Neue Einblicke in die Geschichte des Steinmetzhandwerks

Präsentation des neuen 3teiligen Buches zur Geschichte der Bauhütten
V.r.: Stefan Bürger, Anne-Christine Brehm und Miriam Egner in Weimar bei der öffentlichen Präsentation des neuen Buches zur Geschichte der Bauhütten (Bild: Birgit Pfeiffer / Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig)

“Bauhütten-Forschungen – Der Simrock-Boisserée-Nachlass: Zur Geschichte der altdeutschen Steinmetzen und Bauleute.” Hinter diesem langen Buchtitel steckt eine dreibändige Publikation mit neuen Einblicken in die Geschichte des Steinmetzhandwerks in Deutschland. Sie betrachtet wichtige "Bauhütten" des Straßburger Hüttenbunds, d.h. die vernetzten Handwerksverbände vieler Städte, Höfe und Kirchenbaustellen. Deren Organisationsformen waren vielfältiger, als was landläufig unter dem Begriff der "Bauhütte" firmiert.

Ein Schwerpunkt liegt auf den drei Haupthütten und Gerichtsorten in Straßburg, Köln und Wien sowie Bern und Passau. Die Publikation behandelt außerdem die Organisationsformen vieler erst um 1515 und 1563 eingerichteten Haupthüttenstandorte. Dazu gehörten das Magdeburger Landes- und Domhandwerk und das Frankfurter Stadtwerk, deren Steinmetz-Ordnungen im Original erhalten sind und zu den wertvollsten Objekten der Sammlung gehören, aber auch das Würzburger Landes- und Domhandwerk oder das Hofbauwesen der Plassenburg. Der historische Abriss reicht über das Mittelalter hinaus; er umfasst auch den Aufschwung und Niedergang des Hüttenbunds vom 16. bis ins 18. Jahrhundert.

Bauhütten-Geschichte neu geschrieben

Diese Publikation schreibt die Geschichte der "Bauhütten" neu. Bisherige Beschreibungen orientieren sich an Steinmetzordnungen, die von Freiheit, Einheit und reichsweiter Geltung sprechen. Im Detail stellte sich dies anders dar: Mit Begriffen wie "Bauhütte" und "Zunft" lassen sich die vielfältigen Formen lokaler Handwerksorganisationen samt ihrer Einbindung in die Stadt- oder Landesherrschaften nicht beschreiben.

Die konfliktreiche Geschichte dieser "Bauhütten" endete auch nicht im Spätmittelalter, sondern verzeichnete im 16. Jahrhundert einen immensen Aufschwung. Die Zahl der Haupthütten als Gerichtsorte der Steinmetzbruderschaft wuchs stetig: vor 1500 auf fünf Standorte, bis 1515 um weitere 13. 1563 wurden 22 Haupthütten bestätigt.

Quellen & Manuskripte

Die Neubetrachtung der Geschichte des Straßburger Hüttenbundes basiert auf zahlreichen Quellen. Den Grundstock bildet ein im Goethe- und Schiller-Archiv Weimar verwahrter Quellen- und Manuskriptschatz zum Steinmetzhandwerk, den u.a. der Kunstgelehrte und Architekturhistoriker Sulpiz Boisserée (1783-1854) zusammengetragen hatte. Ursprünglich wollte er diesen mithilfe des Dichters und Germanisten Karl Simrock publizieren. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch.

Die im September 2024 erschienene dreibändige Publikation spürt nun der Entstehungsgeschichte der Quellen- und Manuskriptsammlung nach. Das Werk hat ein Team von Wissenschaftlern unter der Leitung von Stefan Bürger, Professor für Kunstgeschichte an der Universität Würzburg, erstellt. Bürger ist Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Zum Team gehört auch die Freiburger Münsterbaumeisterin Anne-Christine Brehm.

Bauhütten-Forschungen – Der Simrock-Boisserée Nachlass: Zur Geschichte der altdeutschen Steinmetzen und Bauleute. Quellen und Forschungen zu den Handwerksverbänden in Spätmittelalter und Früher Neuzeit. Stefan Bürger (Hg.), Johannes Sander (Hg.), Anne-Christine Brehm (Hg.) unter Mitarbeit von Friedrich Becker, Elisabeth Berchtenbreiter, Miriam Egner, Christian Mai und Barbara Schedl mit Beteiligung von Sarah Eppler, Anna Ganzleben, Maite Hansper, Anna-Maria Harbke, Jost-Peter Liebig und Sonja Schmitt. Verlag S. Hirzel, Stuttgart 2024. 2.086 S., 282 farb. Abb., 459 s/w Tab., 330 €. ISBN: 978-3-7776-3547-7
 

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