130 Jahre "Granitschule Friedeberg"

Die Landesfachschule für Granitindustrie Friedeberg

Terrassenförmiger Quaderabbau

Transport von rohen Granitblöcken zum Friedeberger Bahnhof

Anzeige der Granitschule Friedeberg über ihr Unterrichtsangebot

Am 16. Oktober 1886 wurde die in Fachkreisen "Granitschule Friedeberg" genannte Schule nach der Saubsdorfer Marmorschule als eine der ersten staatlichen Steinmetzausbildungsstätten im deutschsprachigen Raum feierlich eröffnet. Dieses Ereignis jährt sich zum 130sten Mal. Die Schule im damaligen Österreich-Ungarn und in der Tschechoslowakei galt jahrzehntelang als richtungsweisend für die Hartgesteinsbearbeitung. Die fachlich anerkannte Granitschule im Sudetenland hielt ihren Schulbetrieb fast 60 Jahre lang aufrecht. Sie musste ihren Ausbildungsbetrieb wahrscheinlich noch vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs aufgeben.

Friedeberger Granitvorkommen
Gegründet wurde die Friedeberger Granitschule in der großflächigen Lagerstätte des Granit Žulová (FRIEDEBERGER GRANIT), in der auch die kleinere Hartgesteinslagerstätte am Kaní Hora (Hutberg) liegt, in der neben weiteren Hartgesteinssorten auch der seinerzeit begehrte dunkle Diorit Kaní Hora (HUTBERGDIORIT) bei Tomíkovice (Domsdorf) gebrochen wurde. Das Granitvorkommen umschließt das Vorkommen des SAUBSDORFER MARMORS (Supíkovický mramor) und des GROSSKUNZENDORFER MARMORS (Sławniowice Marmur) umschlossen. Diese Marmore kristallisierten unter der Hitze und dem Druck des entstehenden Granitplutons aus. Abgebaut wurde der FRIEDEBERGER GRANIT nach der Beseitigung der Abraumdecke, die 10 bis 0,5 Meter mächtig war.

Die Granitbrüche befanden sich in Žulová (Friedeberg), Skorošice (Gurschdorf), Tomíkovice (Domsdorf), Černá Voda (Schwarzwasser), Vápenná (Setzdorf), Kobylá nad Vidnavkou (Jungferndorf), Buková (Buchsdorf), Velká Kraš (Groß Krosse) und Červená Voda (Rothwasser). Verarbeitet wurde vorwiegend der weißgraue fein- bis mittelkörnige Granit. 

Ökonomische Entwicklung der Friedeberger Granitgewinnung
Granitfindlinge wurden seit der Mitte des 19. Jahrhunderts von aus Hamburg Zugewanderten für örtliche Zwecke verarbeitet. Um 1850 gab es drei Steinmetze. Im Jahr 1854 arbeiteten in Černá Voda (Schwarzwasser) bereits 16 Steinmetze (siehe Fußnote 1).

Naturstein wurde in der Gründerzeit, die mit der Entstehung der Industrialisierung verbunden ist, mit hohen steintechnischen und entsprechenden gestalterischen Anforderungen benötigt. Repräsentative Bauwerke und Zweckbauten wie Brücken- und Eisenbahnbauten wurden in großem Umfang aus Naturstein erstellt. Dies regte die Nachfrage nach Granit, Marmor und Kalk- und Sandstein in der österreichisch-ungarischen Monarchie enorm an. Im Kaiserreich Deutschlands boomte das Bauwesen zusätzlich wegen der Reparationszahlungen Frankreichs, die den Krieg 1870/71 verloren hatten. Der Absatz ins deutsche Kaiserreich war durch Zölle und Transportprobleme aus dem Sudetenland allerdings eingeschränkt.

