Festival vor großer Kulisse

Besucher des Steinfestivals in Straßburg konnten Steinmetzen wie Nuno Fernandez bei der Arbeit hautnah über die Schulter schauen. (Fotos: Christiane Weishaupt)

Ongky Wijana zeigte Steinkunst mit balinesischen Einflüssen und erhielt dafür den Hauptpreis der Stadt Straßburg.

Hat mit Totenköpfen viel am Hut: Thierry Gangloff.

Robert Frank Schmidt aus Eltville sorgt sich um die Zukunft seines Handwerks.

Tausende Besucher besuchten das Festivalgelände am Straßburger Münster.

Tamás Kassányi arbeitet vor großer Kulisse.

Vor dem 1.000 Jahre alten Münster fand vom 26. bis 28. Juni in Straßburg das europäische Steinfestival 2015 statt. 130 Steinbildhauer aus 15 Ländern nahmen teil. Tausende Besucher beobachteten, wie auf der Place du Château Werke aus Sandstein entstanden, die ersteigert werden konnten.

Spitze Zeltdächer und ein vielstimmiges Klopfen und Klacken weisen Besuchern den Weg zum Festivalgelände auf der Südseite des Münsters. Um zu den Werkplätzen der Steinmetze zu gelangen, müssen sie eine kleine Schleuse passieren, um sich eine Schutzbrille zu leihen. Steinsplitter fliegen am späten Sonntagvormittag aber nur noch selten. Die meisten Akteure sind bereits mit der Feinarbeit beschäftigt. Robert Frank Schmidt ist mit seinem Werk so gut wie fertig. Der Bildhauer und Steinmetzmeister arbeitet seit 38 Jahren in seinem Metier. Seine Steinmanufaktur im hessischen Eltville wurde für Leistungen in der Denkmalpflege ausgezeichnet.

Am Steinfestival nimmt er zum ersten Mal teil. "Zum Spaß", sagt der Mann im weißen Hemd mit aufgerollten Ärmeln, Hut und Schutzbrille. Trotz der vielen jungen Kollegen auf dem Stein­festival sorgt sich Schmidt um sein Handwerk. Früher hatte er mehr Bewerber als Lehrstellen. Heute bleibt der Nachwuchs weg. Es wird schwierig, Qualität und handwerkliche Tradition in die Zukunft zu retten, signalisiert Schmidt.

Festival zum großen Jubiläum
Umso wichtiger ist das Steinfestival, bei dem Steinmetze aus aller Welt ihr Können einer großen Öffentlichkeit präsentieren. Um zu wenig Aufmerksamkeit mussten sich die Veranstalter mit Norbert Stoffel, Präsident der Europäischen Vereinigung der Steinmetze und Bildhauer (EASMS), an der Spitze, nicht sorgen. Straßburg ist wegen der schönen Altstadt ohnehin eine Touristenattraktion. Die Grundsteinlegung des Münsters vor 1.000 Jahren war Anlass, das Stein­festival 2015 in Straßburg stattfinden zu lassen. Die gotische Kathedrale als Kulis­se und das sonnige Sommerwo­chen­ende ließen die Stadt zum perfekten Veranstaltungsort werden. So drängten sich die Besucher dicht um die Werkplätze. Viele suchten das Gespräch und erhielten bereitwillig Antworten auf ihre Fragen.

Totenköpfe, Fabelwesen und eine Eule
Das Niveau der Arbeiten war so unterschiedlich wie die Qualifikation der Teilnehmer. Neben versierten Meistern ihres Faches wie Ongky Wijana aus Bali, der mit seiner Kunstfertigkeit schon beim Festival 2011 in Freiburg für Aufsehen sorgte, nutzten Gesellen und Auszubildende die Gelegenheit, ihre Ideen in Stein umzusetzen.

Ohne Schweiß kein Preis
Allen Teilnehmern stand ein Werkplatz mit einem 20 x 30 x 30 cm großen Standstein zur Verfügung. Werkzeug musste mitgebracht werden. "Die Botschaft der romanischen Baumeister und der rheinischen Mystik" lautete diesmal das The-ma. Auch in der Schlussphase wurde noch hochkonzentriert gearbeitet. Der Schweiß floss bei hochsommerlichen Temperaturen in Strömen.

Zwei Stunden vor der Preisverleihung stieg die Spannung bei Teilnehmern wie Besuchern, die sich mit Blick auf die Versteigerung für das interessierten, was den Festivalteilnehmern zum Thema eingefallen war. Gleich zwei Totenköpfe gab es zu bestaunen, Konsolen mit Figurenschmuck, Reliefs, ein Schatzkästchen nebst Schlüsselbund, Fabelwesen, eine Eule, und, und, und. Madame und Monsieur Keller aus dem elsässischen Bisch­willer sind entzückt. Das Paar ist auf seinem Ausflug nach Straßburg zufällig auf das Steinfestival gestoßen. Madame Keller fotografiert, ihr Mann macht sich Notizen. Sie überlegen, ob sie bei der Versteigerung teilnehmen. Jedenfalls würde sich eine Steinskulptur im Garten gut machen, meint Madame und schaut ihren Mann erwartungsvoll an. Einen Favoriten gibt es noch nicht. "Die Auswahl ist groß", findet Madame. "Und wer die Wahl hat, hat die Qual", seufzt Monsieur.

Hintergrund: Das europäische Steinfestival
findet seit 1999 in wechselnden Ländern der EU statt. Unterstützt wird es durch zahlreiche Sponsoren. Als langfristige Bildungs- und Weiterbildungseinrichtung genießt es international einen besonderen Ruf. Teilnehmen können Meister, Gesellen und Lehrlinge. Der Erlös der versteigerten Werke dient der Finanzierung der Veranstaltung und der Lehrlingsausbildung.

Preisträger
Hauptpreis der Stadt Straßburg:
Ongky Wijana, Bali.

Meisterklasse:
1. Philippe Smith, Kanada
2. Danny Barber, Kanada

Steinbildhauerarbeiten Gesellen und Lehrlinge:
1. Gwendoline Barré, Frankreich
2. Tomas Petukauskas, Litauen
3. Richard Bossons, England

Steinmetzlehrlinge:
1.  Martin Kuster, Straßburger Münsterbauhütte
2. Dimitri Marquet, Frankreich
3. Lucas Finance, Frankreich

(30.6.2015)

Autor/in: Christiane Weishaupt