Kapelle mit NAGELFLUH

Eine im Ton leicht abgesetzte Spur führt aus dem Foyer durch die Tür und über den Boden der Kapelle. Sie zeichnet eine Kurve um Altar und Ambo, deren Form sie als Bild der Innschleife zu erkennen gibt. (Foto: Achim Bunz)

Der Kapellenbau ist in der zeitgenössischen Architektur eine beliebte Möglichkeit, die Grenzen zur bildenden Kunst zu testen und quasi-skulpturale Statements zu schaffen. Die berühmten Kapellen etwa eines Peter Zumthor sind die Spitze eines stetig wachsenden Eisbergs begehbarer Plastik. In den letzten 20 Jahren hat sich die zeitgenössische Kunst dem Sakralbau vor allem von innen zugewandt. Das in diesem Kontext wohl bekannteste Werk ist Gerhard Richters Fenster für den Kölner Dom. Es prägt den Außen- und Innenraum gleichermaßen. Auch die Arbeiten von Daniel Bräg und Thierry Boissel sind Teil dieser Entwicklung. Unter dem Namen "Der dritte Mann" hat das Künstler-Duo bereits Kapellen in Bad Homburg, Usingen und Bünde gestaltet. Nun zeigen sie sich für die Gestaltung der Klinikkapelle in Wasserburg am Inn verantwortlich.

Zur Wasserburger Klinikkapelle
Der Neubau ist als gemeinschaftliches Gebäude für die RoMed Klinik und das kbo-Inn-Salzach-Klinikum konzipiert. Der westlich vor Wasserburg auf einer Anhöhe gelegene Ortsteil Gabersee ist ein traditionsreicher Krankenhausstandort. 1883 wurde hier die »Königlich Bayerische Heil- und Pflegeeinrichtung für Nervenkranke" gegründet. Als Ausdruck eines zeitgemäßen Therapie Therapieansatzes enstand ein weitläufiges Areal im "Pavillonstil", welches zu den bedeutenden Zeugnissen dieses Typus mit hohem Denkmalwert zählt. Der Neubau befindet sich am nördlichen Rand des historischen Geländes und fügt sich respektvoll in die vorgegebene Hanglage über dem Inn. Die Baugruppe besteht aus vier kubischen Einheiten für das Inn-Salzach-Klinikum, einem breit-gelagerten Riegelbau für die RoMed Klinik und einem gemeinsamen, verbindenden Zwischentrakt als zentrale Ankunfts- und Aufnahmestelle. In diesem Entree, in unmittelbarer Sichtweite vom Empfang befindet sich die neue ökumenische Kapelle. Das künstlerische Konzept der Wasserburger Klinikkapelle verbindet in beispielhafter Weise Funktionalität mit hoher Sinnlichkeit und gestalterischer Qualität. Die formalen und inhaltlichen Bezüge schaffen Identität und sind gut erfass- und erlebbar. Die farbigen Glaselemente strahlen eine freundliche, ja heitere Atmosphäre aus, die der Bestimmung der Kapelle und dem Befinden ihrer unterschiedlichen Besucher – Patienten, Angehörige, Ärzte, Pflegepersonal - gut tut und Hilfestellung leisten kann. Daniel Bräg und Thierry Boissel haben einen spirituell-liturgischen Raum geschaffen, der dem ökumenischen Geist im besten Sinne Rechnung trägt.

Mehr dazu lesen Sie in Naturstein 10/2023.

(Veröffentlicht am 17.10.2023)

Autor/in: Paul Bräg