Peter Parler-Preis 2015 vergeben

Sieger und Jurymitglieder bei der Peter Parler-Preisverleihung auf der STone+tec.

August Weber und Helmut Schneider, Mitte, nehmen ihre Urkunde für die Instandsetzungsarbeiten an der St. Georgskirche in Ulm entgegen. Sie erhielten für ihre Arbeit den ersten Preis.

Der Sonderpreis für Dombauhütten wurde für die Rekonstruktion des Wimpergs ner dem Westportal der Fürstenkapelle des Meißener Doms vergeben.

Erfreulich hohe Qualität – so bewertete die Jury die Einreichungen im Wettbewerb um den Peter Parler-Preis 2015. Vier Geldpreise gab es. Verliehen wurden sie am 14. Mai auf der Stone+tec. Auslober des Preises sind die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und der Bundesverband Deutscher Steinmetze (BIV). Vergeben wird er alle zwei Jahre für besondere Leistungen des Steinmetzhandwerks im Bereich der Restaurierung und Denkmalpflege. "Das Gewerk, das die Arbeiten ursprünglich ausgeführt hat, soll diese auch restaurieren", so der 2012 verstorbene Mitbegründer des Peter Parler-Preises, Prof. Dr. Gottfried Kiesow von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, die jeweils 15.000 € für den Peter Parler-Preis zur Verfügung stellt.

Und die Sieger sind ...
Die Jury hat im Bereich "Restaurierung, Konservierung" einen ersten Preis sowie drei zweite Preise für kreative bildhauerische Arbeiten vergeben. Erstplatziert wurde die Firma Weber Naturstein aus Erbach (Geschäftsführer August Weber, Bauleiter: Helmut Schneider) für die Instandsetzungsarbeiten an St. Georg in Ulm. Zweite Preise erhalten Ulrich Schulz von der Firma Sauer aus Budenheim für die spiegelbildliche Kopie des Löwen vom Raimunditor in Mainz, Bildhauer Martin Roedel vom Bildhaueratelier Roedel in Halle für seine Reliefs an Arkaden auf dem Stadtgottesacker Halle sowie Bildhauer Magnus Kleine-Tebbe für seine Heiligenskulpturen für den Turm der Stadtkirche St. Martinus in Nottuln.

Mit dem Sonderpreis für Dombauhütten und gleichzeitig dem Peter Parler-Persönlichkeitspreis geehrt wird Dipl.-Arch. Günter Donath als Dombaumeister zu Meißen für die Leitung der Rekonstruktion des Wimpergs über dem Westportal der Fürstenkapelle des Meißner Doms. Lobend erwähnt werden die Restaurierung der Maßwerkfenster Joch 5/20 an der Kirche St. Georg in Nördlingen, eingereicht durch Ulrich Kling von der Steinmetzwerkstatt Kling aus Nördlingen, sowie die vom Verein zur Erhaltung des Xantener Doms eingereichte Rekonstruktion der Figurengruppe der Ölbergstation am St.Viktor Dom zu Xanten.

Zur von Ulrich Ellwart von der Firma Steinrestaurierung Ellwart aus Berlin eingereichten "Konservatorischen Restaurierung einer kriegsbeschädigten Sandsteinfassade der Humboldt-Universität zu Berlin" nahm Prof. Dr. Rolf Snethlage im Rahmen der Preisverleihung Stellung.

1. Preis (Weber Naturstein): Instandsetzungsarbeiten an der Garnisonskirche St. Georg in Ulm
Die Garnisonskirche St. Georg in Ulm ist ein Beispiel für eine gelungene Instandsetzung einer Natursteinfassade unter schwierigen Ausgangsbedingungen. So wurde ein wesentlicher Teil der Vorplanung durch den Steinmetzbetrieb Weber Naturstein selbst ausgeführt. Die Bauaufnahme der Fassade bewältigte Steinmetzmeister Helmut Schneider von Hand in sehr hoher Genauigkeit und in Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde. Damit war der Grundstein gelegt für die sehr schönen Steinmetzarbeiten an den Maßwerken im Umgang mit den Materialien Elsässer Sandstein und Ettringer Tuff, aus denen die entsprechenden Originalteile hergestellt waren.

