Tonnenweise Naturstein am Turm ausgetauscht

Jedes Stück ein Unikat: Die Steinmetzen der Münsterbauhütte haben mehr als 100 Werkstücke nachgefertigt.

Die alten Bauteile litten unter den Folgen von Anfang des 20. Jahrhunderts erfolgten Restaurierungsmaßnahmen.

Vor dem Abbau wurden die Werkstücke in 3D nachkonstruiert. Aus diesen 3D-Bauteilen ließen sich in Folge alle Werklisten und Schablonen ableiten. (Foto: Münsterbauhütte)

Fachleute der Münsterbauhütte (hier Steinmetzmeister Marinus Bair (l.) und Steintechniker Richard Géczi) haben den Pfeiler zuerst virtuell nachgebildet, dann komplett abgebaut und anschließend mit den nachgefertigten Teilen neu errichtet. (Fotos: Sebastian Hemmer)

An einem rund 30 m hohen Pfeiler am Hauptturm des Ulmer Münsters haben Mitarbeiter der örtlichen Bauhütte mehr als 100 Werkstücke mit insgesamt rund 30 t Gewicht ausgetauscht. 

Die mit Blendmaßwerken verzierten und um einen Kern aus gemauerten Ziegeln angebrachten Originalteile stammen aus dem 14. und 15. Jahrhundert. Zugesetzt hat ihnen nicht nur der Zahn der Zeit, sondern auch eine Anfang des 20. Jahrhunderts erfolgte Restaurierung. Damals hatte man Original-Maßwerke aus dem beim Münsterbau verwendeten DOGGERSANDSTEIN durch Nachbildungen aus Muschelkalk ersetzt. Befestigt wurden sie mit Zement. In der Folge litt die Konstruktion unter von oben einsickerndem Wasser, das u.a. in den Bereichen zwischen den alten und neuen Komponenten Schäden wie Ausblühungen und Abplatzungen verursachte.

Zurück zum Ursprung
Die Austauschsteine für die aktuelle Maßnahme stammen aus einem reaktivierten Bruch, in dem die Lauster Steinbau GmbH seit einigen Jahren ockergelb-bräunlichen LAUCHHEIMER SANDSTEIN (auch als DOGGERSANDSTEIN bekannt) gewinnt. Das Rohmaterial hat das Unternehmen in seinem Stuttgarter Werk zugesägt, bevor es die Steinmetzen der Ulmer Münsterbauhütte weiter bearbeiteten. 

Vom alten Pfeiler, dessen Basis sich am Hauptturm in etwa 70 m Höhe befindet, wurde u.a. per Laserscanner ein Aufmaß erstellt. Ab Anfang Juli 2021 haben die Fachleute der Münsterbauhütte die Konstruktion dann komplett abgebaut, um die einzelnen Teile zu restaurieren und – soweit möglich – zu erhalten. Ausgetauscht wurde nur, wo unbedingt notwendig. 

Etwa 100 Werkstücke mit Seitenlängen zwischen 60 bis 120 cm waren nicht mehr zu retten und mussten ersetzt werden. Steinmetze fertigten alle individuell nach – jedes Stück ist ein Unikat. Im Schnitt brauchten sie dafür jeweils rund 60 Stunden. Der Wiederaufbau begann Ende Juli 2021 und dauerte bis in den Dezember. Die Verfugung folgt in diesem Jahr.

(22.02.2022)

Autor: Sebastian Hemmer