Berliner Schloss erhält "Große Wappenkartusche"

Arbeiter vom Bamberger Natursteinwerk Hermann Graser GmbH Bamberg versetzten die Sandsteinteile der großen Wappenkartusche an die Lustgartenfassade (Fotos: Sabine Meißner)

Modellbildhauer modellierten die Kartusche in Ton. Auf Basis dieses Modells fertigte die Firma Schubert aus Dresden die Steine.

Große Wappenkartusche, Zustand um 1893; (historisches Foto) Fotograf: unbekannt

Baufortschritt am Berliner Schloss: Schwere Sandstein-Elemente für die "Große Wappenkartusche am Eosander-Risalit" werden an ihren endgültigen Platz versetzt.

Dieser Tage erhält die Fassade des Schlossbaus einen Teil ihres wichtigsten Schmucks. Die "Große Wappenkartusche", eine 16-teilige Sandsteinskulptur, wird in etwa 30 m Höhe von Fachleuten des Unternehmens Bamberger Natursteinwerk Hermann Graser GmbH montiert. Auf Nachfrage von "Naturstein" erklärt Geschäftsführer Martin Graser: "Der Bildhauer Andreas Hoferick aus Berlin hat die Modellarbeit gemacht. Auf der Basis dieses Modells wurden in der Dresdener Firma Schubert die Einzelteile gefertigt. Diese versetzen wir nun, weil die Eckkartusche zu dem Teil der Fassade gehört, für den unser Betrieb zuständig ist." Das Gesamtgewicht der Skulptur beträgt etwa 88 t.

Die große Kartusche des Schlüter-Nachfolgers Eosander von Göthe bildete an der Lustgartenfassade des historischen Originals den Übergang von der Schlüterfassade zum Risalit der Lustgartenfassade. Sie ist eine der bedeutendsten barocken Sandsteinskulpturen an den rekonstruierten Fassaden des Berliner Schlosses. Ihre Rekonstruktion war ein besonders schwieriges Vorhaben, da keine Originalfragmente mehr existierten. Bei der Bewältigung dieser Aufgabe konnte der Berliner Bildhauer Hoferick auf seine frühere Ausbildung in barocker Bildhauerkunst der Schule Jürgen Klimes zurückgreifen. Klimes war an der Restaurierung der Humboldt Universität und des Zeughauses in Berlin (Ost) beteiligt und verantwortete in den 1960iger Jahren den Einbau von Teilen des Berliner Stadtschlosses in das damalige Staatsratsgebäude der DDR. Sein einstiger Schüler Hoferick hat nun in zweijähriger Arbeit die mehrteilige Wappenkartusche für den Schlossneubau vollständig wiedererschaffen. Zunächst hatte er einen Entwurf, das Bozetto, im Maßstab 1:6 nach historischen Fotos und Aufzeichnungen gefertigt. Danach schuf Hoferick ein Modell aus Ton, das wiederum in Einzelteilen abgegossen wurde. Das Gipsmodell in Originalgröße von etwa 7 m Höhe und Breite sowie einer Tiefe von mehr als zwei Metern entstand nach dieser Vorlage. Innerhalb von vier Jahren wurde die vollständig rekonstruierte Kartusche (mit Modellarbeiten und Steinausführung) geschaffen.

Am Originalbau stellte die Eosander-Eckkartusche mit den Initialen von König Friedrich I. (FR) eine Allegorie auf den Ruhm des Königs dar. Zwei göttliche Ruhmverkünder (Famen) bejubeln mit ihren Fanfaren die Anbringung der Kartusche am Schloss. Bei der Versetzung der Sandsteinelemente an die rekonstruierte Fassade waren Martin Hohn, Bauleiter des Bamberger Natursteinwerkes, und Bildhauer Hoferick dabei, als ein großer Kran die 16 Steine in die Höhe hievte. Der schwerste wiegt 9,2 t. Die Herstellung des Modells sei in "ganz traditioneller Weise" erfolgt, war von Hoferick zu hören, nämlich "mit Kopf und Händen sowie Zollstock und Gips". Bauleiter Hohn erklärte, dass die Montage im Wesentlichen abgeschlossen sei. Die Zusammenarbeit mit dem Dresdener Unternehmen Schubert funktioniere sehr gut, so dass innerhalb von vier Tagen der Part des Bamberger Natursteinwerks erledigt gewesen sei. "Es fehlen lediglich noch Flügel und Arme, die von den Dresdenern montiert werden", sagte er, "und ein paar Übergänge sind noch nachzuarbeiten".

Was stellt die "Kartusche" dar? Drei Putti (kindliche Engel) helfen zwei Famen (Engel, die die Gottheit des Ruhmes darstellen), das Wappenschild des Königs Friedrich I. (FR) im Mezzanin (Zwischengeschoss) an der Fassade zu befestigen.

Informationen zum Schloss
Das Berliner Schloss, seit dem 19. Jahrhundert auch Berliner Stadtschloss genannt, war das zentrale Bauwerk in der historischen Mitte Berlins. Es wurde im Jahr 1442 als Residenzschloss der Hohenzollern erbaut und später barock erweitert. Unter Kunsthistorikern gilt es als einer der bedeutendsten Barockbauten der Welt. Im Jahr 1950 beschloss die Regierung der DDR, das zum größten Teil ausgebrannte Gebäude mittels Sprengung abzureißen. Unter Verwendung rekonstruierter Teile des alten Schlosses entsteht an dieser Stelle jetzt der Neubau.

An der Nord-, West- und Südseite des Schlosses wird die Barockfassade rekonstruiert. An der Ostseite entsteht eine Fassade in moderner Architektur. Der Förderverein Berliner Schloss will 80 Millionen Euro für den Wiederaufbau der Barock-Fassaden sowie 25 Millionen Euro für Extras, unter anderem für die vollständige Rekonstruktion der Kuppel, aus Spenden aufbringen. Geld- und Sachspenden im Wert von 57 Millionen Euro gingen bisher ein. 2019 soll das Projekt, das als Museum und Bühne für kulturelle Veranstaltungen dienen soll, fertig sein. (Quelle: Förderverein Berliner Schloss e. V.)

Johann Friedrich Eosander von Göthe (1669 - 1728) war ein Baumeister des Spätbarocks. Er wirkte neben Andreas Schlüter in Berlin, ab 1699 als Hofbaumeister. Sein bekanntestes Werk ist das Schloss Charlottenburg. 1707 wurde er Schlüters Nachfolger als Bauleiter für die Errichtung des Berliner Stadtschlosses.

(3.5.2016)

Autor/in: Sabine Meißner