"Versteinerte" Klangerlebnisse: "Gorgonized Guitars" aus Speyer

Auf der Namm 2016 in Anaheim präsentierte Frank Scheucher seine "Gorgonized Guitars." Hier das Modell Onyx Fantastico.

Das Modell Black&Gold Marble.

Gitarren aus Stein? Was sich im ersten Augenblick recht unpraktisch anhört, ist in der Realität definitiv alle Mühen wert – zumindest wenn man Gitarrenbauer Frank Scheucher aus Speyer glaubt. Mit 14 Jahren hat er in Zusammenarbeit mit einem Schreiner seine erste E-Gitarre gebaut – und die Leidenschaft zum Gitarrenbau blieb erhalten. So lange, bis er 2002 zusammen mit seiner Frau Zerberus-Guitars gründete. 2007 erhielt er eine wegweisende Anregung von dem Natursteinexperten und Musiker George Blank sowie den Auftrag, eine Gitarre aus Stein zu bauen. Klingt nahezu unmöglich, doch innerhalb von zwei Jahren vollendete der Gitarrenbauer und Gitarrist die erste Gitarre aus Spektrolith mit einem Aluminium-Waben-Innenleben. Mit beinahe sechs Kilogramm Eigengewicht war diese jedoch zu schwer – und die Konstruktion aus Waben und Zargen aus Stein nicht gerade schwingungsfreudig. Doch auch dieses Modell schaffte es bereits auf das Naturstein-Cover – in den Armen von Michelangelos David.

Scheucher ließ sich nicht entmutigen und gab das potenzialreiche Material Naturstein nicht auf, während er weiter an Gitarren aus Edelhölzern arbeitete. Was lange währt, wird endlich gut – und mittlerweile hat er das Gewicht der steinernen Gitarren durch spezielle Klangkammern auf 3,5 Kilogramm reduziert, was im normalen Bereich von Elektrogitarren liegt.

Schönes Sustain und schnelles Attack
Durch die vollkommen unterschiedliche Materialstruktur von Holz und Stein werden die Unterschiede zwischen normalen und steinernen Gitarren besonders hervorgehoben. Im Holz breitet sich der Schall entlang der Fasern der lockeren Zellstruktur aus, während er im Stein mit einer molekularen Kristall-Gitterstruktur gleichmäßig in alle Richtungen übertragen wird. Dieses gleichmäßige und längere Ausschwingen nach dem Anschlag der Saiten nennt man in Gitarristenkreisen ein "schöneres Sustain." Durch Scheuchers direktes Montieren der Brücke mit den Saiten auf der Steindecke kommt es zum schnellen und kräftigen Einschwingen der Decke nach dem Anschlag – auch "schnelles Attack" genannt. Während Holz bei Verzerrung und hoher Lautstärke zur Rückkopplung neigt, beeinflusst dies die Steindecke mit einer Dicke von 5mm kaum. 

Natürliche Auswahl an Farben und Strukturen
Der Klang ist jedoch nicht der einzige Vorteil der steinernen Gitarre. Die Steindecke ist wesentlich widerstandsfähiger gegen Kratzer und Beschädigungen als eine Holzdecke, zudem bleibt der Gitarrist nicht an der Oberfläche "kleben" wie es bei lackierten Decken durchaus passieren kann. Hinzu kommt der ökologische Aspekt: Decken aus Stein könnten den Ab- und Raubbau von Edelhölzern verhindern, wobei Naturstein eine natürliche Vielfalt von Farben, Strukturen und Mustern bietet. Jedes Modell ist ein Unikat, und all das ohne die Notwendigkeit das Material vorher zu beizen oder zu lackieren. 

Zusammenspiel statt Ersatz
Vollkommen ersetzten will Scheucher das Holzmodell allerdings nicht. Es geht vielmehr um das Zusammenspiel von Holz- und Steinkomponenten, welches ein einzigartiges Klangbild und -volumen erzeugt. Das Material kommt aus der Region um Verona und wurde bei der Firma Elitestone eingekauft. Dabei kommen Onyx, Marmor aus Pakistan und Carrara-Marmor zum Einsatz. Die Bearbeitung erfolgt bei der Firma Seeberger in Deutschland.  Ob sich die Gesteinssorte auf den Klang auswirkt, hat Scheucher noch nicht herausgefunden und sucht die Gesteine deshalb rein nach optischen Aspekten aus. 

Höllenhund und Schlangenhaar: Gorgonized Guitars
Frank Scheuchers Mühen haben sich gelohnt: Die britische Webseite Guitar Planet hat die "Zerberus Gorgonized Nemesis" – die erste Gitarre mit Details aus Tigerauge, Onyx, Amethyst und Labradorit – zur Gitarre des Jahres 2015 gekürt. Dies ist ein weiterer großer Schritt für Scheuchers "Gorgonized Guitars"-Serie. Ein gewisser Hang zur griechischen Mythologie wird dabei sichtbar: Die drei Gorgonen Stheno, Euryale und Medusa waren geflügelte Frauen mit Schlangenhaar, die jeden, der sie ansah, zu Stein erstarren ließen – was den Namen der Gitarren hinreichend erklärt - und Zerberus war der Höllenhund, der das Tor zur Unterwelt bewacht.

Egal ob Gitarrist oder Sammler – attraktiv sind die "Gorgonized Guitars" für ein breiteres Publikum. Dabei können Kunden ein individuelles Design wählen: verschiedene Single- oder Dualcut-Formen, LED-Hinterleuchtung und natürlich diverse Gesteinsvarianten.

Zerberus-Guitars

Am Wasserturm 27

67346 Speyer 

Tel. 049 6232 9655210

Fax: 049 6232 26463

sales@zerberus-guitars.de

(Veröffentlicht am 25. April 2016)

Autorin: Christine Kulgart