BIV gegen geplante Gesetzesänderung

Die Thüringer Landesregierung plant in einem geänderten Bestattungsgesetz, die Zulassung von Bestattungswäldern deutlich zu erleichtern und damit auch privaten Anbietern den Zugang zu einem hoheitlichen Bereich der Daseinsvorsorge zu vereinfachen. Der Bundesverband Deutscher Steinmetze (BIV) warnt davor, dass sich dadurch das Dilemma bestehender Friedhöfe weiter verschärfen würde, weil sie sich somit einmal mehr in einem ungleichen Wettbewerb befinden würden. Der Verband positioniert sich in einer groß angelegten Aktion gegen dieses Gesetzesvorhaben. Noch im Dezember 2015 habe man mit anderen Partnern Kontakt aufgenommen und Anfang Januar eine Stellungnahme "an alle relevanten Organisationen, Verbände, gesellschaftliche Gruppen, Kirchen sowie alle Fraktionen im Landtag versandt", meldet der BIV. Es sei wichtig, für das Thema zu sensibilisieren und deutlich zu machen, um welche Dimensionen es sich hier handelt. Darüber hinaus versuche der Verband, mit der Politik ins persönliche Ge­spräch zu kommen.

Verwaltungshelfer erlaubt
In der Gesetzesvorlage der Thüringer Landesregierung vom 25. November 2015 heißt es: "Dem wachsenden Bedürfnis nach naturnahen Bestattungen soll durch Änderung des Thüringer Bestattungsgesetzes […] durch Schaffung der Möglichkeit von Urnenbeisetzungen auch im Wald entsprochen werden." Demnach könnten per Gesetz Friedhöfe auch in Form von Waldfriedhöfen angelegt werden. Explizit wird festgehalten, dass sich Friedhofsträger bei der Errichtung und beim Betrieb ihrer Friedhöfe Dritter bedienen dürfen, die als unselbständige oder selbstständige Verwaltungshelfer tätig werden.
 
"Die Kommunen sind verfassungsrechtlich verpflichtet, im Rahmen der Daseinsvorsorge Friedhöfe für den örtlichen Bedarf bereitzustellen. Diese Aufgabe kann nicht privatisiert werden, sondern gehört zum Kernbereich kommunaler Aufgaben", kritisiert der BIV. Mit der Gesetzesvorlage werde die Daseinsvorsorge für Bestat­tungs­orte teilweise an private Anbieter abgegeben. Zwischen hoheitlichen Aufgaben und privatwirtschaftlichen Interessen entstehe somit ein Ungleichgewicht. "Die sog. Verwaltungshelfer verfolgen wie jedes private Unternehmen das Ziel eines größtmöglichen wirtschaftlichen Erfolgs. Dies ist legitim." Nicht legitim sei es dagegen, dass der Privatwirtschaft per Gesetz ein solcher Einfluss auf die öffent­liche Daseinsfürsorge zugestanden wird, schreibt der BIV.

Parallelfriedhöfe entstehen
Die Eröffnung neuer Friedhöfe unter privater Bewirtschaftung löse keine Probleme auf bestehenden Friedhöfen. Vielmehr würden durch die Einrichtung von Bestattungswäldern fern von Infrastruktur und öffentlichem Nahverkehr Parallelfriedhöfe entstehen. Die kommunalen Friedhöfe würden "weitere Bestattungsfälle" verlieren und sich immer mehr leeren. "Es ist auch nicht richtig, dass der zu erlassende Gesetzentwurf Kostenneutralität vorsieht – schon gar nicht für die Grabnutzungsberechtigten. Je weniger Friedhofsnutzer es gibt, umso weniger Gebührenzahler gibt es. Die Friedhofsträger reagieren in der Regel mit einer Erhöhung der Grabnutzungsgebühren. Die Gebührenschraube dreht sich weiter, zum Nachteil der Hinterbliebenen, zumal oft auch allgemeine Erhaltungsgebühren unberechtigterweise mit umgelegt werden", heißt es vonseiten des BIV.

Baumbestattungen auf Friedhöfen
Um auf den Wunsch nach Baumbestattungen eines Bevölkerungsteils einzugehen, schlägt der BIV den "einfachs­ten und für die kommunale Verwaltung finanziell günstigs­ten Weg" vor, nämlich wie bereits auf vielen deutschen Friedhöfen praktiziert Baumbestattung auf dem eigenen Gelände anzubieten. An Platz und altem Baumbestand mangele es meist nicht. Durch die eingenommenen Gebühren würde sich der De­ckungs­bei­trag für den Friedhofshaushalt erhöhen. Mit der Gesetzesvorlage würden die hoheitlichen Träger allerdings in direkte Konkurrenz mit privaten Anbietern gestellt. "Die Kommunen und Kirchen sind hier die Verlierer: Gewinne werden privatisiert und Verlus­te sozialisiert", schreibt der BIV.

Ungereimtheiten klären
Auch Ungereimtheiten finden sich in dem Gesetzentwurf. An einer Stelle heißt es z.B.: "Friedhöfe müssen öffentlich zugänglich sowie räumlich abgegrenzt und eingefriedet sein", weiter unten dagegen: "Eine Einfriedung (von Bestattungswäldern) ist nicht erforderlich." Hier wird mit unterschiedlichen Maßstäben gemessen. Friedhöfe unterliegen strengen Auflagen und agieren mit Satzungen, die detailliert die Nutzung be­schreiben. Sie gelten als geschützte Räume mit gesonderten Regeln. Bei Bestattungswäldern soll nun weitaus mehr möglich sein, lediglich eine Kennzeichnung des Ortes sei von Nöten. Ob die wenigen Regeln eingehalten werden, obliege den (bis jetzt meist privaten) Trägern – die Hoheit kommunaler oder kirchlicher Träger werde damit weitgehend ad absurdum geführt.

Weiterhin heißt es im Gesetzestext: "Friedhöfe können im Einvernehmen mit der unteren Forstbehörde und der unteren Naturschutzbehörde auch im Wald im Sinne des Thüringer Waldgesetzes angelegt oder erweitert werden (Waldfriedhof), ohne dass es hierzu einer Änderung der Nutzungsart des Waldes nach § 10 des Thüringer Waldgesetzes bedarf." Dies entspreche in keiner Weise dem ansonsten geforderten Widmungs-, Um­widmungs- bzw. Entwidmungsverfahren auf Friedhöfen, bei dem zu Recht sehr strenge Maßstäbe angelegt würden, da es sich um einen Ort der Toten handelt, an dem die Totenruhe zu wahren sei, auch wenn "nur" Urnen beigesetzt würden. Bei Bestattungswäldern sei letztendlich keinerlei Schutz der Totenruhe gegeben bemängelt der BIV.

Fazit
Solange Friedhöfe zur Daseinsvorsorge gehören und nicht privatisiert sind, kann und darf es nicht über Sonderregelungen zur Bevorzugung ausgewählter privater Anbieter kommen. Das Inte­resse privatwirtschaftlicher Unternehmen tangiert die hoheitlichen Träger bis heute be­wusst nicht. Angesichts der Gleichbehandlung muss dieser Grundsatz auch weiterhin gelten.

(Erschienen am 13.01.2016)

Autorin: Susanne Storath