Stone+tec-Kongress - Denkmalpflege

Sieht in der Architektur einen Trend zu Massivbauteilen: DNV-GF Reiner Krug (Fotos: S. Hemmer)

Austauschgesteine aus alten Abbaustätten: „Steinreaktivator“ Dr. Klaus Poschlod

Hat sich mit dem Glanz und Erhalt barocker Gesteinsoberflächen beschäftigt: Dr. Gerhard Lehrberger

Hat mit seinen Mitarbeitern den Zustand der Zeppelintribüne auf dem Reichsparteitagsgelände in Nürnberg untersucht: Dipl.-Ing. (FH) Architekt Johannes Fritsch

„Nachhaltige Planungskonzepte an sakralen Bauten – Monitoring, Untersuchung und Konservierungskonzeption in Abhängigkeit von Nutzung und Standort“ lautete das Vortragsthema von Anna Kromas, Marisia Conn und Claus Gersch vom Architekturbüro Conn + Giersch in Fürth.

Nur wenige Besucher zog der Stone+tec-Kongress am zweiten Tag an, als es um das Thema Denkmalpflege ging. Und das, obwohl die Vortragenden mehrere für Erhalt, Behandlung und Pflege von Naturwerksteinsubstanz relevante Aspekte beleuchteten und über aktuelle Denkmalpflegeprojekte informierten.

DNV-GF Reiner Krug hob in einem Vortrag über Massivbauteile die »Goldenen Grundregeln« für das Bauen mit Naturstein hervor: steingerechte Anwendung, fester Aufstand, feste Verankerung. Hier muss laut Krug insbesondere auf die Witterungsbeständigkeit, Belastbarkeit, Verfugung und thermische Verformungen von Massivteilen sowie auf deren möglichen Abmessungen geachtet werden. Um die Lagestabilität der Komponenten zu sichern, empfiehlt er ein unnachgiebiges Lager zur Aufnahme der Eigenlast der Naturwerksteine und deren Verankerung im Rohbau. Laut Krug geht in der Architektur der Trend derzeit wieder in Richtung Massivbauteile. Für die Natursteinbranche biete das Chancen, auch weil die Fertigung aufgrund besserer Technik mit Robotern etc. leichter, effizienter und kostengünstiger möglicher ist als früher. Ein weiterer Pluspunkt sei, dass Naturstein im Hinblick auf Nachhaltigkeit gegenüber anderen Baustoffen besser abschneidet. „Wenn man etwas für die Umwelt tun will, kann man nur Naturstein empfehlen“, so Krug.

Alte Steine gefragt
Über Austauschmaterialien aus aufgelassenen Steinbrüchen für Maßnahmen an bedeutenden Denkmälern in Bayern informierte Dr. Klaus Poschlod vom Bayerischen Landesamt für Umwelt, Wirtschaftsgeologie und Rohstoffe. „Bis vor wenigen Jahren wurde geschädigtes Natursteinmaterial wegen Mangel an heimischen Ersatzmaterialien nicht immer durch ästhetisch und bauphysikalisch befriedigende Baustoffe ersetzt“, sagte er. Diese seien vordergründig preiswert, einfach(er) zu beschaffen, aber im Hinblick auf die ökologische Gesamtbilanz u.a. wegen längerer Transportwege schlechter gewesen. „Nur die Wiederverwendung ursprünglicher, einheimischer Naturwerksteine respektiert und stärkt die Kulturlandschaft“, so Poschlod.

Im Rahmen eines DBU-Projekts haben er und Kollegen zwischen 2014 bis 2017 bayernweit mehr als 200 aufgelassene Steinbrüche erkundet, um Vorkommen zu erfassen, Proben zu nehmen und zu prüfen, ob die Materialien umweltverträglich reaktiviert werden können und für die Restaurierung bedeutender Kulturgüter taugen. 51 denkmalpflegerelevante Gewinnungsstätten haben die beteiligten Wissenschaftler letztendlich ausgewählt und in einem abschließenden Bericht (siehe www.dbu.de/OPAC/ab/DBU-Abschlussbericht-AZ-31549.pdf) mitsamt korrespondierenden Baudenkmälern näher beschrieben. Auf der Grundlage ihrer Ergebnisse wurden bereits Austauschgesteine für zahlreiche Kulturdenkmäler gewonnen, darunter Sandstein für Neuschwanstein, Granit für die Residenz in München und Grünsandstein für die Steinerne Brücke und weitere Bauten in Regensburg.
 
Bunte Barockvielfalt
Über ein DBU-Projekt, das Dekorgesteine in barocken Kirchen und Schlössern in Westböhmen und Oberfranken zum Gegenstand hatte, referierte Dr. Gerhard Lehrberger von der TU München. Er berichtete, dass Dekorgesteine im 17. Und 18. Jahrhundert poliert wurden, um ihnen Glanz und bunte Strahlkraft zu verleihen. Dafür verwendete man polychrome Karbonatgesteine.

Lehrberger und sein Team haben seit 2017 Verwitterungsprozesse und Schadensbilder u.a. in der Klosterkirche im tschechischen Teplá untersucht. Auch mit historischen Poliermitteln und -verfahren haben sich die Wissenschaftler beschäftigt. Mittels mikroskopischer und rasterelektronenmikroskopischen Methoden konnten sie neben anthropogen-umweltbedingten Ursachen wie Luftschadstoffe, Salze und Feuchtigkeit Gips als Ursache dafür ausmachen, dass Kalksteinoberflächen mit kristallinen Belägen in Innenräumen stumpf werden. Auf der Basis der gewonnen Erkenntnissen entstand in Abstimmung mit der Denkmalpflege in Tschechien ein Konzept für eine schonende Reinigung und Politur. Eine 368 Seiten umfassende Abschlusspublikation zum Projekt ist unter dem Titel "Glanz und bunte Vielfalt" als Band 24 der Münchner Geowissenschaftlichen Abhandlungen im September 2020  im Verlag Dr. Friedrich Pfeil erschienen.

Reichsparteitagsgelände
Dipl.-Ing. (FH) Architekt Johannes Fritsch vom Architekturbüro Fritsch, Knodt, Klug + Partner in Nürnberg berichtete auf dem Stone+tec-Kongress über Untersuchungen mit Zustandserfassung an der Zeppelintribüne des Reichsparteitagsgeländes in Nürnberg. Gemäß Leitlinien der Stadt Nürnberg sollen die örtlichen Zeugnisse der NS-Zeit als Denkmäler und Geschichtsquellen in ihrem heutigen Aussehen, das teilweise bereits nur noch Reste eines früheren Zustands darstellt, bewahrt werden. Angestrebt wird weder ein bewusster Verfall der Bausubstanz, noch eine Rekonstruktion des nicht mehr Vorhandenen. Zum Abschluss des Kongresstages fand eine Exkursion zum Reichsparteitagsgelände statt.

(1.07.2022)
 

Autor: Sebastian Hemmer