Statements aus der Branche zur Corona-Krise (10): 4 Einschätzungen

Michael Kriwan, GF der Gemba Maschinenhandelsges.m.b.H, Wien, Österreich: "Ich wünsche mir, dass die Kunden erkennen werden, wie wichtig ein verlässlicher, lokaler Partner in Krisenzeiten ist."

Hanspeter Kuster, GF J. & A. Kuster Steinbrüche AG Bäch, Freienbach/Schwyz, Schweiz: "Die heutige 'Materialschlacht' mit kurzlebigen, nicht nachhaltigen Produkte sollte vermieden werden; sie hat meines Erachtens keine Zukunft."

Thomas Eichhorn, GF der Eichhorn & Walter GmbH & Co. in Lautertal: "Wir versuchen, Kunden, die eigentlich einen Stein aus indischer Fertigung haben wollten, von deutscher Produktion zu überzeugen, und so dem Auftragsschwund etwas entgegenzuwirken."

Georg Vetter, Prokurist der Destag Natursteinwerk GmbH, Lautertal: "Unterm Strich sehen wir uns gut aufgestellt, immer in der Hoffnung, dass die Wirtschaft spätestens Anfang Mai wieder komplett hochgefahren wird." Fotos: Archiv, privat

In Naturstein 5/2020 findet sich ein Spezial zur Corona-Krise mit 50 Branchenstatements, die wir sukzessive auch auf Natursteinonline.de und auf Facebook posten. In diesem Beitrag melden sich 4 Geschäftsführer aus dem D-A-CH-Raum zu Wort:

Hanspeter Kuster, Geschäftsführer J. & A. Kuster Steinbrüche AG Bäch, Freienbach/Schwyz, Schweiz: 
"Wir befolgen selbstverständlich alle vom schweizerischen Bundesamt für Gesundheit geforderten Maßnahmen zur Bekämpfung von Covid-19. Sowohl in der Fabrikation als auch auf den Baustellen können wir daher zurzeit normal weiterarbeiten. Bei bereits laufenden Aufträgen kommt es allerdings teilweise zu zeitlichen Verschiebungen, vor allem bei Fassadensanierungen. Ein Grund dafür: Die Auftraggeber wollen keine teuren Gerüststandzeiten riskieren. Anderseits werden gewisse Aufträge auch vorgezogen, vor allem bei Ladenumbauten. Weil im April die meisten Ladengeschäfte geschlossen bleiben, lassen sich solche Arbeiten nun einfacher abwickeln.
Aktuell sind in unserem Betrieb keine Arbeitsplätze gefährdet, was sich aber kurzfristig ändern kann, falls die gegenwärtige Lage länger anhält. Sollte die Krise dazu führen, dass künftig noch vermehrt lokale Natursteine bevorzugt werden, würde uns das als Produzent von Zürichsee-Sandsteinen natürlich freuen. Grundsätzlich bin ich aber der Meinung, dass nicht der Import etwa aus China oder Indien unser Hauptproblem ist, sondern dass unsere Branche zurzeit viele Aufträge an andere Produkte verliert, vor allem an Keramik, Quarzkomposit und Holzdekor. Ganz allgemein sollten wir versuchen, das aktuell vorherrschende quantitative Bauen zuguns­ten von höherwertigem Bauen zu fördern. Die heutige 'Materialschlacht' mit kurz­lebigen, nicht nachhaltigen Produkten sollte vermieden werden; sie hat meines Erachtens keine Zukunft." (sta)

Thomas Eichhorn, Geschäftsführer der Eichhorn & Walter GmbH & Co. in Lautertal:
"Die aktuelle Situation ist schon etwas merkwürdig: Wenn ich abends nach Hause komme und den Fernseher einschalte, dann kommt es einem vor, als wäre die Welt stehen geblieben. Im Betrieb ist davon kaum etwas zu spüren. Wir können, zum Glück, noch ganz normal (weiter-)arbeiten. Zwischen Dezember und Februar sind sehr viele Aufträge eingegangen. Das haben wir mit Sicherheit auch unserer Hausmesse zu verdanken, die Anfang Februar genau zur richtigen Zeit stattfand. Für mindestens sechs Wochen haben wir also noch genug Arbeit. Grundsätzlich sind wir vor Ostern immer sehr beschäftigt, das hat sich wegen Corona dieses Jahr nicht geändert.
Natürlich haben wir weniger Kundenkontakt – im Büro klingelt das Telefon deutlich seltener. Wenn sich die Lage nicht bald entspannt, werden wir auch immer weniger neue Aufträge bekommen. Wir versuchen, Kunden, die eigentlich einen Stein aus indischer Fertigung haben wollten, von deutscher Produktion zu überzeugen, und so dem Auftragsschwund etwas entgegenzuwirken. Das ist nicht immer einfach, aber manchmal gelingt es uns.
Der Importstopp macht uns keine Schwierigkeiten. Grundsätzlich haben wir immer ein sehr gut bestücktes Lager aus heimischen und Importsteinen. Vorsorglich haben wir jedoch den letzten Schiffen aus Indien mehr Material abgenommen. Ich würde sagen, für dieses Jahr haben wir ausreichend (indische) Ware auf Lager. Für den Fall, dass die Krise noch länger dauert und uns dadurch die Arbeit ausgeht, haben wir uns über (finanzielle) Unterstützung, z.B. Kurzarbeitergeld, informiert." (mg)