Als weiteres Highlight wurden gerissene Maßwerksprossen aus Betonwerkstein auf technisch bestechende Art und Weise und in hervorragender Qualität wieder aus Betonwerkstein hergestellt. Neben diesen Themen wurde auch intensiv über die Konservierung von Metallkonstruktionen, insbesondere Windeisen der Maßwerkfenster und Klammern, nachgedacht. Zusammen mit der Restaurierungswerkstatt des Landesdenkmalamts sowie dem Forschungsinstitut Edelmetalle und Metallchemie, Schwäbisch Gmünd, und der MPA Stuttgart wurden die Bestandseisen charakterisiert und Konservierungskonzepte erarbeitet. Für die Herstellung von Verbleiungen und Bleifugen ist ein enger Austausch mit den Münsterbauhütten in Ulm und Bern entstanden.

Die Dokumentation der durchgeführten Maßnahmen ist auf der Grundlage der Bauaufnahme in eindrucksvoller Qualität hergestellt und vermittelt sehr gut die Art und den Umfang der durchgeführten Arbeiten. Die ausgebauten Originalteile der Maßwerkfenster wurden ebenfalls vorbildlich dokumentiert und sind sicher eingelagert, bis die Kirchengemeinde eine Entscheidung über deren weiteren Verbleib getroffen hat. Fazit: Eine mit sehr viel Engagement durchgeführte Arbeit, die den Peter Parler-Preis verdient.
Architekt Peter Reiner
 
2. Preis: Spiegelbildliche Kopie des Löwen vom Raimunditor in Mainz
Das Raimunditor ist das fünfte Tor der Mainzer Rheinbefestigung, die ab 1873 unter Stadtbaumeister Eduard Kreyßig angelegt wurde. Die Pilaster des Raimunditores waren ursprünglich von zwei spiegelbildlich gleichen Löwen bekrönt. Nach teilweiser Zerstörung im 2.Weltkrieg wurde der nördliche Teil aus verkehrstechnischen Gründen abgebrochen. Beim Bau der Tiefgarage fand man einige Trümmer des Tors, jedoch keine Überreste des Löwen. So sind schriftliche und bildliche Zeugnisse die einzigen Hinweise auf das Aussehen des zweiten Löwen.

Nachdem der Torbau bereits 2011 wieder aufgebaut worden war, ermöglichten großzügige Spenden die Rekonstruktion des verloren gegangenen Löwen. Zu diesem Zweck holte die Firma Sauer, die Ende des Jahres 2013 den Auftrag erhalten hatte, den verbliebenen hessischen Löwen in die Werkstatt, um eine Vorlage für die zu schaffende Kopie direkt vor Ort zu haben. Als Material wählte man Savonnières-Kalkstein, aus dem auch der hessische Löwe besteht. Passend für den Skulpturengrundriss von 171 x 75 cm suchte man im Steinbruch einen Block im Überformat mit einer Bankhöhe von 182 cm aus. Dessen Gewicht von 4,5 t wurde bis zur Fertigstellung der Figur auf 2,7 t zurückgearbeitet.

Die seitengetreue Kopie eines Bildwerks ist seit alters eine bekannte und technisch nicht allzu anspruchsvolle Methode. Sie stellt an die Sorgfalt des Bildhauers sehr hohe, an das räumliche Vorstellungsvermögen dagegen weniger anspruchsvolle Anforderungen. Ganz anders verhält es sich bei einer spiegelbildlichen Kopie, bei deren Herstellung der Bildhauer bei jedem Punkt immer "in die andere Richtung" denken muss. Das erfordert allerhöchste Konzentration, denn nur ein einziges Mal den Stein nach links statt nach rechts abzuarbeiten, würde die ganze Arbeit zunichte machen.

Die Herstellung der spiegelbildlichen Kopie geschah für jeden Punkt durch Abgreifen mit drei Zirkeln. Jeder Zirkelschlag wurde vom Vorbild auf die Kopie übertragen. Auf dem Rohling liegen die drei Zirkelschläge zunächst noch auseinander. Nachdem ein Stück zurückgearbeitet worden ist, werden die drei Zirkelschläge wiederholt. Die Linien liegen dann schon näher beieinander. Dieser Vorgang wird so oft wiederholt, bis sich die drei Zirkelschläge in einem Punkt schneiden. Dann ist der Punkt vom Vorbild exakt auf die Kopie übertragen. Bildhauer Hynek Chalupa legte neun Hauptpunkte, 160 Hauptmittelpunkte und 2.400 Einzelpunkte auf den Löwen an, von denen jeder einzeln mit den Zirkeln abgegriffen und übertragen wurde. Für die Fertigstellung benötigte er 800 Stunden.

