Peter Völkle über sein Buch "Steinbearbeitung im Mittelalter"

Autor Peter Völkle, Steinmetz- und Steinbildhauermeister sowie Betriebsleiter am Berner Münster (Foto: privat)

"Werkplanung und Steinbearbeitung im Mittelalter" beschäftigt sich mit den Grundlagen der handwerklichen Arbeitstechniken im mittleren Europa von 1000 bis 1500.

Das neue Buch von Steinmetz- und Steinbildhauermeis­ter Peter Völkle "Werkplanung und Steinbearbeitung im Mittelalter" beschäftigt sich mit den Grundlagen der handwerklichen Arbeitstechniken im mittleren Europa von 1000 bis 1500. Es ist im Naturstein-Webshop in der Rubrik "Bücher/Praxiswissen" für 78 € erhältlich. 


Naturstein: Herr Völkle, seit wann befassen Sie sich intensiv mit mittelalterlichen Steinbearbeitungstechniken, und wie kamen Sie darauf, dazu ein Buch zu schreiben?
Peter Völkle:
Mein Interesse an mit­telalterlicher Steinbearbeitung entwi­ckelte sich schon vor fast 25 Jahren im Rahmen meiner Arbeit in der Ulmer Münsterbauhütte. Bei der Steinrestaurierung am Münster stieß ich auf vielfältigs­te Spuren, die sich hier besonders durch das Nebeneinander von mittelalterlichen Bauteilen und Neuanfertigungen des 19. Jahrhunderts zeigen. Diese zu erkennen und die Unterschiede zu verstehen, weckte meine Neugier.

Darüber hinaus begann ich durch die Beschäftigung mit dem Standardwerk "Die Steinbearbeitung" des ehemaligen Münsterbaumeis­ters Karl Friederich aus den 1930er Jahren, Steinoberflächen systematisch zu beobachten. Im Laufe der Jahre sammelte sich dann immer mehr Material an, wie z.B. Fotos von Steinoberflächen, historische Abbildungen oder Erkenntnisse zu unterschiedlichsten Werkzeugen. Und in Gesprächen mit vielen Fachkollegen spürte ich das große Interesse an dieser Thematik. So entstand die Idee zum Buch.
 
In welcher Weise hat die Beschäftigung mit diesem Thema Sie in Ihrer Berufspraxis bereichert?
Durch die systematische Betrachtung und Erfassung von Oberflächen in meinem beruflichen Alltag erhielt ich nicht nur Erkenntnisse über Bearbeitungswerkzeuge und ihre Spuren, sondern auch viele weitere Informationen in Form von Ritzlinien aus Konstruktionsvorgängen, Versetz- oder Steinmetzzeichen, Steinarten, Spuren der Versetzarbeit wie etwa Zangenlöcher, Fu­genmaterialien, Farb­res­ten u.v.m. Diese Vielfalt führte bei mir schon früh zur Erkenntnis, wie wichtig es ist, originale Oberflächen zu erhalten. Denn nur sie können uns ihre jahrhundertelangen Geschichten mit ihren Einflüssen und Veränderungen erzählen, die ihren individuellen Wert ausmachen. Das alles verändert natürlich auch den Blick auf ein Bauwerk.
 
Warum ist das Buch für Steinmetze lesenswert?
Die meisten Steinmetze interessieren sich für die Geschichte und Entwicklung mit­telalterlicher Steinbauten und haben deshalb so manche Frage zu damaligen Werkzeugen und Techniken. Wie hängen etwa Werkzeuge, Arbeitshaltung und die daraus resultierenden Spuren zusammen? Wie funktioniert eine mittelalterliche Bohrmaschine? Wie stellt man einen his­torischen Klebstoff für Vierungen her? In meinem Buch finden sich die Antworten.
 
Für welche Fachleute anderer Berufsgruppen ist die Materie außerdem interessant?
Grundsätzlich für jeden, der sich mit Steinbauten beschäftigt: Restauratoren, Denkmalpfleger, Kunsthistoriker, Bauforscher und Architekten. Durch das Kapitel zur Werkplanung, das die handwerkli­chen Grundlagen rund um das Zeichnen der mittelalterlichen Werk­risse beschreibt, kommen weitere Aspek­te hinzu, die das Thema auf eine noch breitere Basis stellen.       

Werkplanung und Steinbearbeitung im Mittelalter, Grundlagen der handwerklichen Arbeitstechniken im mittleren Europa von 1000 bis 1500; Peter Völkle; Ebner Verlag, Ulm;
1. Auflage 2016; Hardcover, 180 Seiten, DIN A4, 78 €, ISBN 978-3-87188-258-6
Nachtrag: Das Buch ist mittlerweile in der 2. unveränderten Auflage erschienen, gleiche ISBN, gleicher Preis (März 2017).

Zum Autor

Peter Völkle, 1965 im Südschwarzwald geboren, verbrachte den Großteil seiner Schulzeit in Basel und machte in einem kleinen Bildhauerbetrieb in Freiburg i. Br. eine Ausbildung zum Steinmetz- und Steinbildhauer. 1992 kam er in die Münsterbauhütte Ulm, absolvierte berufsbegleitend die Meisterprüfung und war dort von 1998 bis 2006 Hüttenmeister. Seit 2006 ist er Betriebsleiter der Münsterbauhütte in Bern, wo man großen Wert auf den Einsatz vielseitiger Restaurierungsmethoden legt, die das ganze Spektrum zeitgemäßer Techniken umfassen.

Weitere Infos zum Buch finden Sie hier.

 

(Erschienen am 29.08.2016)

 

 

Autor/in: Interview: Bärbel Holländer