Monster auf Friedhöfen

Auf vielen Friedhöfen ist derzeit mehr los als sonst. Schuld ist der Hype um das Game Pokémon Go, bei dem man virtuelle Monster fangen und gegeneinander antreten lassen kann. Letzteres passiert in sog. Arenen, deren GPS-Standorte durch Algorithmen bestimmt werden und die sich auch auf Gottesäckern befinden. Seit das Spiel erschienen ist, hat es bereits auf mehreren Friedhöfen Ärger gegeben: In der schwedischen Stadt Umeå wandte sich die katholische Kirche nach Beschwerden aus der Bevölkerung an den Entwickler des Spiels. Der entfernte daraufhin eine Monster-Kampfzone, die sich auf dem örtlichen Friedhof befand.

In einem Ortsteil von Lehrte (Niedersachsen) rief ein Anwohner die Polizei, nachdem vier junge Männer abends mit dem Auto direkt an die Kapelle auf dem Friedhof gefahren waren, um Monster zu fangen. Auch in Bogen (Bayern) wurde die Polizei alarmiert, weil etwa zehn Personen auf der Suche nach Ungeheuern zwischen den Grabreihen umherstreiften. Bei den Kommunen herrscht bisher keine Einigkeit darüber, was man von Monster-Jägern auf Friedhöfen halten und wie man mit ihnen umgehen soll. Nachdem Pokémon-Spieler in Oer-Erkenschwick (Nordrhein-Westfalen) Müll auf dem Friedhof hinterlassen hatten, kündigte die Stadt Ende Juli an, rechtliche Schritte zu prüfen. "Jeder kann spielen, was er will – aber nicht auf dem Friedhof", wird Stadt-Pressesprecher Peter Raudszus in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung zitiert. Er verwies auf Pietätsgründe und betonte, dass es sich bei Friedhöfen um letzte Ruhestätten und nicht um Arenen für Smartphone-Games handele.

Andernorts, beispielsweise in Aalen (Baden-Württemberg), will man erst mal abwarten. Bisher habe es keine Beschwerden gegeben, sagte ein Sprecher der Stadt gegenüber dem SWR. Bei Verstößen gegen die Friedhofsordnung werde man aber einschreiten.

Manche können dem Hype auch Positives abgewinnen. Immerhin liefert die App den Spielern Kurzinformationen über den Ort, den sie auf suchen, sowie Hintergründe zu dessen Bedeutung. Auf dem Südwestkirchhof in Stahnsdorf bei Berlin, dem größten evangelischen Ruheareal in Deutschland, hat Friedhofsverwalter Olaf Ihlefeldt laut Medienberichten Scharen von Jugendlichen gesichtet, die nach Gräbern bedeutender Persönlichkeit suchten. Was bisher eher mäßig erfolgreich gewesen sei – nämlich dem Nachwuchs das Thema Friedhofskultur näherzubringen – sei jetzt dank Pokémon Go innerhalb kurzer Zeit gelungen, sagt er.

(7.10.2016)

Autor: Sebastian Hemmer