Faire Beschaffung in der Diskussion

Ein Teil der Sieger beim Gestaltungswettbewerb Grabzeichen mit dem Jury-Vorsitzenden Jörg Failmezger (3.v.l.) und LIM Gustav Treulieb. Fotos: S. Storath

LIM Gustav Treulieb (l.) gratuliert Martin Menzer (M.) zur Großen Bronzenen Ehrennadel und Rainer Höhl zur Kleinen Silbernen Ehrennadel.

Diskussion über Kinderarbeit in Zusammenhang mit der Grabmalproduktion: v.l. LIM Gustav Treulieb, Prof. Dr. Gerd Merke und Uta Umpfenbach, Fachreferentin für nachhaltige öffentliche Beschaffung beim Dachverband für Entwicklungspolitik

Am 27. Juni traf sich der Landesinnungsverband des Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerks Baden-Württemberg zu seiner Landesverbandstagung im Haus der Wirtschaft in Stuttgart. Ca. 60 Mitglieder aus den aktuell 15 Innungen sowie Vertreter der Fördermitglieder J. König und Strassacker waren der Einladung von Landesinnungsmeister Gustav Treulieb gefolgt. Dieser informierte über zwei geplante Veranstaltungen: ein Kalkulations- und ein Gestaltungsseminar, letzteres als Vorbereitung auf die iga in Berlin 2017 und die Buga 2019 in Heilbronn.

Helmfried Meinel vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg wies auf die steigende Bedeutung der Natursteingewinnung in Baden-Württemberg für den Bau- und Restaurierungsbereich hin. Sein Ministerium wolle sich hier weiterhin für einen nachhaltigen Abbau stark machen. Meinel zufolge gibt es aktuell 52 aktive und über 1.700 aufgelassene Steinbrüche in Baden-Württemberg.
 
Faire Beschaffung
Die gute Zusammenarbeit mit den Steinmetzen im Arbeitskreis "Friedhofs- und Bestattungskultur" lobte Volker Schirner, Leiter des Garten-, Friedhofs- und Forstamts in Stuttgart. Außerdem ging er kurz auf den Absatz in § 29 der Stuttgarter Friedhofssatzung ein, den der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim Anfang Juni als rechtswidrig erklärte, und der nun wieder gestrichen wird (siehe auch Naturstein 7/2015, S. 8). Darin hatte die Landeshauptstadt festgelegt, dass auf baden-württembergischen Friedhöfen nur noch Grabsteine aufgestellt werden dürfen, die nachweislich ohne Kinderarbeit hergestellt wurden. Schirner schlug vor, stattdessen "an die Moral der Bürger zu appellieren und die Öffentlichkeit für den Einsatz europäischer Materialien zu sensibilisieren."

Die Berührungspunkte zwischen dem Tätigkeitsbereich ihrer Organisation und der Diskussion über Kinderarbeit im Zusammenhang mit Grabmal-/Natursteinimporten stellte Uta Umpfenbach, Fachreferentin für nachhaltige öffentliche Beschaffung beim Dachverband für Entwicklungspolitik BW, dar (www.dachverband-entwicklungspolitik-bw.de). "Unser Verband ist sehr an einer Lösung außerhalb der gerichtlichen Auseinandersetzungen interessiert und hat zu diesem Thema bereits eine bei uns bestellbare Broschüre herausgegeben", so Umpfenbach. Auf Basis von Gesprächen mit Reiner Krug, Geschäftsführer des Deutschen Naturwerkstein-Verbands (DNV) und den Naturstein-Siegeln Fairstone (Win=Win) und Xertifix habe man folgende Handlungsempfehlungen für Steinmetze zusammengestellt:
1. Klären Sie Ihre Kunden über die Herkunft Ihrer Steine und Ihre Produktionsbedingungen auf, 2. Verwenden Sie abgeräumte Grabmale wieder, 3. Bieten Sie Ihren Kunden heimische Steine an und informieren Sie über deren Vorteile wie Ökobilanz und absolute Unbedenklichkeit in Bezug auf Kinderarbeit, 4. Bilden Sie Interessengemeinschaften mit anderen am Friedhof tätigen Gewerken /Institutionen und tauschen Sie sich aus, 5. Gestalten Sie eine Broschüre, die die Problematik im positiven Sinne kommuniziert.
 
Gemeinsame Lösung finden
Umpfenbach wies außerdem auf eine öffentliche Infoveranstaltung am 7. Juli in Stuttgart hin, an der auch LIM Treulieb teilnehmen werde. Man wolle hier im Austausch mit Kommunen, Friedhofsverwaltungen, Steinmetzen, Siegelanbietern etc. einen für alle praktikablen Weg finden. LIM Treulieb sieht in der ganzen Diskussion nicht die Handwerker, sondern die Händler in der Pflicht, den Nachweis für ihre importierte Waren zu erbringen. Für Steinmetzmeister August Weber ist es Aufgabe des Gesetzgebers, die Kriterien für die Zertifizierung festzulegen.

Die Sinnhaftigkeit einiger Aufnahmekriterien für sog. Fairtrade-Town-Einkaufsführer stellte Steinmetzmeister Claus Birkle zur Diskussion (www.fairtrade-towns.de). Die Stadt Esslingen, in der sein Betrieb beheimatet ist, wolle eine solche Broschüre herausgeben. Allerdings dürfe er mit seinem Unternehmen, das ausschließlich in Deutschland und hauptsächlich unter Verwendung europäischer Materialien produziert, nicht darin genannt werden. Birkle befürchtet, dass dies zu Verwirrung bei seinen Kunden führen könnte, weil er ja auch "fair" produziert. Uta Umpfenbach plädierte in diesem Zusammenhang für die Herausgabe eines Nachhaltigkeitsführers. Darin könnte ein Betrieb, der überwiegend heimische Steine verarbeitet, gut aufgenommen werden.  
 
Kreatives Marketing
"Kopfporno – Wie kreatives Marketing Kunden fesselt" war Thema von Prof. Tilo Staudenrauschs Vortrag. Einige seiner Tipps: 1. Entwickeln Sie eine Vision, 2. Lieben Sie Ihren Kunden, dann bekommen Sie auch die Kunden, die Sie verdienen, 3. Tun Sie etwas mehr als erwartet, 4. Wecken Sie beim Kunden Emotionen über Geschichten, 5. Seien Sie der Beste in einem bestimmten Bereich, 7. Verkaufen Sie ein Lebensgefühl, 8. Machen Sie ruhig Fehler, aber lernen Sie daraus. Steinmetzmeister Andreas Missenhardt und Friedhofsgärtner Christof Hilligardt berichteten von einem Gemeinschaftsprojekt beider Gewerke für die Gartenschau in Mühlacker 
 
Ehrungen
Für ihre Beiträge zum Gestaltungswettbewerb Grabzeichen 2014 wurden die anwesenden Sieger von LIM Gustav Treulieb und dem Jury-Vorsitzenden Jörg Failmezger geehrt. Die Arbeiten, die laut Failmezger "mit Herzblut und Meisterschweiß" entstanden sind, wurden so¬wohl mit Silber- als auch Bronze-Medaillen ausgezeichnet. Außerdem erhielten Rainer Höhl die Große Bronzene und Martin Menzer die Kleine Silberne Ehrennadel. Renate Treulieb wurde von Roland Müller, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Heilbronn-Öhringen, mit einem Dankeschön für ihre tatkräftige Unterstützung bedacht.

(23.7.2015)

Autorin: Susanne Storath