Steine in der Stadt

Tagungsteilnehmer in Potsdam auf den Stufen zur Nikolaikirche am Alten Markt Foto: ein Passant

Figurenrondell aus CARRARAMARMOR im Park Sanssouci, rechts die neue Netzwerkkoordinatorin Dr. Annette Richter. Fotos: Gerda Schirrmeister

53 Steinliebhaber vom Netzwerk "Steine in der Stadt" trafen sich vom 9. bis 12. April in Potsdam. Dr. Annette Richter übernahm von Prof. Johannes Schroeder die Koordination. Der nächste "Tag der Steine in der Stadt" findet rund um den 17. Oktober statt.

Gastgeber der zehnten Netzwerk-Tagung war der Fachbereich Architektur und Städtebau der Fachhochschule Potsdam. Die Organisation übernahmen Dr. Angela Ehling von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Prof. Steffen Laue von der Fachhochschule Potsdam, Kathrin Lange und Claudia Sommer von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg sowie Prof. Johannes Schroeder von der TU Berlin. In guter Tradition widmeten sich die ersten Referenten den Stein Aktivitäten am Tagungsort und stimmten die Teilnehmer schon auf die vorgesehenen Exkursionen ein.

Prof. Steffen Laue stellte das gastgebende Institut vor. Die Kunsthistorikerin Claudia Sommer und der Restaurator Stefan Klappenbach zeigten die vielfältigen farbigen polierfähigen Natursteine in den Schlössern und Gärten von Sanssouci im Kontext ihrer Verwendungsgeschichte und berichteten anschaulich über die mit leidenschaftlichem Engagement betriebene sortengerechte Restaurierung. Der Bauingenieur und Steintechniker Thomas Bolze behandelte die Naturwerksteine in der Stadt- und
Baugeschichte von Potsdam.

Nach diesem ersten Vortragsblock präsentierte Dr. Angela Ehling Pläne zur Reaktivierung der Geologischen Wand, die Ende des 19. Jahrhunderts in Berlin-Blankenfelde von einem Gymnasiallehrer erschaffen wurde, um den Aufbau der Schichten der oberen Erdkruste in Mitteleuropa nördlich der Alpen zu veranschaulichen. Dr. Andreas Peterek machte auf ein schützenswertes Kulturgut der oberfränkischen Steinmetzkunst aufmerksam: die Fensterschürzen aus Sandstein im Bayreuther Umland. Wie man Schüler für das Kultur erbe sensibilisieren kann, erklärte Dr. Susanne Braun anhand von erfolgreichen Projektbeispielen aus dem Schulprogramm der Deutschen Stiftung Denkmalschutz "denkmal aktiv – Kulturerbe
macht Schule".

Ein dreistündiger Steinspaziergang in Potsdam führte die Teilnehmer vom Alten Markt zur Alten Wache mit fachkundigen Erläuterungen durch Thomas Bolze und den Geologen Michael Krempler. Anschließend luden Claudia Sommer und Stefan Klappenbach zu einer abendlichen Wanderung durch den Neuen Garten mit Gotischer Bibliothek und Marmorpalais ein.

Einblick in Projekte und Regionen
Am nächsten Morgen stellte Dr. Klaus Poschlod das aktuelle Projekt zur Erfassung von historischen Naturwerksteinbrüchen durch Geologen für Anwender wie Denkmalpfleger und Restauratoren vor. Einer der Kooperationspartner ist der Deutsche Naturwerkstein-Verband (DNV).

Dr. Ernst-Josef Spindler schilderte anschaulich die Route zu den Steinen in der Stadt Burghausen, die in das Exkursionsprogramm der BUND-Naturschutz Kreisgruppe Altötting (Bayern) eingebunden ist. Christine Roth beleuchtete den WUNSIEDLER MARMOR in Vergangenheit und Gegenwart als regionale Schönheit mit vielen Gesichtern. Dr. Gerhard Lehrberger berichtete über die mit Dr. Esther von Plehwe-Leisen und weiteren Netzwerkern zusammengestellten Erkenntnisse zu den Barrois-Oolithen SAVONNIÈRES, MORLEY & Co., die im späten 19. Jahrhundert in deutschen Städten Modegesteine waren.

Mit einem wahren Fotofeuerwerk präsentierte Dr. Frieder Jentsch Chemnitz als "steinbunte Stadt". Ulrich Kaplan brachte den Teilnehmern die Natur- und Dekorsteine in der Baugeschichte von Paderborn und Umgebung nahe und Dr. Karl-Heinz Schumacher stellte die in Aachen verwendeten rheinisch-maasländischen Werksteine vor.

Tag der Steine in der Stadt rund um den 17. Oktober
Im Rahmen der Tagung wurde auch die Perspektive des Netzwerks diskutiert. Dabei wurde die erfreuliche Botschaft verkündet, dass eine steinbegeisterte Netzwerkerin für die Übernahme der Koordinatoren-Rolle gewonnen werden konnte: Dr. Annette Richter vom Niedersächsischen Landesmuseum Hannover übernimmt das Amt vom langjährigen Motor des Netzwerks, Prof. Schroeder, der aus Altersgründen für eine Weitergabe plädiert hatte. Der diesjährige "Tag der Steine in der Stadt" findet rund um den 17. Oktober statt, an dem die Netzwerker wieder mit Verbündeten vor Ort öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen organisieren und vorher entsprechend in den Lokalmedien ankündigen. Mitwirkung ist willkommen! Interessenten melden sich bei Annette.Richter@landesmuseum-hannover.de.

Exkursionen nach Sanssouci
Zwei Exkursionen führten in den Park Sanssouci mit seiner kunstvollen Architektur, seinem Skulpturenprogramm und einer Fülle verschieden bearbeiteter Steinsorten im Innen- und Außenbereich und ermöglichten interessante Einblicke in Restaurierungsmethoden. Verweilpunkte waren das Französische Figurenrondell an der Großen Fontäne, die Bildergalerie, die Restaurierungswerkstatt für Skulpturen, das Neue Palais mit Grotten- und Marmorsaal und die Kolonnade. Detaillierte fachliche Erläuterungen an den verschiedenen Standorten gaben Kathrin Lange, Stefan Klappenbach, Lutz Schummel, Claudia Sommer, Steffen Laue, Angela Ehling und Michael Krempler.

Einhellig empfanden die Teilnehmer diese 10. Arbeitstagung als große Bereicherung und sind allen Organisatoren, Mitwirkenden und Helfern sehr dankbar für die gelungene Veranstaltung. Die nächste
Arbeitstagung des Netzwerkes findet 2016 in der Eifel in Mendig statt.

(4.8.2015)

Autor/in: Dr. Gerda Schirrmeister