Friedhof braucht Öffentlichkeit

Wie man Friedhöfe positiv darstellen kann, beschäftigte die Teilnehmer an der »Zukunftswerkstatt Friedhof«. Foto: H. Lachmann

Der Friedhof braucht mehr Öffentlichkeit. So lautet ein wichtiges Ergebnis des diesjährigen Aeternitas-Kreativseminars "Projekte der Zukunft – Zukunftswerkstatt Friedhof" am 18. und 19. März in Weimar.

Mit positiven Nachrichten und Bildern vom Friedhof wollen die Seminarteilnehmer vor allem Menschen erreichen, die noch keine verstorbenen Angehörigen zu betrauern haben. Aeternitas-Geschäftsführer Christoph Keldenich berief sich auf ein Forschungsprojekt der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) über Freizeitaspekte von Friedhöfen, so zu ihrem Nutzen für die Umwelt und Gesundheitsvorsorge, zu ihrem Erholungswert, zur Bemessung ihrer denkmalpflegerischen, ökologischen und stadtklimatischen Funktionen, aber auch zu ihrer wirtschaftlichen Relevanz für kleine und mittlere Unternehmen. Einer Umfrage unter Friedhofsbesuchern zufolge seien diese zu gut einem Fünftel keine trauernden Hinterbliebenen. Die Mehrheit der Befragten habe sich dafür ausgesprochen, auf Friedhöfen auch Freizeit tätigkeiten wie Sonnenbaden auf Bänken und Joggen zuzulassen, gut ein Drittel würden spielende Kinder akzeptieren.

Freizeitnutzung gezielt fördern
Laut der DBU-Studie steigert die forcierte Freizeitnutzung von Friedhöfen deren Stellenwert bei Bürgern (um 82 %) und Politikern (60 %) sowie deren allgemeines Image (63 %). Auch, was die Bindung und Neugewinnung von Kunden betrifft, wirke sich die Freizeitnutzung positiv aus. Mit guten Wegen, Sitzgelegenheiten und gestalterischen Elementen könne man den Freizeit-, Erholungs- und kulturellen Wert der Bestattungsstätten zusätzlich steigern. Von einem Bürgerprojekt berichtete Landschaftsarchitekt Thomas Bleicher, Leiter des Bau-, Grünflächen- und Umweltamtes Weimar. Dass die historischen Friedhöfe zu den besucherstärksten Grünanlagen Weimars und als Orte der entschleunigten Kommunikation angenommen werden, sei maßgeblich ein Verdienst des Weimarer Bürgervereins Grüne Wahlverwandtschaften e.V., der sich seit 2006 um historische Garten- und Parkanlagen inkl. Friedhöfe kümmert. Die Mitglieder, die zumeist noch aktiv im Leben stehen, weisen die Öffentlichkeit durch Publikationen, Führungen und Vorträge auf diese Friedhöfe und verträgliche Freizeitnutzungen hin.

Friedhof 2.0
André Könnecke, Leiter des Bauwirtschaftshofs im sachsen-anhaltischen Aschersleben, sprach zum Thema "Friedhof 2.0: Einsatzmöglichkeiten von QR-Codes" (Naturstein 5/2016, S. 36). Den Friedhof der Vorharzstadt hätten 90 % oft anonyme Urnenbeisetzungen, der Rückgang traditioneller Familiengräber sowie Überhangflächen mit erhöhtem Pflegeaufwand bei steigendem Personalbedarf gekennzeichnet. 2010 habe man damit begonnen, ihn zu revitalisieren. Nach der Verpachtung von Teilflächen als Tierfriedhof und Hundefreilaufwiese habe man die Beratung ausgebaut und modernes Friedhofsmarketing betrieben. Für die Anlage eines Erinnerungspfads mit 15 Gräbern wichtiger Persönlichkeiten habe der Bauwirtschaftshof sogar einen "Image-Award" des führenden deutschen Kommunaltechnik-Magazins erhalten, berichtete Könnecke. QR-Codes auf den an diesen Gräbern angebrachten Plaketten verlinken zur jeweiligen Lebensgeschichte. Außerdem betreibe die Stadt "QR-Erinnerung", ein Online-Portal des Gedenkens, auf dem interessierte Grabbesucher mittels QR-Code Informationen über den Verstorbenen abrufen können. Sowohl Privatpersonen als auch Firmen können diesen Service buchen.

(17.6.2016)

Autor/in: Harald Lachmann