Allerhöchstes Fingerspitzengefühl erforderten die delikat gestalteten Locken der Löwenmähne. Auch das Muskelspiel an den Hinterläufen ist anatomisch detailliert nachgezeichnet. Bedenkt man, dass bei dieser Arbeit mit ständig höchster Konzentration die Schlagrichtung kontrolliert werden muss, ferner, dass beim Blick auf das Original in das Spiegelbild zurückgedacht werden muss, dann er-fasst man einigermaßen die außerordentlich große Leistung, die hier bildhauerisch und mental vollbracht worden ist.

Am 28. Januar wurde der in der Werkstatt der Firma Sauer neu geschaffene Löwe mit dem Mainzer Wappen auf den nördlichen Sockel des Raimunditores gehoben. Gleichzeitig kehrte der Löwe mit dem Wappen des Großherzogtums Hessen-Darmstadt auf seinen angestammten Platz zurück.
Prof. Dr. Rolf Snethlage
 
2. Preis: Die neuen Heiligen für den Turm von St. Martin in Nottuln
Bei der Außensanierung von St. Martin in Nottuln beschlossen die Verantwortlichen mit großer ideeller und finanzieller Unterstützung der Bürger, für den gotischen Abschnitt des Turms neue Heiligenfiguren in Auftrag zu geben, da es keine verwertbaren Reste der Originalfiguren und keine Unterlagen zu ihnen gab. Die ursprünglichen Heiligen Martinus, Ludgerus, Maria und Mutter Anna waren aus Baumberger Sandstein gearbeitet gewesen, welcher durch seine kalkige Bindung eine schlechte Wetterbeständigkeit aufweist. Die Reste der Figuren hatte man 1964 entfernt. Geblieben waren die Konsolen und Baldachine.

Magnus Kleine-Tebbe erhielt den Auftrag, im Einklang mit der Würde des Bauwerks in einer eigenständigen, originellen Formensprache neue Skulpturen der mit der Geschichte Nottulns verbundenen Heiligen Maria, Heriburg, Martinus und Antonius zu schaffen. Mit seinen gotisch bis frühbarock inspirierten Arbeiten fand er einen Weg, den Turm von St. Martin in einer Weise wieder zu vervollständigen, die dem Bauwerk entspricht. Die Skulpturen sind aus Obernkirchener Sandstein, der dem Baumberger Sandstein optisch ähnelt, aber wesentlich beständiger ist.

Besonders zu beachtende Aspekte der Gestaltung waren Fernwirkung und Untersicht. Die eigenständigen, ausdrucksvollen Gestaltungen fügen sich ein und überraschen zum Teil mit einem modernen, expressiven Oberflächenduktus. Bemerkenswert ist die beispielhafte Zuordnung der gestalterischen Mittel zu den Charakteren. Die Formensprache Magnus Kleine-Tebbes machen die Inhalte klar ablesbar und erzeugen die notwendige Intensität von Plastizität und Kontrast zwischen den Konsolen und Baldachinen am gotischen Turm-geschoss. Dabei ist es die Balance von Gestaltungslust bis ins Detail und Demut im Ganzen, welche die Nottulner Heiligen trotz unterschiedlicher Ausstrahlung zu einem Ganzen macht.
Markus Traub, Dipl. Bildhauer/Restaurator
 
