Ein Herz für alte Steine

Mit diesem Team lassen sich Berge versetzen. Manuel Rongen und seine Mitarbeiter auf dem Lagerplatz am Schindhau. (Fotos: Gerrit Arndt)

Wie Ruinen einer vergangenen Zivilisation: Bauelemente auf dem weitläufigen Gelände

In einem steinernen Schaugarten werden Anwendungsbeispiele für die historischen Natursteine präsentiert.

Es ist das steinerne Erbe von Generationen. Steine soweit das Auge reicht. Riesige Haufen mit grob bossiertem Quaderwerk, dazwischen einzelne Gesimse, Gewände und Stürze. Hier und da lässt sich noch die ehemalige Funktion der Steine, z.B. als Bogen- oder Brunnenstein erahnen. Ab und an, separat auf Paletten, finden sich schön ausgearbeitete Kassetten mit Roll- und Beschlagwerk, Schlusssteine mit Initialen und Jahreszahlen sowie hier und da eine Bildhauerarbeit und reicher Fassadenschmuck aus abgebrochenen Bauwerken und Ruinen aus ganz Deutschland. Material, das nicht oft bewegt wird, ist z.T. mit einer dicken Moosschicht überwuchert, und manches Eichhörnchen hüpft von Stein zu Stein.

Dieses einzigartige Gelände liegt malerisch auf dem sogenannten Schindhau, einem bewaldeten Berg am Tübinger Stadtrand. Für die Firma Rongen Naturstein ist es ideal, bietet es auf rund zwei Hektar Lager- und Ausstellungsfläche doch genügend Platz für ca. 69 Sorten Naturstein. Zusammen bringt dieses historische Material, das vorrangig aus dem Abbruch von alten Gebäude- und Industriekomplexen sowie aus dem Straßen- und Tiefbau stammt, rund 40.000 t auf die Waage. Was früher in Steinknackern oder auf Deponien endete, wird hier neuen Verwendungsmöglichkeiten zugeführt.

Das Konzept scheint aufzugehen: "Es geht rasant bergauf", berichtet Manuel Rongen. Nachdem er 1999 gemeinsam mit einem seiner jetzigen Mitarbeiter, Sasa Grahovac, Teile der Betriebseinrichtung seines insolventen ehemaligen Arbeitgebers übernommen habe, sei zunächst eine komplette Umstellung der alten Betriebsabläufe notwendig gewesen, erzählt er. Einzig das Konzept der Wiederverwertung von historischem Naturstein blieb – und das musste man der potentiellen Kundschaft erst wieder schmackhaft machen. "Am Anfang war das schwer, weil der Ruf bei Kunden und Lieferanten durch die Vorgängerfirma sehr beschädigt war", resümiert Rongen. "Aber dann haben wir uns mit täglicher harter Arbeit über viele Jahre hinweg einen ausgezeichneten Ruf erarbeitet. Auf uns kann man sich verlassen. Unsere Geschäftspartner wissen und honorieren das."

Hauptabnehmer sind laut Rongen die Garten- und Landschaftsbauer. Der Trend gehe klar zur Verwendung von gebrauchten Materialien mit Patina und Geschichte, weg von Beton und einheitlichem Neumaterial. Aber auch die Denkmalpflege fragt immer wieder an. So fanden Steine aus dem Tübinger Lager ihren Weg auf viele baden-württembergische Restaurierungsbaustellen, so z.B. die des Tübinger Schlosses, des Klosters Bebenhausen und der Burg Hohenzollern. Auch Klein- und Hobbygärtner, die nur eine besondere Einfassung für ihr Beet wollen, zählen zum Kundenstamm.

Aber so gut die bisherige Bilanz auch ausfällt: Der Fortbestand des Natursteinparks ist fraglich, jedenfalls was den aktuellen Standort angeht. Einigen Tübingern ist die wachsende Geschäftstätigkeit auf dem Schindhau ein Dorn im Auge. So soll die Firma mit ihren 14 Angestellten und Lehrlingen in ein paar Jahren das Gelände geräumt haben. Es gibt aber eventuell die Möglichkeit, den Natursteinpark auf die benachbarte ehemalige französische Schießbahn zu verlagern.
Gerrit Arndt

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(Erschienen am 28.09.2016)