Statements aus der Branche (7): Eine Chance zur Besinnung?

Adelheid Biermann, Steinmetz- u. Steinbildhauermeisterin, GF der Naturwerkstatt Biermann: "Ich bin der festen Überzeugung, dass diese (Pandemie) uns sehr wohl betrifft. Es wird nur höchstens noch vier Wochen dauern, dann gehen auch die ersten Bauhandwerker in die Knie."

Heinz Plein, GF der Kunstgießerei Plein GmbH, Speicher: "Man muss offen und ehrlich damit umgehen und sagen: Die Epidemie kommt, es wird Kranke und Tote geben, haltet die erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen soweit wie möglich ein, nur so bleiben unser Gesundheitssystem und damit die Arbeitsplätze erhalten, und wir gehen alle gestärkt aus der Krise!"

Thomas Will, Verkaufsleiter bei Thust Stein, Balduinstein: "Wir hoffen (...), dass die Natursteinbranche die Krise so gut wie möglich übersteht und alle bald wieder zur Normalität zurückkehren können."

Jeanette Gröters, GF der Kunstwerkstätte Gerhard Gröters, Aschaffenburg: "Wir hatten uns zu sehr zur Spaß- und Freizeitgesellschaft entwickelt. Jetzt haben wir die Chance, uns auf andere Werte zu besinnen. Die Menschen werden hoffentlich wieder etwas 'geerdeter'".

Georg Leeb, GF der Firma Stone4you, Hollabrunn, Österreich: "So wie wir vor Weihnachten aufgehört hatten, haben wir im neuen Jahr wieder begonnen. Zumindest in dieser Hinsicht dürfte die Krise zu einem Umdenken führen." Fotos: Archiv, privat

In Naturstein 5/2020 erscheint ein Spezial zur Corona-Krise mit 50 Branchenstatements, die wir sukzessive auch auf Natursteinonline.de und auf Facebook posten. In diesem Beitrag sprechen Heinz Plein, Thomas Will, Adelheid Biermann, Georg Leeb und Jeanette Gröters.

Heinz Plein, Geschäftsführer der Kunstgießerei Plein GmbH, Speicher: 
"Billig und immer billiger und möglichst viel! Das war lange Zeit der Gedanke in der westlichen Welt. Zu erreichen war dies nur durch Produktionsverlagerung in Niedriglohnländer in Asien. Ganze Fertigungsketten und Kernkompetenzen wurden ausgelagert. In der Krise hatte der Westen nicht mal mehr Produktionsstätten für Medikamente, geschweige denn Schutzmasken. Aber wie immer kommt irgendwann die Rechnung, in diesem Falle zunächst als Sars und jetzt als Covid-19. Ob die westliche Welt dies bezahlen kann, bleibt abzuwarten. Wir haben unseren Mitarbeitern gesagt, dass es aufgrund der weltweiten Entwicklung zu Auftragseinbrüchen und damit zur ersten Kurzarbeit in der 140-jährigen Geschichte des Betriebs kommen wird. Aber es geht weiter! Durch seriöses Wirtschaften haben wir die Reserven das Kurzarbeitergeld aufzustocken und auf Kündigungen zu verzichten. Wir haben aber auch gesagt, dass die Krankheit den einen oder anderen treffen wird und wir im Gegenzug entsprechende partnerschaftliche Fairness erwarten, um die Belieferung unserer Kunden gewährleisten zu können. Unsere Lagerbestände reichen mindestens für sechs bis acht Monate. Somit bleibt unsere Lieferfähigkeit in jedem Falle erhalten.
Krankheiten und Epidemien gab es zu allen Zeiten. Damit verbunden sind Ängste in der Bevölkerung um Leib und Leben. Es hilft da nicht, wenn schöne Kurvendiagramme mit gestreckten Krankenverläufen gezeigt werden, die Wirtschaft heruntergefahren wird, die Bürger kaserniert und Hubschraubergelder verteilt werden. Man muss offen und ehrlich damit umgehen und sagen:
• Die Epidemie kommt.
• Es wird Kranke und Tote geben.
• Haltet die erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen soweit wie möglich ein.
• Nur so bleiben unser Gesundheitssystem und damit die Arbeitsplätze erhalten, und wir gehen alle gestärkt aus der Krise!" (hol)

