Kontrolle gehört klar geregelt
- Erstellt von Harald Lachmann
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Der Deutsche Naturwerkstein-Verband (DNV) und der Verein Fair Stone veranstalteten am 8. Februar ein Pressegespräch beim Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden (BBS) in Berlin. Man wünscht sich für Importprodukte aus Schwellenländern klare und einheitliche Kontrollregeln.
Die deutsche Naturwerksteinwirtschaft habe im letzten Jahrhundert einen starken Umbruch erfahren – so die Veranstalter in der Einladung zum Pressegespräch und vor Ort. Tausende Steinbrüche hätten schließen müssen. Der Einsatz von deutschem Naturstein sei zurückgegangen, sowohl am Bau als auch jüngst in der Bestattungskultur. Importe aus Indien, China und Vietnam hätten deutsche Steine ersetzt. Die Verhältnisse im Abbau und in der Weiterverarbeitung von Steinen in Asien ähnelten häufig denen vor hundert Jahren in Deutschland. Arbeitsschutz und Menschenrechte würden vernachlässigt. Hier setzen laut Veranstaltungsinitiator Dr. Heinecke Werner die Anbieter von Nachhaltigkeitssiegeln mit Vorschlägen für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen an. Der Gründer und Vorstandsmitglied von Fair Stone sowie Geschäftsführer der Firma Win=Win berichtete von Plänen der Landesregierung Nordrhein-Westfalen, eine Akkreditierungsstelle für Natursteinsiegel einzurichten – "die erste staatliche Anerkennung für Nachhaltigkeitssiegel die aus Multistakeholder-Initiativen hervorgegangen sind". Gesprächpartner waren neben Werner DNV-Geschäftsführer Reiner Krug, der Berliner Obermeister Arne Schenke, der frühere Bundesarbeitsminister Dr. Walter Riester, Unternehmer aus der Natursteinbranche sowie Vertreter von Nichtregierungsorganisationen und Kirchen. Von den 15 Teilnehmern am Termin waren nur zwei Journalisten, beide aus der Natursteinbranche. Fair Stone war mit vier Personen präsent.
Deutsche Steine versus Import
DNV-Geschäftsführer Reiner Krug ergänzte die Angaben zur Ausgangslage: Die Nachfrage nach Naturwerkstein sei nicht rückläufig, sondern steige, wobei deutsche Firmen und Produkte zu wenig davon profitieren würden. Der Markt sei heute stark händlergeprägt. Importsteine böten erhebliche Preisvorteile, auch "aufgrund unserer hohen nationalen Auflagen bei Arbeitsschutz, Rekultivierung oder bei Tarifen". Die einst großen deutschen Grabmalhersteller seien fast vollständig verschwunden. Als Indiz dafür, dass die deutsche Naturwerksteinindustrie dennoch Zukunftschancen hat, berief sich Krug auf die Statistik für bearbeiteten Granit in Deutschland. Nach einem beständigen Rückgang zwischen 2001 (200.000 t im Jahr) und 2010 (unter 100.000 t) habe sich das Niveau wieder etwas erholt und in den letzten Jahren bei 120.000 bis 130.000 t jährlich eingepegelt. Zugleich seien jedoch seit 2000 die Granitimporte aus Indien und China (bei leichten zwischenzeitlichen Schwankungen um das Jahr 2005) stetig angestiegen. Habe der deutsche Markt im Jahr 2000 noch knapp 30.000 t aus Indien bezogen, seien es heute fast 60.000 t. Bei Granit aus China habe sich in diesem Zeitraum die Einfuhrmenge sogar auf mittlerweile knapp 500.000 t verzehnfacht. Damit stehe inzwischen eine Tonne Granit aus deutschen Brüchen knapp 10 t aus China gegenüber. Allerdings sei die Wertschöpfung, die bei deutschem Granit im Lande generiert werde, viermal so hoch wie bei chinesischer Importware, betonte Krug.
Nichts verlangen, was der Steinmetz nicht leisten kann
Die Diskussion über "Kinderarbeit in Exportsteinbrüchen" kommentierte der Berliner Obermeister Arne Schenke, der selbst ein Steinmetz- und Handelsunternehmen führt. Abgesehen davon, dass die indischen Exporteure mit modernen Maschinen aus Europa produzieren würden, gehe es nicht an, den zumeist kleinen Steinmetzbetrieben "Dinge abzuverlangen, die sie einfach nicht leisten können". Schenke bezog sich hier auf die verschiedentlich geforderte Pflicht, "nachzuweisen, dass in Lieferländern nach hiesigen Arbeitsnormen gearbeitet wird und keine Kinderarbeit bei Produkten stattfindet, die nach Deutschland gehen". Überdies sei es seines Wissens "bisher nicht in einem Fall gelungen, Beweise dafür aufzutreiben, dass deutsche Natursteinfirmen unmittelbar von Kinderarbeit in Asien profitieren".