2. Preis: Zeitgenössische Reliefs für den Stadtgottesacker Halle
Der Stadtgottesacker in Halle (Saale) ist eine Camposanto-Anlage, die ab 1557 nach italienischem Vorbild und den Entwürfen des Stadtbaumeisters und Steinmetzen Nickel Hoffmann in über 30-jähriger Bauzeit errichtet wurde. 94 Schwibbögen bilden nach innen geöffnete Arkaden. Die Einzelgrüfte sind durch Mauern kapellenartig voneinander getrennt.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Anlage durch Bomben schwer beschädigt. Dabei gingen etwa 20 % der Gruftbögen teilweise bis vollständig verloren. Die folgenden Jahrzehnte waren durch zunehmenden Verfall der übrigen Anlage gekennzeichnet. Nach der Gründung einer Bürgerinitiative 1985 und der "Stiftung Stadtgottesacker" begann man mit der Sanierung der denkmalgeschützten Anlage (Naturstein 3/2009, S. 42). Großzügige Privatspenden erlaubten eine weitgehend originalgetreue Rekonstruktion des Komplexes. Hingegen konnten dabei nur jene Reliefs der Anlage ersetzt werden, für welche noch Vorlagen vorhanden waren. Beinahe zwei Dutzend der Renaissance-Reliefs wiesen keine Vorlagen mehr auf. Der "Stadtgottesacker" e.V. setzte sich daher zum Ziel, an deren Stelle zeitgenössische Reliefgestaltungen einzusetzen. Dabei wurde eine intensive Zusammenarbeit mit der Denkmalschutzbehörde gepflegt. Diese Herangehensweise ist in Deutschland bislang einzigartig.

Zu den Bildhauern auf dem Stadtgottesacker gehört seit einiger Zeit der Bildhauer Martin Roedel. Seine Reliefgestaltung weist eine hohe Sensibilität für die gestalterische Diversität der originalen Umgebung auf. Mit Detailliebe und großer Formdisziplin schuf er Reliefs, die sich in ihrer Leichtigkeit und ihrer formalen Qualität in bemerkenswerter Weise in die Architektur einfügen. Die Kenntlichkeit der Originale blieb so gewahrt, ohne sie durch eine sich als Fremdkörper emanzipierende Gestaltung zu stören. Er erweitert auf diese Weise die Diskussion über zukünftige denkmalpflegerische Aufgaben mit einem sehr überzeugenden Beitrag. Aus unserer Sicht hat sogar eine positive Weiterentwicklung der plastischen Gestaltung im Vergleich zu vorangegangenen Ansätzen stattgefunden.
Christof Traub, Dipl. Bildhauer/Restaurator
 
Sonderpreis für Dombauhütten: Rekonstruktion des Wimpergs über dem Westportal der Fürstenkapelle des Meißner Doms
Die aufwändige Wimpergbekrönung über dem zum Burgplatz gewandten Westportal war 1865 in Anlehnung an eine im 17. Jahrhundert verlorene Bauform aus der Parlerzeit entstanden. Doch bereits 1910 wurde der neogotische Wimperg aufgrund heute schwer nachvollziehbarer ästhetischer Aversionen wieder entfernt und durch eine schlichte Wand mit Pultdach ersetzt. Diese Zwischenlösung war feuchtetechnisch und ästhetisch unbefriedigend. Eine völlig ungeregelte Wasserableitung führte zu massiven Feuchteschäden im Bereich des Westportals. Statt die ästhetisch unbefriedigende Bauform von 1910 technisch zu ertüchtigen, beschloss das Hochstift, die Veränderung von 1910 rückgängig zu machen und den einstigen neogotischen Wimperg mit besserer Wasserableitung zu rekonstruieren. Messbildaufnahmen einschließlich Umzeichnungen von 1898 sowie einige als Abguss erhaltene Fragmente des Wimpergs und bauarchäologische Erkenntnisse boten eine ausreichende Grundlage.

Die konkrete Bauplanung unter Leitung von Dombaumeister Günter Donath er-forderte ein hohes Maß an steintechnischem Wissen und Erfahrung. Ausgehend von den historischen Messbildaufnahmen und den Befunden musste die 1:1-Planung immer wieder korrigiert werden, bis eine endgültige Zeichnung für jeden zu rekonstruierenden Werkstein vorlag.

So ungewöhnlich wie die Bauaufgabe war auch die Art und Weise ihrer Realisierung. Die Meißner Dombauhütte, ein gemeinnütziger Verein mit nur wenigen Steinbearbeitern, war allein nicht in der Lage die umfangreichen Arbeiten in der fördertechnisch gegebenen Frist zu bewerkstelligen. Über die Steinmetzschule in Demitz-Thumitz wurden fünf Werksteine des Wimpergs als Gesellenstücke und ein besonders kompliziertes Teil als Meisterstück vergeben.

