1 Jahr Campus Vivorum
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Vor einem Jahr wurde das weltweit erste Experimentierfeld zur Friedhofsentwicklung eröffnet – eine innovative "Ideenbank" mit großem Zuspruch aus der Fachwelt, so die Initiative "Raum für Trauer". In ersten Kommunen entstehe bereits Neues.
Friedhöfe unterliegen einem Wandel. Demographische Entwicklungen und Trends bei Beisetzungsangeboten fordern Verantwortliche zur Weiterentwicklung ihrer Planungen auf. Das bietet laut Sprechern der Initiative Chancen, das Miteinander in der Gesellschaft zu stärken, denn der Friedhof sei seit jeher ein wichtiger sozialer Ort.
Am 29. Juni 2023 wurde der Campus Vivorum in Süßen (Baden-Württemberg) eröffnet (Naturstein 8/2024, S. 30). Als begehbarer Impulsort biete er Verantwortlichen aus Kommunen und Kirchen seither wertvolle Anregungen für eine zukunftsorientierte Friedhofsentwicklung. Der rege Zuspruch von Städte- und Gemeindetagen und Landeskirchen mache deutlich: Mit seinem vor allem trauerpsychologischen Ansatz trifft der Campus Vivorum auf einen gesellschaftlichen Bedarf, so die Initiative "Raum für Trauer".
Schon im ersten Jahr fanden über 60 Gruppenführungen statt – mit steigender Tendenz. Vor allem Bürgermeister, Friedhofsverwalter und fachliche Gremien nicht nur aus Deutschland haben ihn seit der Eröffnung besucht, um Anregungen für eine Weiterentwicklung ihrer Friedhöfe zu sammeln. Die hier baulich umgesetzten Erkenntnisse aus Wissenschaft und Praxis sollen dazu inspirieren, den Friedhof als öffentlichen Raum zu verstehen, ihn neu zu bewerten und entsprechend zu gestalten. Der ca. 6.000 m² große "Impulsort" wird ständig weiterentwickelt.
Der Campus Vivorum rege unter anderem dazu an, über die Funktion von Beisetzungsorten nachzudenken – und diese als therapeutisch wirksame Trauerorte zu gestalten. Die Initiative "Raum für Trauer" ist überzeugt: Als "Caring Infrastructure" der Kommunen können Friedhöfe nicht nur Trauernde besser unterstützen, sondern auch der Gesellschaft insgesamt nützen.
Erste Kommunen und Kirchen in Baden-Württemberg und Bayern haben bereits damit begonnen, ihre Planungen zur Umgestaltung von Friedhöfen anhand der hier gewonnenen Erkenntnisse zu verändern, unter anderem Friedhöfe in Amtzell, Ihlingen und Obereschach. Günter Czasny (64), Sprecher der Initiative "Raum für Trauer", ist überzeugt: "Friedhöfe können gerade in Zeiten fragmentierter Gesellschaften wichtiger Ausdruck sozialer Fürsorge und Seelsorge sein. Wenn sie menschenzugewandt gestaltet sind, können sie durch ihre psychologischen Wirkkräfte ein wichtiger sozialer Ort in der Kommune werden. Denn dann können sie Trauernden helfen, Bürgerinnen und Bürger aus der Einsamkeit herausführen und so auch das soziale Miteinander in Kommunen insgesamt verbessern." Dabei spielt er auch auf die gerade erschienene Einsamkeitsstudie der Bundesregierung an. Diese misst sozialen Orten eine besondere Rolle gegen Einsamkeit und damit für den Zusammenhalt in der Gesellschaft bei. Friedhöfe könnten, so Czasny, ein Game Changer sein – therapeutische Orte für Trauernde und ein Halt gebender Begegnungsort für alle.
Der Campus Vivorum ist auf Anfrage für am Friedhof Tätige zugänglich. Erste freie Termine gibt es aufgrund der großen Nachfrage erst wieder im September.