Der Glanz des Lebens

Welche Rolle spielen "Aschediamanten" im Trauerprozess? Wie gehen Angehörige mit ihnen um? Welche Rolle spielt Ästhetik? Und wie reagiert das soziale Umfeld auf ein solches Verfahren? Diese Fragen versuchen die Autoren Thorsten Benkel, Thomas Klie und Matthias Meitzler in ihrem neuen Buch „Der Glanz des Lebens. Aschediamant und Erinnerungskörper“, das aus einem Projekt der Universitäten Rostock und Passau entstand, zu beantworten. Dazu haben sie Produktionsstätten der Edelsteine besucht, mit Experten gesprochen und waren bei Übergaberitualen anwesend. Neben praktisch-theologischen und soziologischen Bewertungen kommen in Fallanalysen Betroffene zu Wort.

Beinahe als Nebenprodukt des konstanten Wandels der Bestattungskultur erfreuen sich Aschediamanten immer größerer Beliebtheit. Die Autoren ziehen einen Vergleich zum Reliquienkult der katholischen Kirche, bei dem Körperteile Heiliger in drei verschiedenen Klassen (Körperteile, zu denen auch Haare, Fingernägel, Blut und Asche gehören, Gegenstände, die berührt wurden und Gegenstände, die die Reliquie berührt hat) verehrt werden. Im Gegensatz dazu ist ein Aschediamant allerdings nicht natürlich entstanden, sondern wurde künstlich hergestellt. Nichts an der Form erinnert noch an den Körper.
 
Aufteilung der Asche in Deutschland untersagt
Für die Herstellung dieser Industriediamanten ist nur ein Teil der Kremierungsasche notwendig. D.h. entweder können mehrere Diamanten gepresst, die Restasche in der Schweiz verstreut oder nach dem deutschen Bestattungsgesetz im Rahmen der Beisetzungspflicht bestattet werden. Der in Deutschland herrschende Bestattungszwang mit der sogenannten immobilen Verortung der sterblichen Überreste steht im Widerspruch zur Herstellung und Nutzung der Aschediamanten, da die Asche zuerst verschickt und der fertige Diamant dann als Schmuckstück getragen wird. Jeder Verstorbene muss bestattet werden, und die Aufteilung der Asche ist in Deutschland nach wie vor untersagt. 

Durch Überführungen ins europäische Ausland und mit den entsprechenden finanziellen Mitteln können Hinterbliebene die Diamanten z.B. in der Schweiz herstellen lassen. Das industrielle Verfahren ahmt dabei den natürlichen Entstehungsprozess eines Diamanten nach. „Der Glanz des Lebens“ thematisiert die Beziehung von Artefakt und Erinnerung an Beispiel der Schmuckstücke und beleuchtet zudem, warum Menschen sich nach dieser Art der Trauerbewältigung sehnen. Das Buch können Sie hier bestellen.

(Veröffentlicht am 26. Dezember 2019)
 

Autorin: Christine Kulgart