Friedhöfe können mehr - Der grüne Wert der Friedhofskultur

Foto: Bärbel Holländer

Friedhöfe sind Orte, an denen Menschen bestattet werden und wo Angehörige Trauer und Gedenken lebendig gestalten können. Das ist ihre zentrale Rolle. Seit Jahrtausenden integrieren wir damit die Toten in unser Leben. Wir haben uns eine kulturelle Möglichkeit geschaffen, würdevoll mit den Verstorbenen umzugehen und Verlustschmerz verarbeiten zu können.

Mit dem Wandel der Bestattungskultur hat sich die kulturelle und damit gesellschaftliche Bedeutung der Friedhöfe verändert. Betrachtet man die bundesweite Friedhofskultur, kommt man zu der Erkenntnis, dass die Rolle des Friedhofs als zentraler Beisetzungs- und Trauerort zwar rückläufig ist, sich dafür jedoch neue wichtige Aufgaben entwickelt haben, die den Friedhof in seinen gesellschaftlichen Leistungen und Funktionen erweitern. Diese ergänzen den Friedhof als Ort von Beisetzung, Trauer und Gedenken maßgeblich.

Seit 2019 haben sich die führenden nationalen Organisationen im Bereich der Friedhofskultur in einem Runden Tisch organisiert, der bei der Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal e.V. in Kassel angesiedelt ist. Ziel ist die Bündelung vielfältiger Kompetenzen, um die Möglichkeiten, Aufgaben und Leistungen des Friedhofs gegenüber einer breiten Öffentlichkeit klarer vermitteln und bewerten zu können.

Der "Runde Tisch zur Friedhofskultur im 21. Jahrhundert" ist ein Forum, das aktuelle Entwicklungen diskutiert und in die Öffentlichkeit trägt. Darüber hinaus bietet er die Möglichkeit, Projekte zu entwickeln, Forschung zu fördern oder auch Unterstützung anzubieten, wie aktuell für die durch das Jahrhunderthochwasser an der Ahr massiv zerstörten Friedhöfe.

Friedhöfe sind soziale Orte, Orte der Kommunikation, der Erholung und der kulturellen Vielfalt. Inmitten unserer durch Asphalt und Beton sowie durch Verkehr und Lärm geprägten Städte sind sie vielerorts zu Oasen der Kontemplation geworden. Die gepflegten und öffentlich zugänglichen Grünflächen sind Sphären der Biodiversität, die eine beruhigende Wirkung für Trauernde oder Erholungssuchende entfalten und dabei gleichzeitig das städtische Mikroklima positiv beeinflussen; zudem bieten sie Flora und Fauna einen dauerhaften Rückzugs- und Entfaltungsort. Unsere über viele Jahrzehnte, teils Jahrhunderte gewachsenen Friedhöfe sind zu Depots der ökologischen Vielfalt inmitten unserer Zivilisation geworden.

Friedhöfe werden über die Gebühren der Nutzer finanziert und diese beziehen sich auf Leistungen, die im Bereich von Bestattung und Grabunterhaltung erbracht werden. Doch nutzen Hinterbliebene nicht nur Abschiedshalle und Grabstelle, sondern sie tragen mit ihren finanziellen und pflegerischen Möglichkeiten maßgeblich dazu bei, dass Friedhöfe mehr sind als Trauerorte.

Wenn sich die öffentlichen Leistungen und Funktionen von Friedhöfen jedoch hin zu einer gesamtgesellschaftlichen Relevanz erweitern, muss die Frage diskutiert werden, wie sich dies in der Finanzierung von Friedhöfen abbilden kann. Hierzu sollte eine nachvollziehbare Bewertungsgrundlage aller gesellschaftsrelevanten Funktionen des Friedhofs gegenüber den lokalen Verantwortlichen vermittelt werden, um in der Kommunal- und Landespolitik aber auch gegenüber der breiten Öffentlichkeit eine Sensibilisierung für die mannigfaltigen Werte unserer Friedhöfe zu ermöglichen.

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(24.12.2021)

Autor/in: Alexander Hellbach