Einheimischer Pionier der Granitindustrie
Franz Kurzer aus Rothwasser wird in einer Quelle als einheimischer Pionier der Granitindustrie bezeichnet. Er eröffnete im Jahr 1872 den Finkebruch, den ersten Steinbruch im Friedeberger Granitgebiet. 1878 brach die Firma von Albert Förster aus Friedeberg im Katzelbruch Granit (siehe Fußnote 3). Diese Firma entwickelte sich zum größten steinverarbeitenden Unternehmen in Ungarn-Österreich und der 1832 geborene Albert Förster wurde 1901 zum Hofsteinmetzmeister ernannt. Einige Jahre später wurden die Steinbrüche am Hutberg bei Domsdorf erschlossen (siehe Fußnote 4). 1882 formatierten Arbeiter auf der Brandkoppe die ersten Pflastersteine aus Granit und ab 1890 in Setzdorf das erste Kleinpflaster.

Durch den Ausbau der Eisenbahn in den Jahren von 1888 bis 1898 im Gebiet um Freiwaldau (Jeseník) erhielt die Steinindustrie einen Aufschwung, da sich dadurch die Transportkosten senkten. Vor dem Eisenbahnbau musste der Steintransport aus Žulová (Friedeberg) mit Pferdefuhrwerken zur Eisenbahn erfolgen, der 5 bis 6 Stunden bis nach Jeseník (Freiwaldau) dauerte. Bis zu dieser Zeit orientierte sich die Granitindustrie vor allem nach dem Absatz im österreichisch-ungarischen Inland und in den benachbarten Staaten. 
 
Rund 6.000 Menschen indirekt und direkt in der Granitindustrie beschäftigt
1913 waren um die 6.000 Menschen indirekt und direkt in der Granitindustrie beschäftigt. Die Natursteinproduktion erfolgte arbeitsteilig. Es gab Steinspalter, Stocker, Bossierer, Pflastersteinmetze, Schleifer, Polierer, Schrifthauer und Vergolder, die Feinarbeiter genannt wurden. Der wirtschaftliche Einbruch für die Granitbetriebe kam mit dem Ersten Weltkrieg. Dennoch ging es nach dem Ende des Krieges wirtschaftlich wieder bergauf. Insbesondere die Nachfrage von Grabmalen für gefallene Soldaten belebte die dortige Natursteinwirtschaft. Die Granitindustrie erkannte schnell den Produktionsfortschritt den die elektrische Energie ermöglichte. Bereits 1919 errichtete die Firma Hermann Franke & Albert Prießnitz in Nýznerov (Nienersberg) ein eigenes kleines Elektrizitätswerk. Ende der 1920er Jahre erfolgte der Anschluss an das allgemeine Stromnetz.

1920 gab es 70 Granitbrüche, 16 selbstständig steinverarbeitende Betriebe und 15 Schleiferbetriebe. Bis 1925 stieg die Anzahl der steinverarbeitenden Betriebe auf 80 mit etwa 2.000 Arbeitern an. Nach der Einführung von elektrisch angetriebenen Schleifmaschinen waren etwa 1.800 bis 2.000 Arbeiter in Schwarzwasser alleine mit der Bearbeitung von Naturstein befasst. Die händischen Schleifarbeiten wurden durch diese neue Technologie auf Klein- und radiale Flächen reduziert, denn das Schleifen von Flächen erledigten nun die elektrischen Schleifmaschinen. Diese Schleifarbeiten wurden vor allem von Frauen ausgeführt. Hilfreich für die Schleifgänge war das sogenannte Massa, eine Form von Stahlsand.

1929 war der Granitabbau in 154 Steinbrüchen genehmigt, davon befanden sich 124 mit 2.870 Arbeitern in Betrieb. Die Weltwirtschaftskrise, die 1929 begann, setzte dieser Entwicklung ein Ende. Überaus bedeutend war bis ins Jahr 1930 die Herstellung von Pflastersteinen mit einem Anteil von 70 %, darunter waren 60 % Kleinpflaster. Die restlichen 30 % des Gesteins wurden als Schleifware (darunter wenig Bauware), Stufen und Randsteine weiter verarbeitet (siehe Fußnote 5).

