Verleihung des Deutschen Preises für Denkmalschutz

Das Präsidium des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz verleiht am 2. November im Neuhaussaal in Regensburg den Deutschen Preis für Denkmalschutz an zehn Persönlichkeiten und Personengruppen, die sich in besonderem Maße um die Erhaltung des baulichen und archäologischen Erbes verdient gemacht haben. Der Deutsche Preis für Denkmalschutz ist die höchste Auszeichnung auf diesem Gebiet in der Bundesrepublik Deutschland. Es können vergeben werden: Der Karl-Friedrich-Schinkel-Ring, die Silberne Halbkugel, der Journalistenpreis und der Internetpreis.

Die Silbernen Halbkugeln werden erhalten:

  • Vereinigung Freunde der Altstadt Regensburg e.V. (Bayern) für ihren herausragenden, langjährigen, bürgerschaftlichen Einsatz zur Erhaltung der einzigartigen Altstadt von Regensburg. Es ist ganz wesentlich den "Altstadtfreunden" zu verdanken, dass die bauliche Erhaltung Regensburgs zum „Prüfstein für das baukulturelle Gewissen Deutschlands" wurde. Die Entwicklung der modernen "Städte-bauförderung in Zusammenarbeit von Stadtverwaltung mit Bürgerbewegungen wie den Altstadtfreunden führte zu einem substanzorientierten Umgang mit der einzigartigen, vom II. Weltkrieg weitgehenden verschonten Altstadt.
  • Horst von Bassewitz (Hamburg) für sein jahrzehntewährendes berufliches und ehrenamtliches Engagement im Bereich des Denkmalschutzes. Als Architekt bewies er immer wieder: Bauen im und mit historischem Bestand fordert Kreativität und Überzeugungskraft und als Ehrenamtler war er über mehrere Jahrzehnte Vorsitzender der Wissenschaftlichen Kommission der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Horst von Bassewitz ist ein nimmermüder Streiter für den Denkmalschutz, der sich bereits als junger Mann der Rettung von Baudenkmälern (z. B. die Schlösser in Schwerin, Reinbek und Ahrensburg) ver-schrieben hatte und dieser Ideologie stets treu geblieben ist.
  • Förderverein "Festung Zitadelle Jülich e.V." (Nordrhein-Westfalen) für sein ehrenamtliches und unermüdliches Engagement, mit dem er seit fast 30 Jahren in vorbildlicher Weise beweist, zu welchen besonderen Leistungen bürgerschaft-liches Engagement in unserer Gesellschaft bei der Wiederherstellung und Bewahrung des baukulturellen und historischen Erbes beitragen kann. Der Förderverein unterstützt in ganz besonderem Maße die Erhaltung, Pflege und Nutzung der einzig-artigen Baudenkmäler der Stadt Jülich, indem die historischen Stadtstrukturen, sowohl bei Maßnahmen zur Stadtentwicklung als auch bei Planungen zur Naherholung, Freizeitgestaltung und Umweltpflege angemessen berücksichtigt werden. Durch zahlreiche Publikationen und einer aktiven Öffentlichkeitsarbeit hat er über Jahre auch maßgeblich zur Bewusstseinsbildung in diesem Bereich beigetragen.
  • Joachim Felgenhauer (Mecklenburg-Vorpommern) für seine 40-jährigen, vorbildlichen Verdienste um die archäologische Denkmalpflege in Mecklenburg-Vorpommern. Archäologische Denkmalpflege ist in besonderer Weise verbunden mit ehrenamtlichen Denkmalpflegern, die sich in aufopfernder Hingabe an die Geschichte einer Region, Kooperation mit den verschiedenen in Denkmalschutz und Denkmalpflege tätigen Behörden und unermüdlicher Überzeugungsarbeit vor Ort, von Bürger zu Bürger einsetzen. So ist es nicht nur seine Sammlungstätigkeit - Entdeckung mehrerer altsteinzeitlicher Fundplätze am Kummerower See, Er-fassung von fast 600 Fundplätzen - sondern auch seine vielfältige Vermittlungsarbeit - Führung von Schülergruppen und Besuchern durch die von ihm mitkonzipierte Heimatstube, Publikation seines Wissens in Fachzeitschriften - die zu dieser Auszeichnung führen soll.
  • Carlo und Nicole Sente-Ligbado (Luxemburg) für ihren phantasievollen, sensiblen und persönlichen Einsatz im Umgang mit historischer, oft schon aufgegebener Bausubstanz und den für sie notwendigen modernen Nutzungsmöglichkeiten. Seit 35 Jahren hat das Ehepaar 13 Hofanlagen erworben, vorbildlich instandgesetzt und dabei stets mehr geleistet, als es die Denkmalpflege gefordert hätte. Mit Geschichtsbewusstsein, Mut und Ausdauer haben die Bauherren erfolgreich herausragende Zeugnisse der Denkmalpflege geschaffen, sind ein nachahmungswertes Vorbild in der Region und haben gleichzeitig die örtliche Handwerkerschaft gestärkt.
  • Wüstenrot Stiftung (Baden-Württemberg) für ihr zwei jahrzehntewährendes, unermüdliches Engagement für unser gebautes Erbe der Moderne - Höhepunkte deutscher Architekturgeschichte. Mit vorbildlicher Gründlichkeit, in eigener Regie und auf eigene Kosten werden die Bauten zunächst nach allen Regeln der Kunst erfasst, untersucht und dokumentiert, ehe sie behutsam saniert, repariert und keinesfalls rekonstruiert werden. Sie verfolgt dabei das Prinzip der simultanen Präsentation von Zeitschichten, inklusive der Ertüchtigung der Technik der jeweiligen Entstehungszeit. Darüber hinaus hat die Wüstenrot Stiftung mit ihrem Denkmalförderprogramm Maßstäbe gesetzt und eine Qualität erreicht, die weit über die Grenzen Deutschlands Aufmerksamkeit erregt und sie agiert stets als engagierte Vermittlerin des Denkmalschutzgedankens.

