Betonhenge statt Stonehenge
- Erstellt von Willy Hafner
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Betonhenge in Wunsiedel: Die "Natursteinstadt" mitten im granitreichen Fichtelgebirge plant eine Kopie des Weltkulturerbes "Stonehenge", die von der örtlichen Fremdenverkehrswerbung schon als touristische Attraktion angepriesen wird. Entstehen soll sie aus preiswertem Kunstmaterial. Die künstlichen Felsen seien von natürlichen Steinen kaum zu unterscheiden, erklärt Kai Hammerschmidt, Geschäftsführer der lokalen "KaGo & Hammerschmidt GmbH", die auf die Fertigung von künstlichen Felsen spezialisiert ist und für die Konzeption von "Wunhenge" verantwortlich zeichnet. Produziert werden die künstlichen Steine aus einer betonähnlichen Modelliermatrix.
"Stonehenge" in Kunststein
Mit "Wunhenge" soll eine Kopie von "Stonehenge" aus Kunststein entstehen: Beton statt Granit, Plaste und Elaste statt Naturstein mitten in einer Region, in der die natürlichen Steine – die blauen Granite von der Kösseine, die gelben und grauen Granite vom Epprechtstein oder der einmalige Marmor aus Wunsiedel – einst kulturell und wirtschaftlich das Leben der Menschen bestimmten. In Granit wäre ein Steinkreis mit diesen Dimensionen wirtschaftlich nicht darstellbar, wird der Initiator Hammerschmidt in der "Frankenpost" zitiert. Geht’s noch?
"Stonehenge" ist nur in Naturstein vorstellbar. In "Stonehenge", einem (natur-)steinernen Symbol, das in seinen ältesten Teilen bis auf die Zeit um 3.100 v. Chr. zurückgeht, gruppieren sich von Menschen bearbeitete Formationen aus natürlichen Steinen. Die wegen ihrer Größe als "Megamegalithen" und wegen ihres bläulichen Schimmerns als "Blausteine" bezeichneten Steine stammen aus einem etwa 380 km entfernten Steinbruch in Wales. Kein Mensch weiß bis heute, wie diese Steine dorthin transportiert und bearbeitet wurden. In Wunsiedel hingegen setzt man im 21. Jahrhundert auf eine Kopie aus formbarem Beton.
Kulturhistorisch unsinnig
Doch damit nicht genug: Der Kunststeinhersteller will die Kopie des prähistorischen Weltkulturerbes auf dem Gelände eines Mittelaltervereins bauen, zwischen Katapulten und anderem vermeintlich historischem Kriegsgerät. Materialgerechtigkeit sowie kultur- oder kunsthistorische Wahrhaftigkeit scheinen in Oberfranken keine Rolle zu spielen. Die mit "Wunhenge" verbundene Vermischung unterschiedlicher Epochen ist unsinnig, und die Verwendung von Beton oder Kunststoff mehr als fragwürdig. Wichtig, so die "Frankenpost", sei den Initiatoren die Kooperation mit dem "Europäischen Fortbildungszentrum – Kompetenzzentrum für das Steinmetzund Steinbildhauerhandwerk", der "Staatlichen Fachschule für Steintechnik und Gestaltung" und dem "Deutschen Naturstein-Archiv". Bleibt zu hoffen, dass die Leiter dieser in Wunsiedel ansässigen Institutionen sowie die regionalen Naturstein-Unternehmer ihre fachliche und wirtschaftliche Kompetenz dazu nutzen, diesem Projekt entweder einen vernünftigen Rahmen zu geben oder es aber gänzlich zu verhindern.
(Veröffentlicht am 1. März 2021)