Die Bedeutung der schlesischen Steinindustrie kann auch daran abgelesen werden, dass dort bis 1930 etwa 800 Gelenkarmschleifmaschinen im Einsatz gewesen sein sollen, die vor allem von Frauen bedient wurden. Diese Zahl bezieht auch die dortige Marmorindustrie mit ein.

Noch im Jahr 1930 konnte die westschlesische Granitindustrie etwa 55.100 m³ Granit verarbeiten. Dieser Wert wurde danach nie wieder erreicht.

Auswirkung der Weltwirtschaftskrise von 1929
Infolge der Weltwirtschaftskrise kam es in den nachfolgenden Jahren in der Granit- und Marmorindustrie im Sudetenland wie auch in der Kalkindustrie in Vápenná (Setzdorf) zu einer Absatzkrise. Die Unternehmen reagierten mit Entlassungen von Arbeitskräften und Lohnkürzungen. Die in diesen Industrien beschäftigten Arbeiter mussten mit ihren Familien Entbehrungen hinnehmen und gerieten in Notlagen.

Als im November die Löhne weiter gekürzt und weitere Arbeiter entlassen wurden, riefen die Gewerkschaften und Kommunisten am 25. November 1931 zu einem Streiktag auf und kündigten eine Demonstration in Freiwaldau an. Der tschechische Innenminister verbot die Demonstrationen und drohte bei Zuwiderhandlungen Waffengewalt an. Am 25. November kam es in Dolní Lipová (Niederlinderwiese) an einer Straßenverengung an einer Bahnüberführung zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung von Gendarmen und streikenden Steinarbeitern, die in Freiwaldau demonstrieren wollten. Es entstand ein Stau und die Gemüter erhitzten sich, die Steinarbeiter drängten auf Durchlass, Steine folgen und die Gendarmen griffen zu ihren Waffen. Acht Menschen wurden erschossen. Dieser Tag ging in die Geschichte als Frývaldovská stávka (Freiwaldauer Streik) ein.

Bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs lieferte die sudetendeutsche Granitindustrie nicht nur nach Österreich-Ungarn, sondern auch nach Deutschland, Polen, Jugoslawien, Bulgarien, Rumänien, Frankreich, Belgien, Holland, England, Rußland, in die Türkei, die USA, nach Kanada, Südamerika und Australien (siehe Fußnote 3).
1933 sank die Granitproduktion auf 35.200 m³ (1930 waren es 55.100 m³). Die Granitindustrie beschäftigte 1933 lediglich noch 2.365 Arbeiter. Als 1933 die Nationalsozialisten in Deutschland an die Macht kamen, erhofften sich viele sudetendeutsche Unternehmen Aufträge. Es erfolgte ein kleiner wirtschaftlicher Aufschwung, der sich letzten Ende als Scheinaufschwung herausstellte. 1936 erreichte die Granitproduktion ein Volumen von etwa 49.000 m³.

Pflastervertriebsgenossenschaft schlesischer Steinindustrien in Friedeberg
1937 erfolgte in Zusammenschluss großer Steinindustriebetriebe zu einer "Pflastervertriebsgenossenschaft schlesischer Steinindustrien in Friedeberg" in der Hoffnung Aufträge aus dem Dritten Reich nicht nur für Pflastersteine, sondern auch für Werksteine zu erhalten. Nach dem Anschluss des Sudetenlands an das Dritte Reich im Jahr 1938 nannte sich das Unternehmen in "Vertriebsgenossenschaft sudetendeutscher Steinindustrien" um. Die Zollschranken nach Deutschland fielen nach 1938 weg. Diese Genossenschaft erhielt v.a. Aufträge für Parteibauten, Reichsautobahnen, Bauwerke der Luftwaffe, des Heeres und weiterer öffentlicher Bauauftragsgeber und für den Bau des Reichsparteitagsgeländes in Nürnberg.

1939 begann der Zweite Weltkrieg und läutete das Ende der schlesischen Steinindustrie und ihrer Granitschule ein. Die Umsätze sanken, denn in Kriegszeiten wird Naturstein zu einem nachrangigen Wirtschaftsgut. Die Mitarbeiter der Steinindustrie wurden teilweise zum Militär einberufen, die Schülerzahl der Granitschule sank.

