Sachverständige tagten in Fulda

Am 7. und 8. November 2023 nahmen über 300 Sachverständige an den 23. Sachverständigen- tagen teil. (Foto: © Fachverband Fliesen und Naturstein)

Rund 300 Teilnehmer besuchten am 7. und 8. November 2023 in Fulda die 23. Sachverständigentage des Fachverbands Fliesen und Naturstein im Zentralverband des Deutschen Baugewerbes. Begleitet war die Fortbildungsmaßnahme durch eine Fachausstellung mit 30 verschiedenen Herstellern. Neun Vorträge standen auf dem zweitägigen Programm. 

Sachverständiger Roger Genz eröffnete die Tagung mit einem Vortrag zum Thema Estriche. Für den Planer sei v.a. das Schwinden des Estrichs zu berücksichtigen, neben der Fugenplanung und der Prüfung des Feuchtegehalts. 
Britta Schnibbe, Bereichsleiterin Keramik bei "NordCeram Produktion", erläuterte, was bei der DIN EN 14411 Keramische Fliesen und Platten – Definitionen, Klassifizierung, Eigenschaften, Konformitätsbewertung und Kennzeichnung – für die Sachverständigen relevant ist. 
Fliesenlegermeister Gregor Wiedemann berichtete Aktuelles zu Normen und Merkblättern. So müsse die ZTV-Wegebau vereinbart werden, wenn sie gelten soll. Bei der DIN 18515-1 Außenwandbekleidungen müsse beim Ansetzen in Mörtel 5% Fugenanteil berücksichtigt werden. Bei der DIN 18336 Abdichtungsarbeiten werde auf die Überarbeitung des Ergänzungsbands 2023-09 hingewiesen. Wiedemann erläuterte außerdem die Überarbeitungen der DIN 16165 Rutschhemmung und wies auf das Merkblatt 8 über Entkopplungssysteme hin, das zusammen mit dem "euroFEN" erarbeitet wurde.

Hoher Schaden nach Extremwetter
Ein Hochwasserschaden nach einem Extremwetterereignis lieferte dem Sachverständigen Stefan Hubertus Schmidt ein drastisches Beispiel für die Mängelbeurteilung durch den Sachverständigen. Ein Wasserschaden hatte sich durch zu geringe Trocknung vergrößert, trotz Anwendung der Trocknung im Schiebe-/Zugverfahren. Freies Wasser auf einer PE-Folie auf der Betondecke ermöglichte eine Fäkalkeimbelastung, die zu schweren Erkrankungen führen kann. Letzten Endes hätten 200 m² Keramik- und Parkettboden mit einem Kostenaufwand von 650.000€ komplett erneuert werden müssen. 

Die Überarbeitung der DIN 18531 Planungsgrundsätze für barrierefreie Türen und ebenerdige Fenster war Thema von Oliver Schippel. Neu in die DIN aufgenommen werde die Anordnung einer Rinne zur Entwässerung vor Türen und Fenster, je nach Schneelastzone. Bei Zone III sei eine Heizung zu installieren. Der Gelbdruck dazu erscheine Anfang 2024 mit der Möglichkeit, Einspruch zu erheben. 
Karl-Uwe Voss von der Materialprüfungs- und Versuchsanstalt Neuwied stellte verschiedene Richtlinien für die Ausführung von Rüttelböden vor und berichtete über Mängel, wie z.B. das Entstehen von Zementlinsen, die die Qualität des Transportmörtels beinträchtigen. 
Anhand von Beispielen aus der Praxis veranschaulichten die Sachverständigen Jens Jägemann und Markus Kohl Fragestellungen und Vorgehen bei der Bewertung eines Materialmangels. 
Rechtsanwalt Michael Steenken sprach über Gutachten im Spannungsfeld zwischen Planungsrecht/Bauüberwachung und Bauausführung. Das "selbständige Beweisverfahren", bei dem die Fragen vom Rechtsanwalt über den Richter zum Sachverständigen gelangen, ufere häufig aus. Seiner Ansicht nach werde im "selbständigen Beweisverfahren" die Lenkungswirkung der Sachverständigung durch das Gericht vernachlässigt. In vielen Fällen sei eine Klage besser, bei der die Handwerker über die Streitverkündigung eingebunden würden. 
Gegen Ende der Veranstaltung konnten Teilnehmer Fragen an Mitglieder des Technischen Ausschusses stellen. Dabei ging es u.a. um Hohlklang bei der Verlegung, Abdichtung in der Badsanierung und prüfbare Abrechnungen.

Mangel oder nicht?
Zum Abschluss beantwortete Fliesenleger- und Steinmetzmeister Markus Ramrath wie immer die Frage: Mangel oder nicht? Am Vortag hatte er Fotos von Beispielen aus seiner Praxis als Sachverständiger gezeigt, die von den Teilnehmern online bewertet und nun gemeinsam diskutiert werden konnten. Jürgen Kullmann, Vorsitzender des Fachverbands Fliesen und Naturstein, freute sich über die positive Resonanz auf die Sachverständigentage.

Das nächste Treffen finden am 26. und 27. November 2024 in Fulda statt.

(21.11.2023/wei)
 

Autor/in: Dipl.-Ing. Harald Zahn