt Lieferengpässe bei Materialien, Vorprodukten, Komponenten oder Betriebsmitteln.
Der Groß- und Außenhandelsverband BGA berichtet auf Anfrage des Handelsblatts, dass der Güterkraftverkehr im Vergleich zum März mittlerweile in Europa wieder ganz gut laufe. Allerdings laufe die Logistik längst noch nicht wieder rund. Weil der internationale Handel lange unterbrochen war und von Land zu Land zeitverzögert wieder aufgenommen werde, stünden viele Container auf der Welt derzeit nicht da, wo sie eigentlich stehen sollten, heißt es beim BGA.

4. Fehlende Aufträge und schleppende Genehmigungsverfahren
Aufgrund der Ausgangsbeschränkungen haben viele Betriebe in unserer Branche kaum noch Kundenkontakt. Diese Zeit nutzen sie, um Aufträge abzuarbeiten. Dennoch bemerkt auch unser Handwerk, dass kaum neue Aufträge nachkommen, etwa weil Kunden das Infektionsrisiko fürchten. Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer weist auf einen weiteren Umstand hin, der für die Abwicklung vieler Aufträge unabdingbar ist: "Bund und Länder stehen in der Pflicht, dass die in den letzten Wochen nicht mehr oder nur im Notbetrieb arbeitsfähigen Behörden und Ämter vor Ort zügig wieder ihre grundsätzliche Arbeitsfähigkeit zurückgewinnen", sagte Wollseifer dem Handelsblatt. Darauf seien Handwerksunternehmen zwingend angewiesen. Denn wenn Zulassungsstellen, Straßenverkehrs- oder Baubehörden nicht mit voller Kraft arbeiteten, drohten ganze Wertschöpfungsketten zerschnitten zu werden.

5. Finanzielle Engpässe
Wenn Kunden nicht kommen und Aufträge fehlen, fehlt den Firmen auch der nötige Umsatz. Finanzreserven können da schnell knapp werden. So kommt es, dass fast 1 Mio. Unternehmen Soforthilfe beantragt haben. Auch KfW-Kredite und die Möglichkeit, Sozialversicherungsbeiträge zu stunden, werden in Anspruch genommen. Auch Handwerkspräsident Wollseifer betont, die von Bund und Ländern realisierten Maßnahmen zur Liquiditätsunterstützung "bleiben bis auf Weiteres unverzichtbar und müssen gegebenenfalls problembezogen nachgeschärft werden". 


(veröffentlicht am 22. April 2020)