Abseits ausgetretener Pfade

Lucian-Matteo Muth mit seiner Siegerarbeit "Materialermüdung!?" und Juror Gerhard Gröters. Fotos: Pat Christ

Für seine Installation »Sinnbild Bauplan« erhielt Marc Rammelmüller den zweiten Preis.

Stephanie Schmidt wurde für ihre Installation "Verwirrung weicht der Ordnung" mit dem dritten Preis ausgezeichnet.

Zum vierten Mal rief die Aschaffenburger Meisterschule für Steinmetzen zu ihrem Gestaltungswettbewerb auf. "Alles ist möglich ... und kann auch ganz anders sein", lautete das Thema in diesem Schuljahr.

Elf Meisterschüler und zwei Meisterschülerinnen beteiligten sich daran. Das Ergebnis war "absolut eindeutig", so der ehemalige Meisterschüler Gerhard Gröters, der den Wettbewerb initiierte und alljährlich das Preisgeld stiftet. Der erste Preis ging an Lucian-Matteo Muth für sein originelles Objekt "Materialermüdung!? .

Der mit insgesamt 2.000 € dotierte Gestaltungswettbewerb soll junge Steinmetzen und Steinbildhauer animieren, ausgetretene Pfade der Gestaltung zu verlassen, mit Materialien zu experimentieren, Ideen authentisch umzusetzen und das eigene Können auszuloten. "Es geht um den Mut zur Metamorphose", verdeutlichte Schulleiterin Ulrike Ader bei der Vernissage Mitte April in Aschaffenburg. Diesen Mut bewies Lucian-Matteo Muth in hohem Maße. Ausgangspunkt seines Objekts ist ein schadhafter, in zwei Teile zerbrochener Baluster, der aus der Balustrade eines Kreuzwegs im unterfränkischen Hammelburg ausgebaut wurde. Der 23-Jährige aus Unterneuses bei Lichtenfels fügte den Baluster in gebogener Weise zusammen und setzte ihn auf eine aus rosa Schwämmen gebildete Säule. Ein schwerer Rhönsandstein, der auf einer schwammigen Stele ruht: Mit seinem Objekt sorgt Muth für einen absurden Gegensatz, der das Thema "Alles ist möglich ... und kann auch ganz anders sein" hervorragend trifft. Der Meisterklassenschüler weist damit nicht nur sein steinbildhauerisches Talent aus, sondern demonstriert, wie gut er in der Lage ist, ein Thema gestalterisch umzusetzen, das weiten gedanklichen Assoziationsspielraum eröffnet. Auch fand er pfiffige Lösungen zur Realisierung seiner Idee: Ein unsichtbares Stahlrohr sorgt dafür, dass die Schwamm-Stele nicht in sich zusammenbricht und der gebogene Baluster sicher oben schwebt.

Eine weitere Auszeichnung ging an Marc Rammelmüller für seine Installation "Sinnbild Bauplan". Als Künstler setzt sich der 43-Jährige aus Aschaffenburg seit längerem mit der Frage auseinander, was Sinnbilder ausdrücken können. Besonders faszinierend sind für ihn Symbole, die auf Verkehrsschildern Ge- und Verbote veranschaulichen. Im Mittelpunkt seiner Installation befindet sich ein blaues Parkschild. Das weiße Auto, das darauf verweist, dass man sein Gefährt hier abstellen darf, scheint aus dem Schild herausgepurzelt zu sein. Dreidimensional ruht es am Fuß des Verkehrsschilds auf einen dunklen Labrador.

Der dritte Preis ging an die Berliner Meisterschülerin Stephanie Schmidt für ihre aufwändige, aus großer Experimentierfreude hervorgegangene Installation "Verwirrung weicht der Ordnung", die Steinbildhauerkunst
mit Technik verbindet. Schmidt bildete sowohl die Aschaffenburger Meisterschule als auch das gegenüberliegende Schloss in Umrissen nach. Auf dem Feld dazwischen, das den Hof der Steinmetzschule symbolisiert, befinden sich scheinbar wirr angeordnete Buchstaben. Werden sie in bestimmter Weise von LED-Lampen angeleuchtet, ergeben sie auf der weißen Projektionsfläche zwischen der Schlosssilhouette das Wort "Aschaffenburg". Die Schrift wurde von der 32-Jährigen selbst entwickelt, Gerhard Gröters goss die Buchstaben in seiner Kunstwerkstätte. Jeder Bronzebuchstabe ruht auf Holz oder einem kleinen Steinsockel – etwa auf Schiefer, Sandstein, Granit, Jurakalk oder Marmor. Ein Bewegungsmelder an der Front der Installation registriert, ob sich gerade Menschen im Raum befinden. Bei Bewegungen gehen bestimmte, in genau definiertem Winkel angebrachte LED-Leuchten an, die dann zum projizierten Schriftzug führen. Erstmals in diesem Jahr bekamen alle Teilnehmer als Anerkennung von Gröters eine Plakette überreicht. Zu den beachtlichen Werken neben den drei Siegerarbeiten gehört das autobiografisch inspirierte Objekt "Fantasie" von Jonathan Schulda aus dem hessischen Groß-Gerau sowie das Objekt "Im Handumdrehen" von Simon Tödter aus Düren in Nordrhein-Westfahlen.

(25.7.2016)

 

 

Autor/in: Pat Christ