Kollabiert das Ausbildungssystem?

Bernd Dirks, Obermeister der Innung Coesfeld, verfasst stellvertretend für die Mitglieder der Innungen Coesfeld und Gelsenkirchen u.d. Vest Recklinghausen eine Stellungnahme an den Bundesverband Deutscher Steinmetze. Die Innungsmitglieder sehen eine Überforderung der Lehrling und Betriebe und machen Verbesserungsvorschläge. (Foto: privat)

Bei der gemeinsamen Innungsversammlung am 14. November 2019 war den Versammelten bei der Diskussion über die andauernd rückläufigen Lehrlingszahlen ein Punkt im aktuellen Rahmenlehrplan aufgefallen: "Die Lernfelder basieren auf Arbeits- und Geschäftsprozessen in der betrieblichen Realität.« Dies sei nicht der Fall. »Viele Punkte können weder von den Betrieben, noch von den überbetrieblichen Einrichtungen angemessen vermittelt werden", schreibt Bernd Dirks, Obermeister der Innung Coesfeld, im Auftrag der beiden Innungen an den Bundesverband Deutscher Steinmetze (BIV). 

Ausbildung zu umfangreich
In Summe seien alle Lernfelder so umfangreich, dass sie abschreckend wirkten und eine Überforderung vieler Auszubildenden darstellten. Auch die Betriebe trauten sich die Vermittlung des kontinuierlich ansteigenden Wissens nicht mehr zu. "Das Ausbildungssystem kollabiert, weil es so anspruchsvoll und vielseitig ist, dass sich sowohl Auszubildende als auch Ausbilder davon abwenden", schreibt Dirks. Handwerksbetriebe bildeten vermehrt den IHK-Beruf Naturwerksteinmechaniker aus. "Das ist einfacher und effizienter, weil dabei nur ein geringer Teil der Lernfelder vermittelt wird und auch keine überbetriebliche Ausbildung stattfindet."
 
Fachrichtungen und Modulausbildung
Zur Verbesserung der Situation schlagen die Innungen Coesfeld und Gelsenkirchen u.d. Vest Recklinghausen den zuständigen Gremien im BIV die Einrichtung von Fachrichtungen und die Einführung einer Modulausbildung vor. So könnten zum Beispiel die drei Fachrichtungen Gestaltung und Bildhauerei, Innenausbau und Baubereich sowie Steinmetz-/Steinbildhauerarbeiten und Restaurierung eingerichtet werden. Mit der Einführung einer Modulausbildung würde bei Ausbildungsbeginn eine Fachrichtung gewählt und es würden während der dreijährigen Ausbildungszeit nur die Module der betreffenden Fachrichtung ausgebildet werden. Dadurch könne sich eine Reduzierung der außerbetrieblichen Ausbildungszeiten durch Wegfall einiger Lernfelder ergeben, die den gewählten Bereich nicht betreffen. "Es würde mehr produktive Arbeitszeit entstehen und eine Erhöhung der Vergütung ermöglicht, um den Ausbildungsberuf attraktiver zu machen", schließt das Schreiben an den BIV zu Beginn des Jahres 2020. 

(veröffentlicht am 24. Januar 2020)

Autor/in: Christiane Weishaupt