Statements aus der Branche zur Corona-Krise (3): 5 Steinmetze äußern sich

Stefan Lutterbeck, Inhaber der Bildhauerwerkstatt Lutterbeck, Everswinkel: "... ich denke immer positiv. Irgendwie kommen wir auch wieder aus dieser Krise heraus."

Rüdiger Esser, GF des Steinmetz- und Steinbildhauer-Meisterbetriebs Naturstein Esser, Euskirchen: "Unsere Auftragsbücher sind so voll, dass wir, auch wenn kein neuer Kunde käme, für zwölf Monate Arbeit hätten!"

Stefan Wolf, GF der Firma Natursteinwolf, Lübeck: "Keiner weiß, wie lange die Ausnahmesituation noch anhalten wird. Daher müssen wir uns in der Zwischenzeit an eine neue Form der Normalität gewöhnen."

Claus Birkle, Steinmetz- und Steinbildhauermeister und GF der Firma Klepser, Esslingen, und Anka Schweizer, GF des Steinwerks Schweizer, Metzingen: "Derzeit erhalten wir vermehrt Angebote von Händlern, die sonst ihre Importware aus Indien beworben haben."

Johannes Moser, Steinmetz- und Steinbildhauermeister, Heidenheim: "Ich denke, die Corona-Krise wird den Markt ein wenig bereinigen. Ein guter Handwerker wird jedoch immer sein Auskommen haben, davon bin ich überzeugt." Fotos: privat, Archiv

In Naturstein 5/2020 erscheint ein Spezial zur Corona-Krise mit 50 Branchenstatements, die wir sukzessive auch auf Natursteinonline.de und auf Facebook posten. In diesem Beitrag lassen wir 5 Steinmetze zu Wort kommen:

Stefan Lutterbeck, Inhaber der Bildhauerwerkstatt Lutterbeck, Everswinkel:
"Ich habe einen guten Auftragsbestand, aber es kommen kaum noch neue Aufträge nach. Da die Beerdigungen jetzt in aller Stille mit maximal 20 Personen stattfinden müssen, verringert sich insgesamt die Chance, das Augenmerk der Hinterbliebenen auf die Bedeutung eines guten Denkmals zu lenken. Aber ich denke immer positiv. Irgendwie kommen wir auch wieder aus dieser Krise heraus. Und wie jede Krise hat auch diese etwas Gutes. Ich habe den Eindruck, dass die Menschen jetzt schon etwas sensibler sind, nicht mehr ganz so oberflächlich. Vielleicht wächst die Zahl derer, die sich wieder auf Dinge besinnen, die wertig sind." (hol)

Rüdiger Esser, Geschäftsführer des Steinmetz- und Steinbildhauer-Meisterbetriebs Naturstein Esser, Euskirchen:
"Unsere Auftrags­bücher sind so voll, dass wir, auch wenn kein neuer Kunde käme, für zwölf Monate Arbeit hätten! Klar, wir haben weniger Leute im Laden und etwa 30% weniger Telefonanrufe. Dafür haben wir jetzt endlich Zeit zum Aufarbeiten. Ein wenig wirkt sich die Covid-19-Krise auf die Verfügbarkeit von Baustoffen aus. Was den Warenverkehr aus Italien betrifft, gibt es laut unserem Großhändler keine Probleme. Auch China produziert und verschifft wieder. Aber uns stehen ja auch viele gute eigene Gesteinssorten zur Verfügung. So haben wir in einem exklusiven Treppenhaus gerade JURA GRAU geschliffen eingebaut. Das sieht klasse aus!" (hol)

