Statements aus der Branche zur Corona-Krise (1): 5 Stimmen aus den Verbänden

Sybille Trawinski, GF des Bundesverbands Deutscher Steinmetze (BIV): "Das Steinmetzhandwerk ist uralt und hat schon viele Krisen überstanden. Es wird sich den Herausforderungen stellen und diese auch bewältigen. Der BIV wird seinen Mitgliedern dabei helfen."

Dipl.-Ing. (FH) Reiner Krug, GF des Deutschen Naturwerkstein-Verbands (DNV): "Werden die Kontaktverbote Anfang Mai ein gutes Stück weit aufgehoben, ist das wichtige Frühjahrsgeschäft vermutlich teilweise nachholbar. Bei einem längeren Stillstand der Wirtschaft sind jedoch erhebliche Probleme für viele Betriebe zu erwarten."

Oswald Kurz, Vorsitzender des Verbands für Gedenkkultur e.V. (VfG) und GF der Kurz Natursteine GmbH, Bensheim: "Es geht jetzt vor allem anderen darum, Solidarität und Vernunft zu zeigen."

Wolfgang Ecker, BIM der österreichischen Steinmetze und GF des Steinmetzbetriebs Wolfgang Ecker, Traiskirchen: "Die öffentliche Auftragsvergabe kann unseren Betrieben helfen, rascher wieder aus der Krise zu finden."

Jürg Depierraz, GF des Naturstein-Verbands Schweiz (NVS): "Die Krise tangiert die Schweizer Steinbranche sehr unterschiedlich. Am stärksten betroffen sind unsere Mitglieder im Kanton Tessin ..." Fotos: privat, Archiv

In Naturstein 5/2020 erscheint ein Spezial zur Corona-Krise mit 50 Branchenstatements, die wir sukzessive auch auf Natursteinonline.de und auf Facebook posten. In diesem Beitrag lassen wir Verbandsvertreter zu Wort kommen:

Sybille Trawinski, Geschäftsführerin des Bundesverbands Deutscher Steinmetze (BIV):
"Wir haben in den letzten drei Wochen wirklich viel für unsere Betriebe getan und Unterstützungsmaßnahmen im Zuge der Corona-Krise aufbereitet (www.bivsteinmetz.de, Mitgliederbereich). Auswirkungen der Situation auf das Steinmetzhandwerk haben wir unter »Der BIV informiert« zusammen­gestellt (S. 66). Wir sollten alles tun, um unsere Mitarbeiter und vor allem auch unsere Auszubildenden zu halten und Kündigungen zu vermeiden. Ausbildungsbetriebe, die finanziell unter Druck geraten, können sich gerne beim BIV oder beim Berufsbildungswerk (bbw, www.bbw-steinmetz.de) melden. 
Sorgen machen mir die Nachwirkungen der Krise. Wahrscheinlich sind dann die Investitionslust und -kraft vieler Bürger und institutioneller Geldgeber erst einmal begrenzt, und Steinmetze bieten ja eher hochwertige Produkte an. Andererseits kommt es möglicherweise zu einer Besinnung auf regionale Produkte und Leistungen. Einen solchen Trend könnten unsere Steinmetze gezielt für sich nutzen. 
Das Steinmetzhandwerk ist uralt und hat schon viele Krisen überstanden. Es wird sich den Herausforderungen stellen und diese auch bewältigen. Der BIV wird seinen Mitgliedern dabei helfen. U.a. gilt es, Politik und Gesellschaft aufzuzeigen, dass Steinmetz­betriebe durchaus erheblich von den Aus­wirkungen der Corona-Krise betroffen sind und Unterstützung brauchen." (hol)

Dipl.-Ing. (FH) Reiner Krug, Geschäftsführer des Deutschen Naturwerkstein-Verbands (DNV):
"Während die deutsche Produktion von Werksteinen wenig betroffen ist, gibt es bei Importen bereits deutliche Lieferverzögerungen. Die Lkw stehen an den Grenzen im Stau und es fehlen Transportkapazitäten. Die Baustellen in Deutschland sind bis jetzt noch nicht betroffen und das Projekt­geschäft läuft auch noch. Deutliche Umsatz­rück­gänge verzeichnen Firmen im Privatkundengeschäft, die z.B. Küchenarbeits­platten oder exklusive Badezimmer anbieten. Viele der ausländischen Arbeitskräfte in unseren Betrieben wollten im Urlaub nach Hause. Es ist fraglich, wann diese wieder einreisen können. In der Geschäftsstelle haben wir überwiegend auf Homeoffice umgestellt, sind aber telefonisch und per E-Mail erreichbar und stehen für die Beratung zur Verfügung. Unsere Mitglieder erhalten aktuelle Informationen wie beispielsweise Hinweise zur Kurzarbeit und Fördergelder der Bundesrepublik für Unternehmer mit unseren Rundschreiben. Weiterhin stehen diese auf unserer Internetseite zur Verfügung. Werden die Kontaktverbote Anfang Mai ein gutes Stück weit aufgehoben, ist das wichtige Frühjahrsgeschäft vermutlich teilweise nachholbar. Bei einem längeren Stillstand der Wirtschaft sind jedoch erhebliche Probleme für viele Betriebe zu erwarten." (hol)