Frank Dickmann, Geschäftsführender Gesellschafter der Großhandelsfirma Besco Berliner Steinkontor GmbH und Partner von Fair Stone, teilt diese Sicht. Sein Unternehmen kaufe maßgeblich in China und Vietnam ein und vereinbare hier zuvor vertraglich, dass keine Kinderarbeit in der Steinverarbeitung stattfindet. "Das kontrollieren wir auch mit vier eigenen Leuten vor Ort", versicherte er. Das zu überprüfen, wäre in China völlig unbehindert möglich – man könne sich in jedem Bruch, jedem Betrieb frei bewegen, fotografieren oder auch Mitarbeiter befragen, so Dickmann. Kinderarbeit zu vermuten sei in einem Land wie China, wo seit Jahren die staatliche Ein-Kind-Politik propagiert wird, absurd. Ambivalenter sieht Dickmann die Arbeitsbedingungen in chinesischen Betrieben, die teilweise noch zu wünschen übrig ließen, aber in letzten Jahren hat sich diesbezüglich viel getan.
Standards prozesshaft umsetzen
In Bezug auf "Kernarbeitsnormen" (1988 durch die Internationale Arbeitsorganisation ILO deklariert, um menschenwürdige Arbeitsbedingungen und einen hinreichenden Schutz zu gewährleisten) sprach sich Dr. Walter Riester dafür aus, in Schwellenländern "nicht nur unseren ethischen Kodex als verbindlichen Maßstab anzusetzen". Riester, der selbst zwölf Jahre als Fliesen- und Plattenleger gearbeitet hat, rät dazu, in diesen Ländern die Arbeitssicherheit, Qualifikation und Sozialstandards in Kooperation mit den Berufsgenossenschaften Schritt für Schritt zu verbessern. Das emotionale Thema Kinderarbeit werde immer wieder von Medien hochgespielt, oft wenig differenziert. Gegenüber Elisabeth Bolda von der bundeseigenen Entwicklungsagentur Engagement Global gGmbH warb der Ex-Minister um Respekt vor den differenzierten Berichten kundiger Experten.
Klare Regeln für Importprodukte
Einig sind sich Bolda, Riester und weitere Teilnehmer jedoch in der Forderung, dass die Politik endlich einen gesetzlichen Rahmen »mit klaren und einheitlichen Kontrollregeln« für Importprodukte aus Schwellenländern schaffen müsse (siehe dazu »So sehe ich das« in Naturstein 3/2016, S. 6). Zuvor müssten sich aber Wirtschaft und Politik hierzu in einem Prozess auf Augenhöhe auf "allseits akzeptable Normen verständigen". Damit ließe sich auch das um sich greifende Unwesen in der Ausgabe und im Umgang mit Unbedenklichkeits-Labeln beenden. Reiner Krug forderte hierfür eine "Akkreditierungsbehörde, die auch die Kontrolleure prüft.
Den Verein Fair Stone präsentierte James B. Herrmann, Geschäftsführer des Vereins, der nach seinen Angaben mit mittlerweile 21 auditierten Betrieben zusammenarbeitet, neben Deutschland auch in Großbritannien, der Schweiz und Belgien. Derzeit überwache Fair Stone 47 Lieferketten nach China (Provinzen Fujian, Ahandong, Hebei), vier nach Indien (Bangalore, Andhra Pradesh, Tamil Nadu) sowie fünf nach Vietnam (Dah Nong, Qui Nhon, Quang Ngai). Im Fokus stehe überall die Einhaltung der ILO-Arbeitsstandards, darunter auch "Sauberkeit im Betrieb", "Keine Müllberge, die zu Unfällen führen können", "Gutes Hallenklima", "Geeignete Atemschutztechnik" sowie "Schutzkleidung, Feuerlöscher und Warnschilder, die auf Gefahren verweisen". Fair Stone führe regelmäßig angekündigte und unangekündigte Kontrollen sowie Gespräche mit Beschäftigten ohne Vertreter des Managements durch.
(11.4.2016)