Thomas Will, Verkaufsleiter bei Thust Stein,Balduinstein: 
"Von den Auswirkungen der Corona-Krise auf die deutsche Wirtschaft sind wir derzeit zum Glück noch nicht betroffen, da wir als in Deutschland produzierender Grabmalbetrieb nicht von Importen abhängig sind. Bis auf wenige Ausnahmen sollte es also zu keinen Eng­pässen in der Materiallieferung kommen. Und solange unsere Mitarbeiter gesund bleiben und es die Behörden erlauben, halten wir unsere Produktion in vollem Umfang aufrecht. Aufgrund der behördlichen Bestimmungen mussten wir jedoch unsere Hausmesse Ende März absagen, und auch unser Auftritt auf der Stone+tec fällt aus, da die Messe ja leider abgesagt wurde. Wann wir unsere Hausmesse nachholen können, wissen wir noch nicht. Wir hoffen jedoch, dass die Natur­steinbranche die Krise so gut wie möglich übersteht und alle bald wieder zur Normalität zurückkehren können." (mg)

Adelheid Biermann, Steinmetz- und Steinbildhauermeisterin, Geschäftsführerin der Naturwerkstatt Biermann, Pulheim: 
"Mein Antrag auf Rückerstattung der Umsatzsteuersondervorauszahlung wurde abgelehnt. Die Finanzverwaltung NRW teilte mir mit, es gebe 'Unternehmen, die derzeit von der Corona-Pandemie profitieren, weil sie beispielsweise als systemrelevant gelten und daher ihren Betrieb mit wenigen oder kleinen Einschränkungen fortführen können'. Diese Unternehmen würden nicht zwangsläufig der finanziellen Unterstützung des Finanzamtes bedürfen. Unser Unternehmen würde nicht zu denjenigen gehören, welche 'grundsätzlich besonders von der Corona-Pandemie betroffen sind'. Ich bin der festen Überzeugung, dass diese uns sehr wohl betrifft. Es wird nur höchs­tens noch vier Wochen dauern, dann gehen auch die ersten Bauhandwerker in die Knie. Und dann als Handwerk in der Öffentlichkeit auch noch als Profiteur hingestellt zu werden, ist schon stark, oder? Sicher sind wir Bauhandwerker nicht in der Form betroffen, wie viele andere Gewerke, aber auch hier gilt: Lieferketten reißen ab, Kunden bleiben weg und Baustellen werden verschoben oder ruhen, Mitarbeiter fallen aus ... Zudem hat uns die BG Bau gerade vor jede Menge neue Aufgaben gestellt, z.B. die Einführung neuer Betriebsabläufe. 'Abflachen der Kurve' gilt auch hier. Ich werde mich weiter bemühen, meinen Handwerksbetrieb durch diese Krise zu bringen, ohne die Gesundheit meiner Mitarbeiter aufs Spiel zu setzen. Allerdings habe ich mit unbürokratischer Unterstützung gerechnet. Die angekündigte Unterstützung seitens des Staates dann auch zu erhalten, erscheint mir heute um ein Vielfaches schwieriger als angekündigt. Nach der Einreichung einer schriftlichen Stellungnahme, in der ich diese Punkte dargelegt habe, ist die Erstattung der Vorauszahlung dann aber erfolgt." (hol)