Claus Birkle, Steinmetz- und Steinbildhauermeister und Geschäftsführer der Firma Klepser, Esslingen, und Anja Schweizer, Geschäftsführerin des Steinwerks Schweizer, Metzingen:
"Wir hatten einen Spitzenfrühling. Wir sind sieben Leute in zwei Betrieben und machen immer noch Überstunden, dass es kracht. Es gibt aber erste Absagen von Kunden, die Besuche in unseren Betrieben aus Sicherheitsgründen auf später verschieben. Deshalb haben wir allesamt ab dem 6. April zwei Wochen Urlaub gemacht. Dabei ging es uns um die Beschäftigung unserer Leute danach, denn weniger wird es bestimmt. Wir haben unsere Mitarbeiter in Zweierteams eingeteilt und tun alles, um ihre Sicherheit und die unserer Kunden nicht zu gefährden. Wir fertigen unsere Grabsteine zu 70 bis 80% selbst. Derzeit erhalten wir vermehrt Angebote von Händlern, die sonst ihre Importware aus Indien beworben haben. Jetzt berufen sie sich auf deutsche Produktion aus heimischen Materialien." (hol)

Stefan Wolf, Geschäftsführer der Firma Natursteinwolf, Lübeck:
"Glücklicherweise waren wir als Unternehmen vergleichsweise gut auf die Krise vorbereitet. Wir befinden uns derzeit in einem digitalen Transformationsprozess. Jeder Mitarbeiter verfügt über ein Smartphone oder Tablet sowie eine persönliche E-Mail-Adresse. Die Umstellung auf eine rein elektronische Kommunikation konnten wir daher innerhalb weniger Tage realisieren. Zum Schutz der Belegschaft sind inzwischen alle Abteilungen komplett voneinander abgeschottet. Nicht einmal ich komme noch in die Produktion hinein.
Unsere Auftragslage ist weiterhin auf einem sehr hohen Niveau, das Werk für die kommenden Wochen noch gut ausgelastet. Ferner gelang es uns, das Rohstofflager vor den umfassenden Grenzschließungen noch einmal vollständig aufzufüllen. Wenn unsere Verlegeteams Aufträge bei der Kundschaft ausführen, müssen sie strikte Vorsichtsmaßnahmen beachten. Neben dem obligatorischen Mindestabstand gehört auch das Verlesen eines Fragenkatalogs dazu, den die Kunden vor Arbeitsbeginn beantworten müssen. Sollten dabei Zweifel an der Sicherheit der Kollegen aufkommen, kehren sie unverzüglich um. Keiner weiß, wie lange die Ausnahmesituation noch anhalten wird. Daher müssen wir uns in der Zwischenzeit an eine neue Form der Normalität gewöhnen." (fl)

Johannes Moser, Steinmetz- und Steinbildhauermeister, Heidenheim:
"Wir stellen überwiegend handwerklich gefertigte Grabmale her, daher können wir unsere Aufträge nach wie vor umsetzen. Um meine Mitarbeiter zu schützen, arbeiten wir jetzt in festen Zweierteams zusammen, die nicht gewechselt werden. Der Kundenkontakt ist zurückgegangen und erfolgt telefonisch oder online. Das ist eine große Herausforderung für uns und unsere Kunden. Diese zögern derzeit häufig, einen Auftrag zu erteilen, weil sie abwarten wollen, wie sich die Lage entwickelt. Das kann ich verstehen. Ich selbst werde den geplanten Ausbau der Werkstatt bis auf Weiteres verschieben. Dank einiger Rücklagen und einem guten Auftragsbestand können wir aber finanzielle Einbußen überbrücken. Ich denke, die Corona-Krise wird den Markt ein wenig bereinigen. Ein guter Handwerker wird jedoch immer sein Auskommen haben, davon bin ich überzeugt." (mg)

In Naturstein 5/2020 geben wir außerdem einen Überblick über die Auswirkungen der Coronakrise in Deutschland und die Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung. Wie es Italien geht, schildert unsere Korrespondentin Alexandra Becker. Themenschwerpunkt der Mai-Ausgabe ist „Bauen mit Naturstein“. Bis September verlängert wurde in London die derzeit geschlossene Ausstellung "The New Stone Age", die Naturstein als nachhaltiges und vielseitiges Baumaterial zelebriert. Verwirklicht wurde sie von Architekt Amin Taha, Ingenieur Steve Webb und Steinmetzmeister Pierre Bidaud. Die Wiederentdeckung von Naturstein als nachhaltiges Baumaterial in großem Stil ist sicher noch Zukunftsmusik, aber keine Utopie. Das Heft erscheint am 4. Mai 2020.

(veröffentlicht am 24. April 2020)