Schweiz: Zähes Ringen um einen Schulstandort

Mit einem Cartoon drückt der VSBS gegenüber Bund und Kantonen seine Bedenken gegen den Schulstandort Dagmersellen aus. (Cartoon: Carlo Schneider)

Die Schweizer Natursteinverbände ringen um einen gemeinsamen Schulstandort. Zur Debatte stehen die bisherigen Standorte in St. Gallen, Bern und Dagmersellen. Während der Natursteinverband Schweiz (NVS) und der Steinmetzverband Nordwestschweiz (SVN) den Schulstandort Dagmersellen favorisieren, möchte der Verband Schweizer Bildhauer- und Steinmetzmeister (VSBS) die Standorte in Bern und St. Gallen behalten. Die Schweizerische Bildungsämter-Konferenz (SBBK) hat am 10. Juni 2020 jedoch entschieden, dass nur einer der Standorte bestehen bleiben kann.

Die Entscheidung fällt im Rahmen der Totalrevision des Berufsbildes, die sich seit mehreren Jahren hinzieht. Grund der Ausbildungsreform sind die rückläufigen Lehrlingszahlen und der damit verbundene Kostendruck auf Bund und Kantone. Um dem Wunsch des Bundes nach einem Ansprechpartner nachzukommen, gründeten die mit der Association Romande des Métiers de la Pierre (ARMP) insgesamt vier Verbände der Schweizer Natursteinbranche den Verein Bildung Naturstein (VBN). Ihm obliegt nun die Entscheidung, an welcher Schule die Auszubildenden zukünftig unterrichtet werden sollen, sei es im Block- oder Tagesunterricht. Wegen der Vielfältigkeit der Natursteinbranche ist es jedoch schwierig, die unterschiedlichen Interessen der einzelnen Verbände unter einen Hut zu bringen. Immerhin einigten sie sich nach schwierigen Verhandlungen auf den neuen Beruf „Steinmetz*in“ mit vier Fachrichtungen. Er entspricht weitgehend den bisherigen Berufen Steinbildhauer*in, Steinmetz*in, Steinwerker*in und Marmorist*in. Die Lehrzeit beträgt für alle vier Fachrichtungen vier Jahre. In den ersten beiden Jahren werden alle Fachrichtungen unterrichtet. Im dritten und vierten Lehrjahr lernen die Auszubildenden die von ihnen gewählte Fachrichtung. 

Zwei Schulen müssen schließen
Bleibt der Streit um den Schulstandort. Während in der französischsprachigen Romandie auch in Zukunft Schülerinnen und Schüler am Standort Morges in der Fachrichtung Marmorist*in unterrichtet werden, fallen in der Deutschschweiz zwei von drei Standorte weg. In Dagmersellen im Kanton Luzern werden aktuell 13 Steinwerker und Steinwerkerinnen beschult. In St. Gallen gehen zwölf Steinbildhauer und Steinbildhauerinnen sowie 16 Steinmetzen und Steinmetzinnen zur Schule. In Bern sind es zehn Steinbildhauer und Steinbildhauerinnen sowie zwölf Steinmetzen und Steinmetzinnen.
Auf der Vorstandssitzung des VBN vom 21. Januar 2020 wurde noch mit großer Mehrheit die Erhaltung der Standorte Bern und St. Gallen empfohlen. Für die Entscheidung der Schweizerischen Bildungsämter-Konferenz wurden jedoch zwei Dossiers eingereicht. Eines vom VSBS mit der Empfehlung für Bern und St. Gallen und eines von den Vertretern des NVS und SVN mit der Empfehlung für den Standort Dagmersellen als zentralen Schulstandort für die drei Deutschschweizer Fachrichtungen. Der VSBS vertritt 90 Steinmetz- und Steinbildhauerbetriebe, der NVS rund 60 Betriebe und der SVN 28 Betriebe. Die SBBK hat sich jedoch für keine der Empfehlungen entschieden und den Ball an den VBN zurückgegeben, mit der Maßgabe, sich für einen Standort zu entscheiden. 

(23.06.2020/ck)

Autor/in: Christiane Weishaupt