Neugestaltung des Altarraums der Wiener Servitenkirche

In seiner bewussten Zurückhaltung strahlt der neue Altarraum Ruhe und Würde aus. (Fotos: Richard Watzke)

Blick vom Chor aus: Der Altar rückt näher in den frühbarocken Kirchenraum hinein.

Klären letzter Details vor dem Abbau des bestehenden Altars: Werner Feiersinger (l.) und der Priester der Servitenkirche.

Für Arbeiten in der Denkmalpflege ist eine ausreichend dimensionierte Z-Achse Voraussetzung.

Die Servitenkirche im 9. Wiener Gemeindebezirk gilt als einer der wenigen stilrein erhaltenen Sakralbauten des Frühbarocks in Wien. Während der 2022 abgeschlossenen, auf fünf Bauphasen über einen Zeitraum von 20 Jahren verteilten Generalsanierung wurden unter anderem die Gewölbe und die Kuppel restauriert, Fresken gereinigt und der porös gewordene Stuck saniert. Wandflächen wurden mit einer Kalkfarbe nach historischer Rezeptur erneuert. Den Abschluss der Arbeiten unter der Leitung des Bauamts der Erzdiözese Wien bildete die Neugestaltung des Altarraums.

Zeichen der Erneuerung
Die Neugestaltung eines barocken Kirchenraums ist keine alltägliche Aufgabe, weder für die ausführenden Handwerker noch für die Pfarrgemeinde als unmittelbare Nutzerin des Kirchenraums. Seitens der Erzdiözese Wien als Auftraggeberin war es daher erforderlich, mit Fingerspitzengefühl an die Aufgabe heranzugehen. Den Auftrag für das Gestaltungskonzept erhielt der österreichische Bildhauer und Fotograf Werner Feiersinger als ausgewiesener Kenner sakraler Architektur, der zuvor bereits den Altarraum der gotischen St.-Georgs-Kathedrale in der Wiener Neustadt zeitgemäß modernisiert hatte. Mit den Steinmetzarbeiten betraut wurde die auf Arbeiten in der Denkmalpflege spezialisierte Wolfgang Ecker GmbH aus Traiskirchen, die unter anderem die Votivkirche, das Stift Klosterneuburg und zahlreiche andere Kirchen im Raum Wien zu den Referenzen zählt.

Der Boden des neuen Altarraums sowie die massiven Blockstufen mit dem plastisch geformten Profil sind in LIPIZA UNITO, einem slowenischen Kalkstein, ausgeführt. Der Bereich hinter der Altarinsel ist im gleichen Verlegemuster und mit dem gleichen Stein wie der Kirchenraum – SOLNHOFER und ADNETER MARMOR – ausgeführt, um räumlichen Hierarchien entgegenzuwirken. Die Gestaltung und die Materialität der liturgischen Objekte sind klar und reduziert und vermitteln einen ruhigen und ausbalancierten Eindruck. Der Taufstein auf der rechten Seite hinter dem neuen Altarraum ist so wie der Boden aus LIPIZA UNITO ausgeführt. 

Der Altar steht im Mittelpunkt
Der Altar bildet die Mitte des Raums und sammelt die Gemeinde um sich. Die Kombination von zwei Steinen – CIPOLLINO und ROSSO DI VERONA – betont die Bedeutung. Es war eine grundlegende künstlerische Entscheidung, den bestehenden Altar zu adaptieren, die Schlichtheit des Entwurfs aus den 1960er Jahren zu bewahren und das Thema des Formübergangs auch im metaphorischen Sinn in die neue Altarraumgestaltung zu übernehmen.

Um die räumliche Wirkung aller liturgischen Gegenstände zu testen, fertigte Werner Feiersinger von allen Teilen Modelle im Maßstab 1:1 an. Nach Abnahme durch die Erzdiözese und Vertreter der Kirchengemeinde begannen die Steinmetze in Traiskirchen mit der Produktion der Werkstücke. Die Mensa, der Ambo und der Taufstein wurden auf einem Fertigungszentrum LDZ 2000 von Burkhardt-Löffler gefertigt. Neben der Beschaffung eines überwiegend ruhigen Stücks des ansonsten eher lebhaft strukturierten CIPOLLINO-Marmors stellten vor allem die geometrisch exakt gerundeten Massivteile aus LIPIZA UNITO eine besondere Herausforderung dar.

Weitere Details zur Umsetzung dieses Projekts erfahren Sie in Naturstein 10/2023.

[24.01.2024/es]

Autor/in: Richard Watzke