Aus Initiative wird Verein

Gründungsvorstand (v.l.n.r): Andreas Schomaker (Biobäckerei Schomakers), Timothy C. Vincent (Steinbildhauerei Vincent) und Uwe Hassdenteufel (Hassdenteufel & Kasakow); Foto: privat

Das Logo des Vereins "Handwerk mit Verantwortung"

Am 2. November haben zehn Handwerker/innen in Düsseldorf den Verein "Handwerk mit Verantwortung" gegründet. Er ging aus der gleichnamigen, von Timothy Vincent aus Wetter ins Leben gerufenen Initiative hervor. Ziel war es, Kunden eine Entscheidungshilfe auf dem Weg zu qualitativ hochwertigen und damit nachhaltigen Produkten zu bieten.

Von den Gründungsmitgliedern sind sieben aus der Natursteinbranche: Steinbildhauerei-Vincent (58300 Wetter), Bildhauerei Kretzschmar (01139 Dresden), Foerster & Foerster GmbH (34576 Homberg/Efze), Hassdenteufel & Kasakow oHG (66740 Saarlouis), Julia Lambertz Holzbildhauerei & Gestaltung (36151  Burghaun), Markus Glöckner Naturstein (66540 Neunkirchen-Hangard) und Steinmetz- und Steinbildhauermeister Georg Staubes (42657  Solingen). Der Vorstand besteht aus Timothy C. Vincent (1. Vorsitzender), Andreas Schomaker (2. Vorsitzender, Biobäckerei Schomakers) und Uwe Hassdenteufel (Kassierer).

Anlass für Vereinsgründung
Der Anlass für diese Vereinsgründung war für den Initiator Timothy C. Vincent die Beobachtung, dass immer mehr Steinmetze seriell gefertigte Steine aus aller Welt verkaufen, die immer weniger mit Handwerk zu tun haben, aber oft  unter sozial und ökologisch problematischen Bedingungen hergestellt, bearbeitet und transportiert wurden. "Es geht um viel: Wenn Steinmetze nur noch Importsteine verkaufen und selbst nicht mehr handwerklich arbeiten, dann können sie auch nicht mehr gut ausbilden. Wenn wir nicht mehr gut ausbilden können, verliert unser Handwerk seine Identität und sein Können. Das ist auch schlecht für uns alle.

Wir müssen das Prinzip Handwerk und die Regionalität stärken. Regionalität bedeutet, dass wir uns im Raum wiedererkennen, auch wenn es um Produkte und Werkstoffe geht", so Vincent. "Wir glauben, dass es die Stärke des Handwerks ist, handwerklich zu arbeiten, sich persönlich mit den Kunden auseinanderzusetzen und auf sie einzugehen und sie mit guten Informationen dazu zu befähigen, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Das gilt auch für die Bäcker, die Tischler und die vielen anderen Handwerkszweige."

Regionale Produkte und Betriebsmittel
Der Verein ist gewerkeübergreifend angelegt. Die Betriebe, die sich hier zusammen geschlossen haben, wirtschaften in ihren Möglichkeiten mit Bedacht, heißt es auf der zugehörigen Webseite www.handwerk-mit-verantwortung.de. In den Leitprinzipien des Vereins sind unter anderem folgende Ziele formuliert:

Handwerk mit Verantwortung bekennt sich zum Leitprinzip nachhaltiger Entwicklung und bietet Kunden Hilfe und Orientierung auf dem Weg zu nachhaltigen Waren und Dienstleistungen.  Die Unternehmen wollen beim Bezug von Rohstoffen und Rohprodukten darauf achten, dass ihre Gewinnung möglichst wenig Auswirkungen auf Umwelt und Natur aufweisen, keine unnötigen Transportwege verursachen, Umweltverschmutzung und Abfälle vermeiden und Upcyling und Recycling fördern. Den Handwerker/innen geht es auch darum, keine Produkte aus sozial fragwürdiger Herstellung zu verwenden oder zu verkaufen.

