Vom Vulkan zum Geopark

Bei Dossenheim liegen Granit und Rhyolith unmittelbar übereinander. Über Entstehung und Unterschiede der beiden Gesteine informieren zwei Gesteinsblöcke und eine der neun Geopunkt-Tafeln am Wanderweg. (Foto: Christiane Weishaupt)
Bei Dossenheim liegen Granit und Rhyolith unmittelbar übereinander. Über Entstehung und Unterschiede der beiden Gesteine informieren zwei Gesteinsblöcke und eine der neun Geopunkt-Tafeln am Wanderweg. (Foto: Christiane Weishaupt)

Der Blick in den Steinbruch erinnert an eine Wildwestkulisse. Fast glaubt man zwischen den schroffen Felswänden Pferdegetrappel zu hören. Tatsächlich dienten die Dossenheimer Steinbrüche in den Jahren 1919/20 als Kulisse für die ersten deutschen Stummfilmwestern. Doch die damaligen Steinbrecher waren von Wildwestromantik weit entfernt. Mit Steinhämmern zerschlugen sie die aus dem Fels gesprengten Gesteinsbrocken und luden sie auf Loren. An Seilen hängend, "putzten" sie loses Gestein von den Felswänden. In 1920er Jahren wurden im Steinbruch Leferenz jährlich 120.000 t Gestein gebrochen und verarbeitet. Das Sortiment reichte vom Mauersand über verschiedene Schotter für den Straßen- und Schienenbau bis hin zu Flussbausteinen zur Ufer-befestigung. Der erste Steinbruch an den Hängen über Dossenheim wurde 1760 eröffnet, um den Dossenheimer Quarzporphyr für den Bau der Landstraße Heidelberg-Weinheim zu brechen. Heute wird dieses Gestein Rhyolith genannt. Vor dem ersten Weltkrieg waren 400 der damals 3.000 Einwohner Dossenheims in den Steinbrüchen beschäftigt. Nach 1945 verlor der Gesteinsabbau zunehmend an Bedeutung. Der von den Gebrüdern Leferenz 1882 am Hohen Nistler eröffnete Steinbruch wurde 1985 stillgelegt. Er ist öffentlich zugänglich und gehört zum Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald. 2009 wurde er als Geotop des Jahres ausgezeichnet. Ein ganzjährig geöffneter Wanderweg gibt interessante Einblicke in die Geschichte und den Lebensraum des Steinbruchs.

Kröten neben der Brecheranlage
Vom Parkplatz geht es zu Fuß in das umzäunte Gelände auf die untere Sohle des Bruchs. Blickfang ist hier ein rostendes Monstrum: In der Brecheranlage wurde das aus dem Fels gesprengte Gestein zerkleinert, gesiebt und sortiert. Eine Infotafel erklärt auf Deutsch und Englisch den Aufbau und die Funktion. Insgesamt neun dieser "Geopunkte" informieren entlang des Wanderwegs über den Steinbruch und seine Besonderheiten. Gleich neben der Brecheranlage erfährt der Wanderer von Wechselkröten, die sich hier in einem Tümpel angesiedelt haben. Etwas weiter bergauf wird der Unterschied zwischen Granit und Rhyolith erklärt. Bei Dossenheim liegen beide Gesteine unmittelbar übereinander. Im Vergleich zum Tiefengestein Granit besitzt das Ergussgestein Rhyolith eine feinkörnige Struktur. An zwei eigens dafür aufgestellten Gesteinsblöcken ist das gut zu sehen. Entstanden ist die feinkörnige Struktur des Rhyoliths durch die rasche Abkühlung der Gesteinsschmelze nach einem gewaltigen Vulkanausbruch vor 290 Mio. Jahren. Über den Ausbruch und seine Folgen informiert eine Geopunkt-Tafel im oberen Teil des Wanderwegs ausführlich. Doch zunächst führt der Weg zu einem Aussichtpunkt, der den Blick in die Tiefe des umzäunten Steinbruchs freigibt. Unterhalb einer steilen Felswand stehen Loren auf Gleisen. Daneben liegen gewaltige Felsbrocken. Es scheint, als wäre die Arbeit im Steinbruch nur kurz unterbrochen. Das angrenzende, privat geführte Steinbruchmuseum "Schneggeloch" war bei unserem Besuch wegen Corona geschlossen. Dafür berichten zwei Infotafeln von der Arbeit der Steinbrecher. Um 1900 betrug ihr Stundenlohn 50 Pfennige. Der Arbeitstag war auf zehn Stunden begrenzt. Weiter bergauf führt der Wanderweg zu einem kleinen Ruheplatz. Sitzbänke laden zum Verweilen ein. Von hier blickt man auf ockergelbe Felswände zwischen üppiger Vegetation. Eine Geopunkt-Tafel informiert über die Bedeutung des Steinbruchs für die Pflanzen- und Tierwelt. Gefährdete Amphibien wie Gelbbauchunke, Bergmolch oder Salamander finden hier ihren Lebensraum, und der Uhu nistet in den Felswänden. Der Weg endet oberhalb des Steinbruchs, knapp unter den westlichen Gipfeln des Odenwalds. Dort werden die Wanderer mit einem Picknickplatz und einem grandiosen Blick in die Rheinebene belohnt.

(Veröffentlicht am 31. März 2022)
 

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