Im symbolischen Sinne einer Wiederbelebung der historischen Verbindung zur Dombauhütte in Prag gelang es sogar, dass auch die tschechische Bildhauerschule in Horice einen großen Werkstein als Gesellenstück fertigte. Die Meißner Dombauhütte selbst bearbeitete rund 45 % der Werksteine. Neben den Gipsmodellen oblag ihr darüber hinaus die komplizierte Logistik der Werksteinbereitstellung für die verschiedenen Partner und das Steinversetzen.

Um den Platz für den Wimperg zu schaffen, musste die vorgesetzte Wand von 1910 nahezu komplett zurück gearbeitet und geglättet werden. Nur eine dünne Schicht der vorgesetzten Wand verblieb als Dokument und Schutz der dahinterliegenden älteren Substanz. Der neu aufgesetzte Wimperg aus Elbsandstein ist handwerklich überzeugend gearbeitet. Trotz der vielen beteiligten Steinmetze sind unterschiedliche Handschriften der Bearbeitung nicht erkennbar. Die Rekonstruktion ordnet sich als korrigierende Stilanpassung in den Baukörper ein und wertet dessen westliche Fassade ästhetisch auf. Gleichzeitig wurde eine Wasserableitung geschaffen, die eine künftige Durchfeuchtung des Mauerwerks verhindert.

Für die Jury des Peter Parler-Preises lag das Außergewöhnliche der Bewerbung darin, dass es sich hier um eine Gemeinschaftsleistung handelt. Sieben junge Steinmetzen aus unterschiedlichen Firmen durften an dem Wimperg ihr Können unter Beweis stellen. Sie erhielten die Chance, sich an einem hochrangigen Denkmal verantwortungsvoll zu engagieren und lernten, sich den Qualitätsansprüchen und den zeitlich logistischen Zwängen unterzuordnen. Das in allen Phasen wissenschaftlich und denkmalpflegerisch begleitete Vorhaben des Meißner Hochstifts beförderte neben dem Steinmetzhandwerk zugleich die Zusammenarbeit und Traditionspflege der Bauhütten durch die Beratung mit anderen Dombaumeistern und durch die direkte Zusammenarbeit mit der Prager Dombauhütte, die an einem Peter Parler-Bau tätig ist. Die Art und Weise der Projektrealisierung ist der Idee und dem Willen des Hochstifts Meißen zu danken – allen voran dem Dombaumeister Günter Donath, der für die Planung und Ausführung verantwortlich zeichnete.
Dr. Arndt Kiesewetter
 
Belobigungen
Lobend erwähnt werden die Restaurierung der Maßwerkfenster Joch 5/20 an der Kirche St. Georg in Nördlingen, eingereicht durch Ulrich Kling von der Steinmetzwerkstatt Kling aus Nördlingen, und die vom Verein zur Erhaltung des Xantener Doms ausgeführte Rekonstruktion der Figurengruppe der Ölbergstation am St. Viktor Dom zu Xanten.

Die spätgotische Kirche St. Georg ist mit ihrem Turm "Daniel" das Wahrzeichen von Nördlingen. 24 kunstvoll gegliederte Maßwerkfenster belichten den Innenraum. Die Steinmetzwerkstatt Kling erhielt den Auftrag, die Maßwerkfenster im Joch 5/20 zu restaurieren. Dazu war es erforderlich, das Maßwerk auf eine innen wie außen am Mauerwerk angebrachte Konstruktion umzulasten, um Arbeiten an den Sprossen ausführen zu können. Nach einer schonenden Reinigung wurden Altergänzungen aus Zementmörtel entfernt. Aufgeschuppte Schadstellen und grobe Fehlstellen wurden rein mineralisch mit Steinmehl und Syton X 30 angeböscht, gekittet und angetragen, konstruktive Risse bis in die Tiefe verfüllt. Die Restauratoren festigten die Steinsubstanz mit einem auf das Steinmaterial eingestellten Kieselsäureesther. Unter Berücksichtigung der Vorgabe des Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, die Originalsubstanz maximal zu erhalten, arbeiteten sie bei großen Schadensbereichen Teilerneuerungen nach historischem Vorbild, welche sehr gut an die bestehenden Werkstücke angepasst und mit ihnen verbunden sind. Die gereinigte und restaurierte Verglasung wurde neu eingesetzt und mit kälberhaarbewehrtem Mörtel eingefugt.