Die Mitgliedsbetriebe verpflichten sich zur Aufklärung über alle Produkteigenschaften, die Lieferkette und die Herkunft aller Werkstoffe/Inhaltsstoffe und zur Weitergabe von Wissen und Können und folglich zur Ausbildung. Die Leitprinzipien sehen ein Verbot von Diskriminierung vor, eine Vertrauenskultur, Transparenz und Offenheit im Umgang miteinander und im Umgang mit den Kunden. Die Mitglieder verpflichten sich bei der Arbeit zu Sorgfalt und handwerklicher  Qualität, bei der der Mensch und sein Wissen und Können sowie die Handarbeit im Mittelpunkt stehen, und sie bekennen sich zur Langlebigkeit der Produkte oder der Lösungen, die sie herstellen.

Kernprodukte und Dienstleistungen werden so weit möglich durch die Mitglieder selbst entwickelt, hergestellt, ver-, um- und bearbeitet sowie bereitgestellt – unter Einhaltung von hohen ökologischen, tariflichen und sozialen Standards und einem möglichst regionalen Bezug von Rohstoffen und Rohprodukten. Können sie nicht vom Mitgliedsbetrieb selbst bereitgestellt werden, wird die Kooperation mit regionalen Partnern gesucht, die nach den gleichen Prinzipien arbeiten.

Unterstützung erhält der Verein von Reiner Nolten, Hauptgeschäftsführer des  Westdeutschen Handwerkskammertages. Sein Argument: "Handwerk ist von seiner Historie her per se nachhaltig. Da aber nicht mehr alle Betriebe den grünen Prinzipien genügen, finde ich es gut, wenn Betriebe herausgehoben werden, die sich besonders nachhaltig verhalten. Ich unterstütze daher diesen Ansatz persönlich und auch als Beirat."

Gute Arbeit und gute Produkte von schlechter Arbeit unterscheiden
Christine Ax, Handwerksforscherin und Unterstützerin des Vereins, kommentiert die Vereinsgründung wie folgt:
"Handwerk kann Nachhaltigkeit: Die strukturelle Nachhaltigkeit des Handwerks stand für mich schon immer außer Frage. Als Nahversorger, als Träger wichtiger kultureller und technischer Kompetenzen, als Ausbilder und Arbeitgeber. Handwerksbetriebe sind mit ihren vielen sozial engagierten Unternehmer/innen und Menschen das Rückgrat der lokalen Ökonomien. Was aber nicht bedeutet, dass sie tatsächlich immer nachhaltig agieren. Dies hat viele Gründe: Die Industrie hat das Handwerk in vielen Bereichen zu ihrem Handlanger gemacht und ist in traditionelle Handwerksmärkte eingebrochen. Es gibt ohne Zweifel einen Trend zur Industrialisierung des Handwerks, die vom Handwerk selbst vorangetrieben wird.

Besonders ärgerlich ist es, wenn das Handwerk anfängt "den Mythos Handwerk" auszuschlachten, um dann Industriequalität zu überhöhten Preisen an den Mann und die Frau zu bringen. Dies ist in einigen Gewerken inzwischen tatsächlich der Fall. Der Steinmetzberuf ist ein Beispiel dafür, aber auch im Nahrungsmittelhandwerk ist dies zu beobachten. Und natürlich stimmt auch: Die Kunden sind nicht immer bereit, den Preis für gutes Handwerk zu zahlen, und sie haben nicht das Wissen und die Erfahrung, um gute Arbeit und gute Produkte von schlechter Arbeit unterscheiden zu können.

Der Verein Handwerk mit Verantwortung geht mit seinem Anspruch über gängige CSR-Kriterien hinaus und ist eine adäquate Antwort auf die Chancen, die Handwerk für eine nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Entwicklung für Handwerk hat."

Weitere Informationen unter www.handwerk-mit-verantwortung.de.

(Erschienen am 25.11.2015)

Autorin: Susanne Storath