Michael Kriwan,Geschäftsführer der Gemba Maschinenhandelsges.m.b.H, Wien, Österreich: 
"Im Moment haben wir geringe Rück­gänge, weil unsere Kunden noch gut beschäftigt sind. Das wird noch ein bis zwei Monate andauern, weil unsere Kunden solange noch Aufträge abarbeiten. Danach wird es ruhig werden, wenn sich die Lage zwischenzeitlich nicht ändert. Maschineninvestitionen werden – bis auf einen innovativen Unternehmer, der gerade jetzt bestellt hat – aufgeschoben. Liefer­engpässe gibt es im Moment nur bei Werkzeugen aus Italien. Wir haben Kurzarbeit und erledigen derzeit die Arbeit mit drei MitarbeiterInnen – im Normalbetrieb sind es fünf – , weil wir die MitarbeiterInnen durch reduzierte Kontakte schützen möchten. Das bedeutet zwar mehr Aufwand für jeden, funktioniert aber auch. Der Außendienst ist zum großen Teil zu Hause oder mit Maske unterwegs und erledigt die Arbeit vom Homeoffice aus. Die Nachfrage nach Natur­steinprodukten wird auch nach Corona noch da sein. Ich sehe sogar eine verstärkte Eigenproduktion im Grabmalbereich auf uns zukommen, weil die Importe aus China zurückgehen werden. Hier sehe ich gute Chancen, wenn es zu einem Umdenken kommen sollte und die Menschen wieder auf eine regionale Produktion Wert legen. Zu hoffen ist auch, dass es zu einer Marktbereinigung kommen wird. Unternehmen, die nur über den Preis verkauft haben und dadurch keine Rücklagen bilden konnten, werden die Krise nicht überstehen. Ich wünsche mir, dass die Kunden erkennen werden, wie wichtig ein verlässlicher, lokaler Partner in Krisenzeiten ist. Unser Maschinenservice funktioniert und unsere Kunden sind nicht auf Hilfe aus dem Ausland angewiesen. Ich bin mir sicher, dass uns das in Zukunft helfen wird." (rw)

Georg Vetter, Prokurist der Destag Natursteinwerk GmbH, Lautertal:
"Bis auf den 'normalen' Krankenstand ist die Belegschaft der Destag voll im Einsatz. Da wir in den letzten Monaten einen enorm hohen Auftragseingang hatten, sind unsere Auftragsbücher noch gut gefüllt. Trotzdem erwarten wir aufgrund der Covid-19-Krise in den nächsten Wochen im Vergleich zum letzten Jahr einen Rückgang im Auftragseingang.
Die Destag hat aber in Verbindung mit dem Blocklager bei Just Naturstein eines der größten und vollständigsten Natursteinlager in Deutschland. Gleiches gilt auch für Denkmäler und komplette Grabanlagen – bei beiden halten wir eine riesige Auswahl vorrätig. Daher erwarten wir unsere Produkte größtenteils und mit nur leichten Änderungen in der Logistik weiterhin liefern zu können. Außerdem können wir fast alle gewünschten Grab­anlagen als Alternative zum Import auch in deutscher Fertigung anbieten und herstellen. Sehr gut und ohne jeden Lieferengpass läuft unsere neue Grabschmucksparte. Unterm Strich sehen wir uns gut aufgestellt, diese existenzielle Krise gut zu überstehen, immer in der Hoffnung, dass die Wirtschaft spätestens Anfang Mai wieder komplett hochgefahren wird." (mg)

In Naturstein 5/2020 geben wir außerdem einen Überblick über die Auswirkungen der Coronakrise in Deutschland und die Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung. Wie es Italien geht, schildert unsere Korrespondentin Alexandra Becker. Themenschwerpunkt der Mai-Ausgabe ist "Bauen mit Naturstein". Bis September verlängert wurde in London die derzeit geschlossene Ausstellung "The New Stone Age", die Naturstein als nachhaltiges und vielseitiges Baumaterial zelebriert. Verwirklicht wurde sie von Architekt Amin Taha, Ingenieur Steve Webb und Steinmetzmeister Pierre Bidaud. Die Wiederentdeckung von Naturstein als nachhaltiges Baumaterial in großem Stil ist sicher noch Zukunftsmusik, aber keine Utopie. Sie können das Heft in unserem Webshop versandkostenfrei bestellen: Naturstein 5/2020

(veröffentlicht am 6. Mai 2020)