Produktionszahlen der Granitindustrie um Friedeberg/Schwarzwasser in m³ (siehe Fußnote 6):
Jahr:   m³:
1926: 28.400
1927: 31.600
1928: 42.000
1929: 44.300
1930: 55.100
1931: 43.200
1932: 37.700
1933: 35.200
1934: 34.900
Gesamt: 352.400

Geschichte der Granitschule
Vorausschauende Steinmetze im Sudetenland erkannten seinerzeit die Herausforderungen.
Sie reagierten und entwickelten das Ausbildungskonzept zum "Steinmetztechniker", einer dreijährigen Vollzeitausbildung in einem industriellen Berufsbild. Dies entsprach dem zeitgenössischem Verständnis von "industrieller Arbeit", die in der Steinindustrie durch Kleinserien von Natursteinprodukten geprägt war. Die Betriebe waren nach einer Einschätzung des Autors Manufakturen, die noch nicht ausschließlich maschinell, sondern stark von Handarbeit geprägt waren.

Voraussetzung zur Aufnahme in die Granitschule war der erfolgreiche Abschluss einer Bürgerschule. Sie war eine Berufsfachschule, ein Schultyp, der in der Zeit der Monarchie in Österreich-Ungarn entwickelt wurde. Die Schulzeit war identisch mit der Lehrzeit, die praktischen und theoretischen Ausbildungsinhalte wechselten sich systematisch ab. Der Schulabschluss galt als Facharbeiter- bzw. Gesellenbrief. In der heutigen Bundesrepublik gibt es in der handwerklichen Steinmetz- und Steinbildhauerausbildung diesen Schultyp lediglich noch in Kaiserslautern.

Diese Ausbildung zum Steinmetztechniker ist nicht mit der heutigen Ausbildung zum Staatlich geprüften Steintechniker zu verwechseln.

Granitschule Friedeberg feierlich eingeweiht
Die Granitschule kam 1886 nach Friedeberg, weil die Firma Förster Räumlichkeiten in ihrem Betrieb für den Schulbetrieb zur Verfügung stellte. Auch der Ort Velká Kraš (Groß Krosse) hatte sich als Schulstandort angeboten. Friedeberg selbst beherbergte wenige Granitbetriebe, die meisten waren in Schwarzwasser. Am 16. Oktober 1886 wurde die Granitschule Friedeberg feierlich eingeweiht, die benachbarte Marmorschule Saubsdorf bereits am 15. Februar 1886. 1909 wurde ein eigenes Schulgebäude errichtet, da die Firma Förster die zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten für ihre eigenen betrieblichen Zwecke benötigte.

Vor dem Ersten Weltkrieg betrug die Schülerzahl um die 30 je Jahrgang. Nach dem Ende dieses Krieges schwankte die Zahl stark zwischen 10 bis 25 Schülern. Dies war die Folge geburtenschwacher Jahre infolge des Krieges und wirtschaftlicher Schwankungen in der Entwicklung der Tschechoslowakei. Laufend erfolgten Anpassungen an die fachlichen Anforderungen, die an die Verarbeitung von Naturstein gestellt wurden. 1925 wurde die Schule an das elektrische Netz angeschlossen.

Schulungsräume und -werkstätten für Maschinen
Ab 1926 wurden für Steinmetzlehrlinge eine zweizügige Fortbildungsschule in den Räumlichkeiten der Granitschule eingerichtet. Von 1927 bis 1929 konnten Schulungsräume und -werkstätten für Maschinen angebaut werden. Die maschinellen Voraussetzungen für eine zeitgemäße Ausbildung wurden mit der Aufstellung einer Steinsäge, eines Gatters, einer Drehbank, einer Bohrmaschine und einer Gelenkarmschleifmaschine geschaffen. Eine Kompressorenanlage ermöglichte auch die Arbeit mit Druckluft betriebenen Werkzeugen. Des Weiteren wurden ein Kran und weitere Hilfsmaschinen angeschafft. Zur Herstellung von Werkzeugeisen gab es eine eigene Schmiede in der Schule (siehe Fußnote 5). 1932 hatte die Granitschule mit 52 Schülern ihre stärkste Belegung erreicht.