Den Journalistenpreis werden erhalten:

  • Susanne Brahms (Autorin, radiobremen) für die schwierige und vielschichtige Darstellung des unbehaglichen Denkmals U-Boot-Bunker Valentin, die ihr in einer aufwändig gestalteten Filmdokumentation mit animierten Sendebausteinen und einer zeitgemäßen medialen Handschrift gelungen ist. Sie vermittelt durch unterschiedliche Erzählstränge mit Zeitzeugeninterviews und in moderner Bildsprache eindringlich, was in dem Bunker - einem gigantischen Betonbauwerk, errichtet durch Zwangsarbeiter unter grausamsten Bedingungen - geschah und wofür das Bauwerk - einem Zeitzeugnis des Rüstungswahns und der menschenverachtenden Ideologie der Nationalsozialisten - steht. Dabei gelingt ihr zugleich ein vorsichtig positiver Ausblick: Die Vermittlung historischen Wissens am "Denkort Bunker Valentin".
  • Michaela Schenk und Axel Hemmerling (Autoren, Mitteldeutscher Rundfunk) für ihren Einsatz zur Denkmalerhaltung von Burgen und Schlössern nach der Wiedervereinigung in den neuen Ländern Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Michaela Schenk und Axel Hämmerling haben mit dem Fernsehbeitrag "Warten auf den Prinzen? – Das Schlössermonopoly" provokativ die Frage nach der Pflicht der öffentlichen Hand zur Erhaltung ihrer landesgeschichtlich herausragenden Burgen und Schlösser gestellt. Beispielhaft zeigen sie die gesamt Bandbreite der Herausforderungen auf: Erhaltung bei fehlenden finanziellen Mitteln, ohne Mitwirkung des Eigentümers bzw. Grenzen und Möglichkeiten der öffentlichen Hand, eine Erhaltung durchzusetzen. Schlussendlich wurde durch ihren Beitrag ein bedeutendes Denkmal gerettet.
  • Judith Burger (Autorin, Mitteldeutscher Rundfunk) für ihren bunt getexteten, mitreißend erzählten, aufregend produzierten Radiobeitrag "Industrieruinen - Faszination und Wehmut", der auf exemplarische Weise die Lebendigkeit "toter Denkmale" widerspiegelt. Er veranschaulicht dem Hörer die Relevanz der Fragen, die für uns heute von Industriedenkmalen ausgehen. Zum einen sind sie Zeugnisse der Industriekultur und überdies zumeist ortsbildprägend, markant und häufig in zentralen Lagen unserer Städte gelegen und zum anderen Orte der Düsternis, der Umweltschäden und des Verfalls. Judith Burger gelingt es, diesen Orten und Geschichten nachzuspüren und zugleich der Frage nach der Perspektive in Zeiten des Verwertungsdrucks respekt- und liebevoll zu begegnen.
  • Tiemo Rink (Journalist, Der Tagesspiegel Berlin) für seine ebenso fundierte wie kritische, anschauliche wie spannende Darstellung des Arbeitsalltags der Berliner Denkmalpfleger in seinem Artikel "Pflegefälle". In Zeiten des populären Strebens nach einer "schlanken Verwaltung" macht Tiemo Rink deutlich, wie durch die Auszehrung der behördlichen Denkmalpflege in der oft müh-samen, langwierigen Auseinandersetzung mit Investoren und anderen Eigentümern auch Kompromisse gefunden werden, die Außenstehenden unverständlich erscheinen mögen. Er schildert sehr anschaulich den Spagat zwischen zu leistender Arbeit und völliger Überlastung der Ämter. Dabei stellt Tiemo Rink die Probleme der Denk-malpflege aber nicht nur dar, sondern deutet auch Lösungsmöglichkeiten an, ohne diese den Lesern aufzudrängen - ein Hintergrundbericht der Verständnis schafft.

Dieses Jahr nicht vergeben wurden der Karl-Friedrich-Schinkel-Ring und der Internetpreis.

(Erschienen am 01.09.2015)

Autorin: Susanne Storath