Den Restauratoren gelang es auch, das Stabwerk durch Verlängerung der Windeisen in die Leibung statisch zu sichern. Die Steinsprossen wurden dafür provisorisch durch eine innen wie außen an das Mauerwerk angebrachte Konstruktion gesichert. Die originalen Windeisen wurden mit geschmiedeten Flacheisen verlängert, über Bohrungen mit Schrauben und Muttern an die Originale angeflanscht und in die Leibungen eingebleit. Der restauratorische Umgang der Steinmetzwerkstatt Kling mit der originalen Bausubstanz ist in besonderem Maße lobenswert!
Architekt Peter Reiner
 
Die Stationsgruppe Ölberg in Xanten aus Baumberger Sandstein entstand 1525–36 im Auftrag des Kanonikers Gerhard Berendonk als Teil eines Kreuzwegs. 1945 wurde sie durch einen Luftangriff teilweise zerstört. In einem Lapidarium blieben 26 Originalfragmente verschiedener Größen und Erhaltungszustände erhalten. 2011 kam es zur Gründung einer Stiftung zur Finanzierung der Rekonstruktion der Ölbergstation. 2012 wurden die Fragmente gesichtet und in die Dombauhütte gebracht, wo ein tragfähiges Restaurierungskonzept entwickelt wurde. 2014 war der Aufbau der Fragmente im historischen Kontext der Figurengruppe weitgehend abgeschlossen. Die Grundlage bildete eine Bilddokumentation, welche einige Jahre vor Kriegs¬beginn vorgenommen worden war.

Die Restauratoren folgten dem Konzept der archäologischen Rekonstruktion. Die Ablesbarkeit originaler sowie ergänzter Partien wurde ebenso vorbildlich in der Technik wie in der bildnerischen Ausführung sichergestellt. Die Oberflächen der Originalfragmente finden sich deutlich dargestellt, gleichermaßen die der großvolumigen Ergänzungen aus Baumberger Sandstein und der in der Übergangszone zwischen beiden eingesetzten Ergänzungsmörtel. An den Bruchkanten der Originalteile wurde aus Kalkmörtel zunächst eine die Montage an die Ergänzungen unterstützende Geometrie angebracht. Erst hierauf folgte der Einsatz von Klebemitteln, sodass eine vollständige Reversibilität aller Maßnahmen gegeben ist. Auf eine farbliche Reinte¬gration wurde verzichtet.

Speziell in Modellierung und Ausführung der Details im Bereich der Physiognomien bewies der mit dieser Aufgabe betraute Bildhauer der Dombauhütte Xanten, Viktor Müller, bemerkenswerte Sensibilität. Die Xantener Dombauhütte ist ein kleiner Betrieb, der seine Aufgabe größtenteils in der Konservierung sieht. Das Engagement, die Ernsthaftigkeit, wohl aber auch der Mut, welche die Dombauhütte Xanten bei solch einem Projekt im Kontext des Diskurses des durchaus sensiblen Themenbereichs "Rekonstruktion" zeigt, verdient lobende Erwähnung.
Christof Traub, Dipl. Bildhauer/Restaurator
 
Stellungnahme zur konservatorischen Restaurierung einer kriegsbeschädigten Sandsteinfassade in Berlin
Im April 1945 toben im Zentrum Berlins heftige Kämpfe zwischen deutschen Verbänden und der vordringenden Roten Armee. Projektile zerschellen an Mauern, Granatsplitter reißen Löcher in die Fassaden. Die Spuren sind bis heute zu sehen. Am Anfang des Projekts steht die Frage: "Wie soll mit einer erodierenden, historischen Sandsteinfassade umgegangen werden, bei der die Oberflächen durch Projektil- und Splittereinschläge großflächig zerstört sind, deren Denkmalstatus sich unter anderem jedoch aus genau diesem Zustand begründet? Kann (...) eine dem Denkmal angemessene Fassadenreparatur realisiert werden, ohne den Alterswert des Bauwerks zu negieren und ohne die geschichtlichen Spuren der Kriegsbeschädigungen zu verfälschen oder gar zu beseitigen?" (wörtliches Zitat aus den Bewerbungsunterlagen).

