Gedenkstätte Utøya

Visualisierung der Gedenkstätte (Bild: Mantey-Kula)

Gedenkstätte am Utøya-Ufer (Fotos: Strassacker)

Die Säulen - alle 3 Meter hoch - sind am oberen Ende durch ein Bronzeband verbunden.

Bronzetafel

Detail Schriftrelief

Am 18. Juni 2022 eröffnete der Staat Norwegen die Gedenkstätte für die Opfer des Terrorattentats vom 22. Juli 2011, bei dem im Regierungsviertel von Oslo und auf der Insel Utøya insgesamt 77 Menschen ermordet wurden. Der Entwurf stammt von vom Architekturbüro Mantey-Kula in Kooperation mit dem Landschaftsarchitekten Bas Smets. Die Bronzearbeiten hat die Kunstgießerei Strassacker ausgeführt. Das Mahnmal befindet sich am Ufer des Tyrifjorden an der Anlegestelle, von der aus die Jugendlichen mit der Fähre zur Insel Utøya übergesetzt haben. Mit ihm soll der zahlreichen Opfer und der Überlebenden gedacht und zugleich der große Einsatz der Anlieger und Rettungskräfte gewürdigt werden. 

Das Mahnmal selbst besteht aus einer Reihe von 77 massiv gegossenen, je 3 Meter hohen Siliziumbronzestelen, eine für jedes Opfer. Die Säulen sind am oberen Ende mit einem durchgehenden massiven Bronzeband zu einem starken Konstrukt von ca. 50 Meter Gesamtlänge verbunden. Jede der Säulen wiegt ca. 400 kg, durch die technisch notwendigen Angusssysteme wurden jeweils weitere 400 kg Siliziumbronze benötigt. Planung, Konstruktion und Herstellung der Gussform für den einteiligen Guss sowie der gesamte Gießprozess waren eine spezielle Herausforderung für die Guss-Spezialisten des Unternehmens. 

Die Säulen haben eine dunkle Patina, gehen aber im oberen Bereich nahtlos in einen glänzenden Teil über, der, der Sonne zugewandt, deren Licht hier reflektiert. Die Geometrie der Gedenkstätte bezieht sich in ihrer Ausrichtung auf die Sonne auf den zeitlichen Verlauf des Terroranschlages. Der erste Bogen ist auf den Sonnenstand zu der Uhrzeit der Bombenexplosion im Osloer Regierungsviertel um 15:25 Uhr ausgerichtet. Der zweite Teil zeigt auf die Position der Sonne während des Attentats auf der Insel zwischen 17:21 und 18:33 Uhr.

Die Namensinschriften der Opfer wurden als individuelle Reliefs gestaltet. Die im Negativschnitt in das Material eingearbeiteten unterschiedlichen Neigungsflächen der Reliefs erforderten in der gießtechnischen Umsetzung höchste Präzision und umfangreiche Erfahrung. Die filigranen Lichtkanten und unterschiedlich geneigten Flächen erzeugen spannende Lichtreflexionen. Sie in der von den Architekten gewünschten Präzision umzusetzen, war nicht nur gießtechnisch und kunsthandwerklich eine große Herausforderung, die sehr erfolgreich bewältigt werden konnte. 

In der weiteren Bearbeitung, beim Ziselieren der Säule, wurde der nahtlosen Integration der separat gegossenen Namenstafel ein besonderes Augenmerk verliehen. Hierzu waren spezielle kunsthandwerkliche Techniken in höchster Präzision notwendig.
Zusätzlich wurden im Bereich der Bronzestelen ein Geländer und eine Gedenktafel aus gleichem Material installiert. 

Nach einer europaweiten Ausschreibung hatte die Kunstgießerei Strassacker in Süßen den Auftrag erhalten, die 77 Bronzestelen für das Mahnmal am Utøya-Kai anzufertigen und zu montieren. Die mit der Fertigung verbundenen technologischen Herausforderungen in Qualität und Quantität machten das Projekt zu einem Meilenstein der über 100-jährigen Unternehmensgeschichte. Die Vergabe des Projektes an die Kunstgießerei Strassacker erfolgte unter anderem aufgrund der einzigartigen Expertise des Unternehmens für sakrale Kunst im Bronzeguss sowie der bereits in Norwegen geschaffenen Referenzen. Die Mitwirkung an dem Mahnmal ist von besonderer ideeller Bedeutung für das Unternehmen. So ist die Kunstgießerei tragender Partner der Initiative „Raum für Trauer“. Diese erforscht die Grundlagen der psychologischen Wirkung von Beisetzungs- bzw. Trauerorten und Erinnerungszeichen für Hinterbliebene und setzt ihre Erkenntnisse aktuell in einem „Labor- und Experimentierfeld Friedhof der Zukunft“ baulich um.  

https://www.statsbygg.no/prosjekter-og-eiendommer/utoyakaia  
www.strassacker.de 
www.raum-fuer-trauer.de 

(29.06.2022)

Autorin: Bärbel Holländer