Prof. Dr. Rolf Snethlage verstorben

Prof. Dr. Rolf Snethlage war von Anfang an (1999) Teil der Jury im Wettbewerb um den Peter Parler-Preis. Das Bild zeigt ihn bei der Verleihung 2021 im Rahmen der Jahrestagung des Bundesverbands Deutscher Steinmetze (BIV) in Gotha. (Foto: Bärbel Holländer)

Eine der zahlreichen Veröffentlichungen des renommierten Wissenschaftlers Rolf Snethlage: "Leitfaden Seinkonservierung - Planung von Untersuchungen und Maßnahmen zur Erhaltung von Denkmälern aus Naturstein"

Eine weitere Publikation von Rolf Snethlage, zusammen mit Siegfried Siegesmund: "Stone in Architecture - Properties, Durability"

Nachruf von Prof. Dr. Siegfried Siegesmund auf den am 4. Februar 2022 verstorbenen Kollegen Prof. Dr. Rolf Snethlage.

In dankbarer Erinnerung an Prof. Dr. Rolf Snethlage
Im Frühjahr 1995 trafen sich im Gasthaus Hartmann in Würgau die Mitglieder der »Fachgruppe zur Erforschung von Verwitterungserscheinungen an Kunst- und Kulturgütern aus Stein«. Es war sofort ersichtlich, dass Rolf Snethlage, ohne es für sich zu beanspruchen, bei allen Teilnehmern eine sehr hohe Akzeptanz erfuhr. 

Vermittler zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit
Naturstein stellt weltweit das hochwertigste Baumaterial vergangener Jahrtausende dar. Umwelteinflüsse wie die natürliche Verwitterung und die Einwirkung menschengemachter Umweltschadstoffe haben leider an vielen Baudenkmälern zu wachsenden und gravierenden Schäden geführt. Seit den 1970er Jahren ist der umweltbedingte Verlust an Kulturgut verstärkt in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. 

In den Jahren von 1985 bis 1990/1995 wurde daher das Forschungsprojekt »Steinzerfall – Steinkonservierung« durch das Bundesministerium für Forschung und Technologie (BMFT) mit mehr als 100 Mio. DM gefördert. Natürlich war Rolf Snethlage als Leiter des Zentrallabors des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege München aktiv beteiligt und mit Leitungsfunktionen betraut. Ohne Übertreibung darf man behaupten, dass Rolf Snethlage zum Gesicht des Projekts geworden ist. Es war Rolf Snethlage, der die enorm vielfältigen und neuen Ergebnisse des Mammutprojekts in den »Jahresberichten Steinzerfall – Steinkonservierung« als Herausgeber für ein breites Publikum zugänglich machte. Zusätzlich gelang es ihm, zwei Bücher zum Thema herauszugeben: »Denkmalpflege und Naturwissenschaft: Natursteinkonservierung I und II«. 

Vermittler zwischen Wissenschaft und Praxis
Die Zahl der Publikationen von Rolf Snethlage ist beeindruckend. Seine Tätigkeit am Zentrallabor des Landesdenkmalamts und seine Aufgaben in der täglichen Denkmalpraxis motivierten ihn dazu, einen »Leitfaden Steinkonservierung« zu verfassen, der mittlerweile in der 5. Auflage vorliegt. Dieser Leitfaden, und das war Rolf Snethlage‘s Herzensangelegenheit, sollte die Brücke schlagen zwischen der aktuellen Wissenschaft und der täglichen Vor-Ort-Praxis. Der Leitfaden ist daher auch so ausgerichtet, dass er die praktische Steinkonservierung im Grenzbereich der Geisteswissenschaft, Restaurierungs- und Naturwissenschaft verknüpfen hilft. Ohne Zweifel hat dieser Leitfaden dazu beigetragen, dass Rolf Snethlage auch über die eigentliche Fachdisziplin bis hin zu den Restauratoren und Steinmetzen eine hohe Wertschätzung genoss. 

Hochgeschätzter Kollege und Partner
Als Kollege und Partner in Projekten war Rolf Snethlage unerreicht. Ich kenne kaum jemanden, der bei all seinen Aktivitäten in Arbeit zu versinken schien und trotzdem ein bemerkenswert freundlicher, verlässlicher und verblüffend schnell arbeitender Kollege war. Ich denke u.a. sehr gern an die gemeinsame Herausgeberschaft des Fachbuches »Stone in Architecture – Properties, Durability« zurück, das mittlerweile in der 5. Auflage vorliegt und weltweit als führendes Fachbuch gilt.

Was aber zeichnet einen hochgeschätzten Fachkollegen, Forscher und Lehrer aus? Die wissenschaftliche Leistung, die persönliche Wertschätzung und die uneingeschränkte Anerkennung der denkmalbewegten Fachkollegen? Rolf Snethlage konnte, wie kaum ein anderer, all dieses auf sich vereinen. Schaut man sich im Kreis der Fachkollegen um, dann würde niemand äußern: »Ja fachlich schon überragend, aber menschlich?« oder gar umgekehrt. Jeder fühlte sich wohl aufgehoben in seiner Gegenwart und war dankbar über die vielen hilfreichen und kollegialen Ratschläge. Er war aber auch klar, wenn er eine andere Meinung vertrat. In diesen Fällen verfügte er über die ihm gegebene menschliche Größe, Kritik entsprechend freundlich und kollegial anzubringen. 
In hitzigen Debatten konnte er wohldosiert ausgleichen, erhitzte Gemüter beruhigen und verfahrene Situationen konstruktiv in positive Bahnen leiten. Im Kreise seiner ihm nahestehenden Kollegen und ehemaligen Schüler fühlte sich Prof. Dr. Rolf Snethlage immer sehr wohl. Auf Tagungen und in geselligen Runden bestach er durch sein entspanntes, herzliches Auftreten. Er nahm selbst nicht zu ernst, war locker und nahbar. Als vertrauter Freund fühlte man sich bei ihm stets willkommen. 

Neue und förderliche Perspektiven aufgezeigt
Ich werde Rolf Snethlage in Erinnerung halten als jemanden, der mit seinem unglaublichen Wissen und Enthusiasmus die gesamte Denkmalpflege positiv beeinflusst und vollkommen neue Aspekte in der Wissenschaft bis hin zur praktischen Denkmalpflege aufgezeigt hat. Er hat der gesamten Steinbranche, vom Steinzerfall bis hin zur Steinkonservierung, vollkommen neue und förderliche Perspektiven aufgezeigt. Es war eine Freude, zu seinen Freunden gezählt zu haben! Dieser schwere Verlust macht mich zutiefst traurig. Rolf Snethlage hinterlässt eine Lücke, die in jeder Hinsicht nicht gefüllt werden kann. Seiner Frau Utemarie und der gesamten Familie wünsche ich alle Kraft für diese schwere Zeit.

(10.02.2022)
 

Autor/in: Prof. Dr. Siegfried Siegesmund