Georg Leeb, Geschäftsführer der Firma Stone4you, Hollabrunn, Österreich: 
"Trotz voller Auftragsbücher stehen manche Baustellen auf Kundenwunsch still. Manche verunsicherten Mitarbeiter möchten am liebsten zu Hause bleiben. Durch die Grenzschließung von Tschechien sind wir auch mit unseren Grenzpendlern stark eingeschränkt. Gewisse Lieferantenketten sind unterbrochen bzw. zusammengebrochen. Einige für uns wichtige Messen im Frühjahr wurden abgesagt. Nach reiflicher Überlegung haben wir uns entschlossen, keine Kurzarbeit anzumelden. Baustellen, auf denen die Schutzanforderungen an unsere Mitarbeiter erfüllt sind, werden weitergeführt. Für unsere Grenzpendler, welche weiterarbeiten wollen, stellen wir in Österreich kostenfrei Kost und Logis zur Verfügung. Aufgrund hoher Lagerstände werden wir bis zum Sommer gut über die Runden kommen. Aufgrund der Messeausfälle überlegen wir uns derzeit, wie wir unsere Zielgruppe auf anderen Wegen erreichen. Für die Zeit nach der Krise hoffe ich, dass wir einiges aus dieser Situation mitnehmen. Ein freundlicherer Umgang miteinander, gegenseitig mehr Respekt und weniger Stress sind nur drei von vielen Veränderungen, welche mir in den letzten Wochen positiv aufgefallen sind. Wir sind gerade dabei, unsere Prozesse zu überdenken. Diese Zeit haben wir uns bis jetzt nicht genommen. So wie wir vor Weihnachten aufgehört hatten, haben wir im neuen Jahr wieder begonnen. Zumindest in dieser Hinsicht dürfte die Krise zu einem Umdenken führen." (rw)

Jeannette Gröters, Geschäftsführerin der Kunstwerkstätte Gerhard Gröters, Aschaffenburg: 
"Wir sind bislang mit unseren 25 Mitarbeitern gut beschäftigt und arbeiten normal, natürlich mit 1,5m Abstand zueinander sowie strenger Routine, was die Hygiene betrifft. Im Vergleich zum Vorjahr haben wir aktuell weniger Aufträge, es ist als wären wir noch im Wintermodus. Unser Vorteil ist, dass wir zu Jahresbeginn sämtliche Rohstoffe nachgefüllt haben, weshalb wir keine Lieferengpässe fürchten müssen. Ich denke, dass unsere Kunden und damit auch wir weniger hart betroffen sind als viele Unternehmen in anderen Branchen. Letztendlich 'leben' wir vom Tod, und so sehen das die Grabsteinmetze auch. Erst einmal wird vielleicht kundenseitig einiges aufgeschoben, hauptsächlich, was die Grabmale für Erdbestattungen betrifft. Bei Urnenbeisetzungen haben es die Hinterbliebenen andererseits oft eilig mit der Beschriftung von z.B. Urnenplatten. Insgesamt hoffe ich darauf, dass die Krise die Leute dazu bringt, darüber nachzudenken, was wirklich wichtig ist im Leben. Wir hatten uns zu sehr zur Spaß- und Freizeitgesellschaft entwickelt. Jetzt haben wir die Chance, uns auf andere Werte zu besinnen. Die Menschen werden hoffentlich wieder etwas 'geerdeter'." (hol)


In Naturstein 5/2020 geben wir außerdem einen Überblick über die Auswirkungen der Coronakrise in Deutschland und die Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung. Wie es Italien geht, schildert unsere Korrespondentin Alexandra Becker. Themenschwerpunkt der Mai-Ausgabe ist "Bauen mit Naturstein". Bis September verlängert wurde in London die derzeit geschlossene Ausstellung "The New Stone Age", die Naturstein als nachhaltiges und vielseitiges Baumaterial zelebriert. Verwirklicht wurde sie von Architekt Amin Taha, Ingenieur Steve Webb und Steinmetzmeister Pierre Bidaud. Die Wiederentdeckung von Naturstein als nachhaltiges Baumaterial in großem Stil ist sicher noch Zukunftsmusik, aber keine Utopie. Das Heft erscheint am 4. Mai 2020.

(veröffentlicht am 1. Mai 2020)