Obermeistertagung: Neues wagen

Über die Wiederaufnahme des LIV Hessen in den BIV freuen sich der hessische LIM Karl-Heinz Damm (r.) und BIM Gustav Treulieb.

Peter Watschinger und Hans Karl Trojer (2. u. 3.v.l.) begeisterten mit Steinen aus Südtirol.

Obermeister in Mainz

Quo vadis Steinmetzhandwerk? Kein Berg zu hoch, kein Weg zu steil: Grenzen überwinden und Neues wagen – unter diesem Motto stand die jüngste Obermeistertagung des Bundesverbands Deutscher Steinmetze (BIV). Wie man aus Leidenschaft für das eigene Handwerk etwas wagen und gewinnen kann, schilderten Hans Karl Trojer und Peter Watschinger von der Firma südtirol.stein aus Terlan in Südtirol sowie Sven Stelzel, Geschäftsführer der Malerwerkstätte Stelzel, Esslingen.

Die Firma südtirol.stein hat sich auf den Abbau und die Verarbeitung besonderer Steine aus Südtirol spezialisiert. Die Steinsucher aus Südtirol begeisterten ihre Zuhörer mit Bildern von Findlingen, abenteuerlichen Abbausituationen, Anwendungen, die dem Werkstoff Naturstein Ehre machen und vor allem ihrer Leidenschaft für Ihren Beruf und ihr Material.

Sven Stelzel, Geschäftsführer der Esslinger Malerwerkstätte Stelzel und 2. Preisträger im Wettbewerb "TOP-Gründer im Handwerk 2014" erzählte freimütig, wie er sich bei seinen Kunden z.B. als "Dr. Spanndecke" unvergesslich macht, wie er mithilfe von Facebook Lieblingskunden akquiriert und wie man mit einfachen Mitteln einen Online-Shop für mineralische Produkte entwickeln kann.
Angesichts solch leidenschaftlicher Handwerker kam sich mancher erfolgreiche Steinmetz im Publikum allzu etabliert und unbeweglich vor und wagte frische Blicke auf das eigene Geschäft und die eigene Kommunikation.

Zu denken gab vielen auch der Vortrag von Peter Fink über den mit dem Architekten Peter Zumthor verwirklichten Werkraum Bregenzerwald (www.werkraum.at). Aus Leidenschaft für ihre Berufe haben 85 von 300 Handwerksbetrieben der Region eine Vision entwickelt und umgesetzt, die heute alle Besucher in ihren Bann zieht und für handwerkliche Qualität sensibilisiert.
 
Keramik und Naturstein richtig bewerben
Dass und wie man sich auf die Bedürfnisse potentieller Kunden einstellen sollte, erklärte Werner Altmayer von altmayer.marketing aus Wallerfangen, der das Fliesenlegerhandwerk kommunikativ betreut. "Die Menschen wünschen sich ein Wohnumfeld, das gesund, nachhaltig qualitätvoll und schön ist", legte er dar. Keramische Fliesen entsprächen diesen Erwartungen weit mehr als Teppiche und PVC; trotzdem stelle die Teppichindus-trie mit 56% Marktanteil Boden ihre Produkte fälschlicherweise als besonders geeignet für gesundes Wohnen dar. Im Auftrag der Europäischen Union der Fliesenfachverbände (EUF) habe er deshalb eine Strategie entwickelt, die Keramik (16% Marktanteil) ins rechte Licht rückt. Der Unternehmensberater ging außerdem auf die Kundengruppe 50+ ein – seines Erachtens DIE Zielgruppe für Investitionen in Wohnen mit Niveau.

Wie man einen Grabmalbetrieb neu vermarkten kann, schilderten Hermann Rudolph und Horst Sonnenmoser von der Werbeagentur denkrausch. Die neue Außendarstellung spiegelt das, was Rudolphs Betrieb besonders macht: seine Tradition, gestalterische Kompetenz und hohe Fertigungsethik.
 
Fotoshooting auf der Stone+tec
"Wir bringen Stein in Form" – unter diesem Motto steht die Imagekampagne, mit der der BIV das öffentliche Bild des Steinmetzhandwerks in ein neues Licht rücken will. Willy Hafner erläuterte die Motive, von denen sich ein Teil auf die Tätigkeitsfelder der Steinmetzen bezieht, während der andere Teil einzelne Steinmetze und Steinmetzinnen in Szene setzt. Für die Stone+tec sind Fotoshootings in einem mobilen Studio geplant, die der BIV über die Marketingumlage subventioniert. Den Steinmetz kostet ein Shooting inkl. Nachbereitung 380 €. Neben Plakaten will der BIV noch dieses Jahr Beachflags, und Gerüstbanner zur Verfügung stellen. "Die Kampagne funktioniert nur, wenn alle mitmachen", gab Bundesinnungsmeister Gustav Treulieb zu bedenken.

Zu guter Letzt bot der BIV zwei Workshops an: Unter Anleitung von Sybille Trawinski und Gudrun Zado machte sich ein Teil der Obermeister anhand eines Fragebogens Gedanken über die Stärken und Schwächen sowie die Positionierung ihrer Betriebe. Andere ließen sich von Horst Sonnenmoser erklären, wie man eine Marketingstrategie entwickeln und umsetzen kann.
 
Die Hessen sind wieder im Boot!
In einer außerordentlichen Mitgliederversammlung stimmten die Delegierten vor der Obermeistertagung über die Wiederaufnahme des LIV Hessen in den BIV ab. Für Diskussionen sorgte zunächst der Antrag auf ein beitragsfreies Mitgliedsjahr, das den Übergang erleichtern und kritische LIV-Mitglieder von der Arbeit des BIV überzeugen soll. Der Antrag wurde dann aber mit fünf Gegenstimmen und einer Enthaltung angenommen.
 
(4.2.2015)

Autorin: Bärbel Holländer