"Perle der Steinmetzkunst" feiert doppeltes Jubiläum

Die 550 Jahre bestehende Ritterkapelle zählt zu den bedeutendsten spätgotischen Baudenkmälern Unterfrankens. (Fotos: Sabine Meißner)

Aufstrebende Fenster mit unterschiedlichen Maßwerken prägen die "Perle der Steinmetzkunst".

Auf dem Friedhof neben der Ritterkapelle in Haßfurt erinnert das Grabmal des Baumeisters und Architekten Carl Alexander Heideloff an dessen Wirken.

Die unterfränkische Kreisstadt Haßfurt feiert das 550-jährige Jubiläum ihres steinernen Wahrzeichens, der Ritterkapelle. Das Ereignis wird mit Veranstaltungen gewürdigt, die den 150. Todestag des in Haßfurt gestorbenen Restaurators Carl Alexander Heideloff einbeziehen. Heideloff verlieh dem sakralen Bau sein heutiges Aussehen.  

Die Ritterkapelle zählt zu den bedeutendsten spätgotischen Baudenkmälern des Bistums Würzburg. Sie beherbergt umfangreiche bildhauerische Kunst und hat eine lange Tradition als Marienwallfahrtskirche. Einem spätromanischen Vorgängerbau der heutigen Kirche folgte von 1431 bis 1465 der Neubau als Marienwallfahrtskirche. Ihr jetziges Aussehen erhielt sie durch zwei tiefgreifende Umgestaltungen. 1603 - 1605 wurde das Langhaus unter Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn restauriert. Im Stil der Neugotik gestaltete der königliche Konservator Karl Alexander Heideloff das sakrale Bauwerk in den Jahren 1859 - 1960.

Heideloffs Umbau machte aus der ursprünglichen Wallfahrts- und Bruderschaftskapelle einen Kirchenbau, der sich vornehmlich am Ideal der Ritter- und Burgenromantik orientierte. Laut Haßfurter Stadtarchivar soll Heideloff gesagt haben: "Die Wappen derjenigen Adligen, die etwas zum Bau spendieren, die kommen da hin." Sponsoring, ohne das es heute oft nicht geht, gab es also schon damals. So seien die Wappen der Adelsgeschlechter Rotenhan und Gumpenberg an den Fries gelangt. Sie wurden zwischen 2006 und 2010 erneut restauriert und zieren inmitten der Castells, Hennebergs, Lichtensteins und weiterer Adliger in drei Reihen den Chor der Ritterkapelle. Diesem Wappenschmuck sowie zahlreichen Grabmalen Adliger im Inneren des Gotteshauses verdankt die Kirche ihren Namen "Ritterkapelle". 

Die Ritterkapelle ist ein Saalbau mit eingezogenem Chor und Dachreiter, einem nördlichen unvollendeten Turm und Werksteingliederungen in Sandstein. Der hohe Chorraum aus dem 15. Jahrhundert mit aufstrebenden Maßwerkfenstern, einem zierlichen Netzgewölbe und Ornamenten strahlt filigrane Durchlässigkeit der Gotik aus. Die jüngste Restaurierung  gab der Ritterkapelle wieder die hellgraue Farbfassung des 19. Jahrhunderts, so dass die bunten Wappenschilder am Außenfries besonders gut zur Geltung kommen. In einer Veröffentlichung der Diözese Würzburg wird die Ritterkapelle als "Perle der Steinmetzkunst" bezeichnet.

Carl Alexander Heideloff (1789 - 1865)
Ihre heutige Erscheinung hat die Ritterkapelle dem Restaurator Carl Alexander Heideloff zu verdanken. Der überwiegend in Nürnberg ansässige Heideloff ist noch während der Umgestaltungsarbeiten am 28. September 1865 in Haßfurt gestorben. Sein Todestag jährte sich damit 2015 zum 150. Mal. Der "Altmeister der Gotik", wie Heideloff zuweilen genannt wird, hat auf dem alten Haßfurter Friedhof ein Grabmal erhalten. Seine Schüler ließen neben der Ritterkapelle eine Gedenkstele mit Büste errichten (Tabernakel mit Büste, Wimpergen und Fialen auf Stufenunterbau, Sandstein, neugotisch, zweite Hälfte 19. Jh.).

Im fränkischen Raum zählt man Heideloff zu den Pionieren der historischen Denkmalpflege. Dazu tragen Verdienste bei, die er sich unter anderem durch Untersuchungen zur Restaurierung des Bamberger Doms in den 1830er Jahren erwarb, als König Ludwig I. von Bayern den Dom von barocken Zutaten bereinigen ließ.

Heideloff wirkte mit Auftrag der damaligen Herzöge auch im Inneren des Coburger Stadtschlosses und der Veste Coburg, jedoch ließ Herzog Ernst II. die Burganlage später wieder in den historischen Vorzustand zurückversetzen.

(20.10.2015)

Autor/in: Sabine Meißner