Die Humboldt-Universität als Bauherr, das Landesdenkmalamt Berlin, die Architekten Focks, die Fachplanung Grell und die ausführenden Steinrestauratoren Ellwart haben sich nach eingehenden Dis-kussionen für eine zurückhaltende und behutsame Restaurierung der Fassade mit Vierungen entschlossen, welche die Wunden des Krieges an allen Teilen, die ersetzt oder ergänzt werden mussten, immer noch deutlich sichtbar zur Schau stellt. Ihr Konzept legt die Zeitschichten offen, die auf das Gebäude gewirkt haben, und würdigt das Gebäude als eines mit einem einzigartigen historischen Wert im Sinne von Riegls Denkmalwerten. Das Vorhaben erhielt deshalb auch im Dezember 2014 eine Anerkennung beim Wettbewerb "Respekt und Perspektive – Bauen im Bestand" der Deutschen Bauzeitung.  

So überzeugend das Konzept, die Wunden des Krieges gerade in Berlin-Mitte zu zeigen, auch in weiten Fassadenbereichen gelungen ist, so werfen einige Details, die in langen Diskussionen zwischen Eigentümer, Architekt, Restaurator und besonders dem Denkmalamt als Kompromiss erzielt wurden, doch kritische Fragen auf. Einfach zu lösen war der Umgang mit den kleineren Einschlaglöchern, die man ohne Nachfolgeschäden befürchten zu müssen, getrost so belassen konnte, wie sie sind. Doch wie geht man mit den größeren Fehlstellen um, die wirkungsvoll instand gesetzt werden müssen, um die geordnete Wasserführung wieder herzustellen oder die statische Sicherheit zu gewährleisten?

Man hat in diesen Fällen auf die Verwendung von Restauriermörteln verzichtet und sich für die Einfügung von Natursteinvierungen entschieden. Das verspricht Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit. Aber zahlreiche Natursteinvierungen wurden so ausgeführt, dass ihre Oberflächen tiefer liegen als die originale Fassadenoberfläche – eine Vorgehensweise, die man üblicherweise tunlichst vermeidet. Geschah dies, um zu zeigen, dass hier Einschusslöcher waren, oder sollten die neuen Teile lediglich optisch hinter die Originalflächen zurücktreten? Dem Verfasser vermittelt sich eher der Eindruck, dass diese "Einsparungen" vielleicht Ausdruck eines neuen Manierismus in der Restaurierung sind.
Originale Oberfläche hat zweifelsohne denkmalpflegerischen Wert. Doch sollte man eine durch Splitterwirkung entstandene, im Steinquader liegende, zufällige Oberflächenform als Originalsubstanz werten und erhalten, wenn sie durch eine neue Vierung verdeckt wird? Soll eine solche Oberfläche sozusagen im Verborgenen konserviert werden, um sie möglicherweise in ferner Zukunft wieder freilegen zu können? An der Fassade Dorotheenstraße ist diese Frage offenbar in einigen Fällen bejaht und in die Tat umgesetzt worden. Die Oberflächen in den Fehlstellen wurden gewissenhaft abgeformt, die Innenseiten der Vierungen aus Naturstein mit Punktiertechnik genau nachgebildet und dann die fertige Vierung wie ein zahntechnisches Inlay eingepasst.

In der Gesamtbewertung des Konzepts bleibt ein zwiespältiges Gefühl zurück. Anerkennenswert ist das Bemühen, Kriegsschäden als Dokumente der schlimmsten Berliner Geschichte zu erhalten. Aber ist es gerechtfertigt, unsichtbare Dokumente unter der Oberfläche zu konservieren, wozu zufällig entstandene Oberflächenformen formgetreu punktiert werden mussten? Ist eine unsichtbare Oberfläche historische Substanz mit Denkmalwert?

Maßnahmenentscheidungen stellen fast immer einen Kompromiss zwischen den Beteiligten dar. Die Verantwortlichen dafür sind aber am wenigsten die Ausführenden selbst. Die hier geäußerte Kritik wendet sich deshalb an diejenigen, welche die entscheidenden Argumente für das Maßnahmenkonzept vertreten haben. Der Leser, der sich jetzt auf den Weg nach Berlin macht, möge bei Dorotheenstraße 1 an die hier aufgeworfenen Fragen denken, die Fassade auf sich wirken lassen und dann selbst zu einer Antwort finden.
Prof. Dr. Rolf Snethlage

(Erschienen am 15.05.2015)

Autorin: Susanne Storath