Erstes Seminar ohne Pater

Der konstruktiven Kritik aller Teilnehmer und Dozenten muss sich jeder einmal stellen. Mit im Bild die drei Dozenten: Wolfgang Jakob bei seinen Ausfürungen, Manfred Kozel (l.) und Gerhard Schröder (rechts vorne). Fotos: S. Storath

Diese von Martin Barfuß gefertigte Büste zeigt Pater Donatus Leicher. Sie erinnerte im Seminarraum an den kürzlichen Tod des Seminargründers.

Uwe Spiekermann mit seinem Entwurf einer sich nach oben leicht verjüngenden Urnengrabstele für einen Buchbinder. Die Inschrift auf der Oberseite der Stele wird von einem stilisierten Buchdeckel aus Bronze überspannt.

Interpretation des Themas "Schwebende Steine" von Siegfried Trambo

1973 haben Pater Donatus Leicher und Sepp Jakob das Gestaltungsseminar des LIV Bayern ins Leben gerufen, das zunächst in Bad Wörishofen und später in Ingolstadt durchgeführt wurde. Vom 11. bis 15. Januar fand die Veranstaltung zum ersten Mal ohne den Pater statt – er war einige Tage zuvor mit 94 Jahren verstorben.

Mit 32 Teilnehmern, darunter neun Frauen, verzeichnete das 44. Gestaltungsseminar des LIV Bayern eine Rekordbeteiligung. Einige der Steinmetze hatten erst nach ihrer Ankunft im Bildungszentrum in Ingolstadt vom kürzlichen Tod des Paters erfahren. Ob es eine Schicksalsfügung war, dass der freischaffende Bildhauer Martin Barfuß aus Lauingen eine von ihm gehauene Büste des Paters aus JURAKALKSTEIN mit ins Seminar gebracht hatte? Diese erinnerte während des ganzen Seminars an ihr verstorbenes Ebenbild. Das Modell dazu war im letztjährigen Seminar entstanden. Zum Gedenken an Pater Donatus hatte das Bildungszentrum eine Präsentation mit Fotos aus den vergangenen Gestaltungsseminaren organisiert. Außerdem zelebrierte der Ingolstädter Pfarrer Bernhard Oswald am zweiten Seminartag ein Requiem in der Werkstatt des Bildungszentrums. Seminarteilnehmer und Dozenten gestalteten es u.a. durch Fürbitten und musikalische Begleitung mit. Außerdem wechselten sie sich bei der allmorgendlichen Meditation, mit der der Pater die Seminartage stets einzuleiten pflegte, mit eigenen Beiträgen ab.

Vielfältiges Gestaltungsangebot
Auch wenn die körperliche Anwesenheit des Veranstaltungsinitiators schmerzlich vermisst wurde, schien "sein Geist doch irgendwie dabei zu sein", wie es Wolfgang Jakob aus Gundelfingen, Sohn von Pater Donatus' engem Freund Sepp Jakob, ausdrückte. Er war nun schon zum zweiten Mal als Dozent dabei. Zusammen mit Gerhard Schröder aus Türkheim und Manfred Kozel aus Freising hatte er für die Teilnehmer drei Aufgabenstellungen vorbereitet. Zur Wahl stand die Gestaltung eines Grabzeichens mit Inschrift inklusive 1:1-Zeichnung, "weil man da viel Grundsätzliches über Proportionen, Schrift etc. lernen kann", so Schröder. Darüber hinaus konnten "schwebende Steine" und ein Schriftteppich mit einem Spruch für einen Friedhofseingang entworfen werden. Um das Auge zu schulen, gab es auch wieder einen Aktzeichenkurs bei Manfred Kozel und die Möglichkeit, eigene Projekte zu bearbeiten. Großen Wert legen die Seminarbetreuer darauf, "Angebote auf verschiedenen Kanälen" bereit zu halten, wie es Manfred Kozel ausdrückt. "Um die eigene gestalterische Handschrift zu finden oder zu verändern, hilft vor allem, möglichst viel Verschiedenes auszuprobieren." Dabei kann auch ein Blick über den Tellerrand nicht schaden, wozu die Seminarteilnehmer bei einem Ausstellungsbesuch im Museum für Konkrete Kunst in Ingolstadt Gelegenheit hatten ("Der rechte Winkel in der Natur" von Thomas Neumaier).

Fachlicher Austausch
Wie gut dieses Gestaltungsangebot ankommt, zeigen die vielen "Wiederholungstäter", die z.T. schon über Jahrzehnte regelmäßig das Seminar besuchen. Zu ihnen gehören beispielsweise Christiane Hellmich, Barbara Oppenrieder, Karin Müller, Hermann Rudolph, Wolfram Felder, Georg Neugirg sowie Judith und Peter Berschin. Aufgrund ihrer gestalterischen Erfahrung sind sie für ihre Seminarkollegen oft genauso Ansprechpartner wie
die drei Dozenten. Was nicht heißen soll, dass Letztere überflüssig sind. "So schnell und treffend wie Gerhard Schröder Arbeiten beurteilt und dann durch eine minimale formale Änderung eine deutlich bessere Gestaltung erzielt, das ist bewundernswert", zollt Wolfgang Jakob seinem Kollegen Respekt. Fragt man die Teilnehmer nach dem Grund ihres Kommens, nennen viele die ungezwungene Werkstattatmosphäre, den fachlichen Austausch und das kollegiale Miteinander. Dabei profitieren die Jüngeren von der Erfahrung der Älteren, bringen aber auch frischen Wind und neue Ideen mit in die Gruppe. Früher oder später muss jeder seine Entwürfe vor dem Plenum präsentieren – ein wichtiges Training für die Praxis im Hinblick aufs Verkaufsgespräch. Kritik darf und soll geübt werden, "aber bitte nur konstruktiv".

Kreative Auszeit
Zum ersten Mal dabei war u.a. Uwe Spiekermann, Steinmetz- und Steinbildhauermeister aus Langenhagen, der mit seinen Grabmalgestaltungen bei Wettbewerben regelmäßig Auszeichnungen gewinnt. "Ich hatte mich extra angemeldet, um Pater Donatus Leicher als Lehrer kennen zu lernen." Für ihn sei es ein "tolles Seminar mit tollen Dozenten" gewesen, bei dem er für sich die Zeichnung als Präsentationsform wiederentdeckt habe. Teilnehmer Detlef Kleineidam sieht den besonderen Wert des Seminars in der Kunst, junge Steinmetze und Steinbildhauer für gute Gestaltung zu interessieren, und in der "kreativen Auszeit". Hier klingele nicht ständig das Telefon, sodass er sich ganz auf seine Arbeit konzentrieren könne. Wie Spiekermann ist er im BIV-Arbeitskreis Friedhof & Grabmal aktiv. Und weil Geselligkeit im Seminar schon immer groß ge schrieben wurde, durfte auch das traditionelle Werkstattfest am Mittwochabend nicht fehlen. Bis spät in die Nacht hi nein saßen Teilnehmer und Dozenten hier beisammen und tauschten sich u.a. über gemeinsame Erinnerungen an den Pater aus.

(11.4.2016)

Autorin: Susanne Storath