Geschichte der Sandsteinindustrie im Maintal

Professor Reinhard Kulick (stehend rechts) erhielt für seinen Vortrag Applaus und ein Präsent. (Fotos: Sabine Meißner)

Beiderseits des Mains befinden sich zwischen Eltmann, Ebelsbach und Sand sowie Zeil am Main mehrere Sandsteinbrüche.

Das bekannteste moderne Gebäude, bei dessen Bau das Unternehmen Vetter Steine aus dem Maintal lieferte, ist laut Kulick das Bundeskanzleramt in Berlin.

Auf Einladung des Historischen Vereins Haßberge referierte der Wissenschaftler Reinhard Kulick aus Bodenheim bei Mainz über Geschichte und Bedeutung des Sandsteins für die Region. Kulick ist promovierter Bauingenieur und beschäftigt sich seit seinem Eintritt in den Ruhestand mit den "Sandsteinen als Hobby", wie er angab.

Mehrere Steinbrüche charakterisieren das Maintal bei Eltmann, Ebelsbach, Sand und Zeil. Für seine Ausführungen hatte Kulick mit Hilfe ansässiger Historiker, Heimatpfleger und  Steinfachleute Fakten zusammenzutragen, die auf großes Interesse stießen. Sein Vortrag basierte auf der Tatsache, dass Sandsteine für die regionale Entwicklung im Maintal rings um Eltmann schon sehr lange von großer Bedeutung waren und noch immer als Werkstein eine Zukunft haben.

Der Referent beschrieb die Sandsteinablagerungen über Jahrmillionen und die folgende Entwicklung einer bedeutenden Industrie im Zeitraum der letzten 150 Jahre. Demnach sei die Entwicklung vom Steinbruch Hahn bei Eltmann ausgegangen. Von hier wurden bereits vor Jahrhunderten Steine für den Bau des Doms nach Bamberg transportiert.

Das Material sei als Baustein wie als Ornamentstein äußerst begehrt gewesen. Später sei es wegen seiner Härte auch als Schleif- und Mahlstein verarbeitet und weltweit exportiert worden. "Seit 1870 stieg die Nachfrage nach Produkten aus Sandstein", formulierte Kulick. Die Industrie habe Schleifsteine und Schleifwalzen für Holz-, Metall- und Glasschliff  benötigt. Unternehmen, Gemeinden und wohlhabende Bürger hätten ihre Verwaltungsgebäude, Kulturbauten und Villen mit hellem Sandstein geschmückt. "Die Regionen Haßberge und Steigerwald konnten diese Wünsche erfüllen, denn der weiße Sandstein aus dem Raum Eltmann und Ebelsbach sowie der grüne, der vornehmlich aus den Brüchen bei Sand und Zeil kam, besaß die geforderten materialtechnischen Eigenschaften und die gewünschten Färbungen", führte Kulick aus. Begünstigt durch das verzweigte Eisenbahnnetz gegen Ende des 19. Jahrhunderts habe die Sandsteinindustrie einen mehrfach beschriebenen Boom erlebt.

Über die Unternehmen Ankenbrand und Vetter berichtete er: "1850 gründete Kaspar Ankenbrand in Eltmann das Familienunternehmen, das ab 1909 als Bayerische Schleifsteinwerke tätig war. 1865 folgte in Tretzendorf das Steinmetzgeschäft Conrad Vetter. Beide Betriebe waren um 1900 die Lokalmatadore der hiesigen Steinindustrie. Ankenbrand-Postkarten zeigten Bilder von Steinbruchsarbeiten auf der Vorderseite und Angebotswerbung in mehreren Sprachen auf der Rückseite. Diese Karten gingen in die ganze Welt und haben so auch zum Wachsen der Eltmanner Steinindustrie beigetragen. Feinkörniger weißer Mainsandstein aus dem Steinbruch Hahn bei Eltmann war begehrt. An vielen Bauwerken im Bamberger und Coburger Raum sowie darüber hinaus ist das Material verbaut worden."

Als Beispiele für historischen Bauten, bei denen Vetter-Steine aus dem Maintal verwendet wurden, nannte Kulick die Gebäude der ehemaligen Reichsbank in Würzburg und Danzig (heute Polen), das Armeemuseum in München sowie die Grunewaldkirche in Berlin. Er berichtete, dass das Unternehmen Vetter in einer Referenzliste von 1910 bis 1913 mehr als 450 Aufträge nannte. "Vetter hat in den Finanz- und Wirtschaftszentren gebaut, war deutschlandweit tätig und gehörte zu den führenden Sandsteinunternehmen Deutschlands", konstatierte der Referent. Auf vielen Vetter-Baustellen seien die Sandsteine aus dem Maintal bei Eltmann-Ebelsbach zum Einsatz gebracht worden. "Fast 2 500 Personen haben in der hiesigen Steinindustrie gearbeitet, damit war es die größte Industrie dieser Zeit in der Region."

Geschäftlichen Schwierigkeiten während der Weltkriege folgte eine starke Belebung nach 1945 mit wiederum prestigeträchtigen Bauwerken. "Das bekannteste ist wohl das Bundeskanzleramt in Berlin", sagte Kulick. Es wurde mit Sandsteinplatten aus dem Maintal verkleidet, bereitgestellt durch das Unternehmen Vetter aus Eltmann. "Man muss aber gar nicht so weit gehen", warf Kulick ein, "denn hier in Eltmann befindet sich ein schönes Gebäude aus dem heimischen Material, das den Kindergarten beherbergt und damit für die Stadt von öffentlicher Bedeutung ist".

(7.4.2015)

Autor/in: Sabine Meißner