Oswald Kurz, Vorsitzender des Verbands für Gedenkkultur e.V. (VfG) und Geschäftsführer der Kurz Natursteine GmbH, Bensheim: 
"Aus der Krise eine Chance machen: Es geht nicht um Entscheidungen in der täglichen Arbeits- und Geschäftswelt! Es geht um die Gesundheit sowie wirtschaftliches und gesellschaftliches Über­leben! Wen interessieren schon hypothetische Probleme, wenn man reale hat? Es geht jetzt vor allem anderen darum, Solidarität und Vernunft zu zeigen. Ich appelliere an alle, welcher Couleur auch immer, diese Haltung unvoreingenommen zu unterstützen und selbst zu leben. Je konsequenter wir das tun, desto schneller kommen wir aus der Krise heraus und können wieder durchstarten. Nach der Krise ist vor der Krise: Als Verbandsträger und Unternehmer werde ich mich aktiv der Entwicklung und Umsetzung neuer Ideen und Konzepte widmen." (mg)

Wolfgang Ecker, Bundesinnungsmeister der österreichischen Steinmetze und Geschäftsführer des Steinmetzbetriebs Wolfgang Ecker, Traiskirchen:
"Die jetzige Situation war für uns alle noch vor wenigen Wochen unvorstellbar. Eine solche Krise hatten wir seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Wir alle – und damit natürlich unsere ganze Wirtschaft – sind davon betroffen. Seitens der Bundes­innung setzen wir in dieser Situation v.a. auf die Weitergabe von Informationen. Besonders wichtig ist die "Handlungsan­leitung für den Umgang mit Baustellen aufgrund von Covid-19". Wird diese exakt eingehalten, ist die Weiterführung von Bautätigkeiten erlaubt. Die öffentliche Auftragsvergabe kann unseren Betrieben helfen, rascher wieder aus der Krise zu finden. Viele Gebäude stehen jetzt leer, und die Zeit für Sanierung und Instandhaltung könnte nun sinnvoll genützt werden. Wer jetzt Aufträge ausführen kann, ist nicht auf öffentliche Hilfe angewiesen – das schafft Wertschöpfung, spart öffentliche Zuschüsse und sichert Arbeitsplätze. Als Steinmetzbetrieb sind wir v.a. durch die Reisebeschränkungen betroffen. Da rund 80% unserer Mitarbeiter aus Polen stammen und seit Beginn der Corona-Krise mit der Einreise nach Österreich Probleme haben, können wir, obwohl wir genug Arbeit hätten, nur mit halber Belegschaft arbeiten. Wir haben keine Kurzarbeit. Mitarbeiter, die nicht einreisen können, sind auf Zeitausgleich bzw. Urlaub. Mit Ausnahme unseres Showrooms für Privatkunden sind wir auch von keiner Schließung betroffen. Für unsere Mitarbeiter haben wir verstärkt Schutzausrüstungen wie Schutzmasken und Desinfektionsmittel angeschafft, um auf möglichst vielen Baustellen unter Einhaltung der "Handlungs­anleitung für den Umgang mit Baustellen aufgrund von Covid-19" weiterarbeiten zu können. Für die Zeit nach der Krise wünsche ich mir, dass wir alle nicht vergessen, wie wichtig Regionalität ist. Regionale Unternehmen zu nutzen, sichert Arbeitsplätze – heute und in Zukunft." (rw)

Jürg Depierraz, Geschäftsführer des Naturstein-Verbands Schweiz (NVS):
"Die Krise tangiert die Schweizer Steinbranche sehr unterschiedlich. Am stärksten betroffen sind unsere Mitglieder im Kanton Tessin, wo Mitte März sämtliche Steinbrüche und Steinverarbeitungswerke geschlossen werden muss­ten. In anderen Kantonen konnte unter Enthaltung der per Notrecht erlassenen Vorschriften fast normal gearbeitet werden. Stärker als die Steinproduzenten leidet der internationale Handel, der durch Lieferungs- und Transportverzögerungen erheblich beeinträchtigt wird. Der Krisenmodus färbt auch auf das Konsum- und Investitionsverhalten der Privathaushalte ab; viele Bauinvestitionen werden auf Eis gelegt. Zudem kann auf den Baustellen aufgrund der einzuhaltenden körperlichen Distanz nur in reduziertem Umfang gearbeitet werden, was zu Bauverzögerungen und Mehrkosten führt. Entlassungen in Mitglieder­betrieben sind uns bis jetzt nicht bekannt. Einige haben Kurzarbeit angemeldet." (sta)

In Naturstein 5/2020 geben wir außerdem einen Überblick über die Auswirkungen der Coronakrise in Deutschland und die Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung. Wie es Italien geht, schildert unsere Korrespondentin Alexandra Becker. Themenschwerpunkt der Mai-Ausgabe ist "Bauen mit Naturstein". Bis September verlängert wurde in London die derzeit geschlossene Ausstellung "The New Stone Age", die Naturstein als nachhaltiges und vielseitiges Baumaterial zelebriert. Verwirklicht wurde sie von Architekt Amin Taha, Ingenieur Steve Webb und Steinmetzmeister Pierre Bidaud. Die Wiederentdeckung von Naturstein als nachhaltiges Baumaterial in großem Stil ist sicher noch Zukunftsmusik, aber keine Utopie. Das Heft erscheint am 4. Mai 2020.

(veröffentlicht am 22. April 2020)