Die Steinindustrie und das Steinmetzhandwerk prosperierten im Sudetenland, zahlreiche Betriebe wurden gegründet, Steinbrüche eröffnet und Arbeitsplätze geschaffen. Fast alle Unternehmer der westschlesischen Granitindustrie waren Absolventen der Granitschule. Die Qualität der Ausbildung der Granitschule war anerkannt hoch. Ihre Absolventen erreichten in Betrieben führende Positionen.

Ausbildungsgänge
Vorausschauende Steinmetze erkannten seinerzeit die Herausforderungen. Sie reagierten und entwickelten das Ausbildungskonzept zum "Steinmetztechniker", eine dreijährige Vollzeitausbildung in einem industriellen Berufsbild. Ein Steinmetztechniker konnte nach einer dreijährigen betrieblichen Tätigkeit die Meisterprüfung ablegen, die zehn Tage dauerte und in Opava (Troppau), Praha (Prag) oder Bratislava (Preßburg) abgelegt werden konnte. Damit konnte eine staatliche Konzession zur Ausübung des Steinmetzgewerbes in Österreich-Ungarn und von 1918 an in der Tschechoslowakei erworben werden. Die Granitschule war international anerkannt; sie beschulte auch vereinzelt Steinmetze aus anderen Ländern.

Kurze sudetendeutsche Vorgeschichte
Als Sudetenland werden Gebiete der tschechisch-slowakischen Länder Böhmen, Mähren und Mährisch-Schlesien mit einstmals überwiegend deutschsprachiger Bevölkerung bezeichnet. Es handelt sich hierbei um eine historische Besiedlung vor allem von Grenzgebieten der Tschechoslowakei, die ihren Ursprung im 12. und 13. Jahrhundert hatte. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde die Österreichisch-Ungarische Monarchie aufgeteilt und die Tschechoslowakei entstand als Staat. Erst nach dem Ende dieses Weltkriegs bürgerte sich der Begriff Sudetendeutsche ein (siehe Fußnote 1). Sie waren in der Tschechoslowakei eine Minderheit und fühlten sich benachteiligt. Sie wurden von der tschechischen Bürokratie bewusst benachteiligt und in der Öffentlichkeit angefeindet. Die Wirtschaft florierte in den Gebieten am Rand des neuen Staates nicht optimal und Arbeitsplätze waren gefährdet.

Nach der Machtübernahme Hitlers im Jahr 1933 entstanden unter den Sudeten starke Bestrebungen sich unter der Losung "Heim ins Reich" ins Dritte Reich einzugliedern. Entsprechend des Münchner Abkommens vom 30. September 1938 wurde das Sudetenland zum deutschen Staatsgebiet erklärt. Dieses Abkommen wurde von  Großbritannien, Frankreich, Italien und vom Dritten Reich, ohne Beteiligung der Tschechoslowakei geschlossen. 1939 wurde die Tschechoslowakei von der Wehrmacht besetzt.

Nach dieser Besetzung kam es zu mehreren Terrorwellen gegen Tschechen und etwa 150.000 bis 180.000 tschechoslowakischer Staatsbürger wurden aus ganzen Landstrichen ausgesiedelt und es setzte eine nationalsozialistische Germanisierungspolitik aller Lebensbereiche ein. Juden wurden deportiert, Gewerkschafter, Sozialdemokraten und Kommunisten verfolgt und in Konzentrationslagern ums Leben gebracht. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs sollen von 300.000 Juden in der Tschechoslowakei lediglich 30.000 überlebt haben. Die Nationalsozialisten planten die Zerschlagung der Tschechoslowakei und die erlebte sechsjährige Besatzungszeit war für die Tschechen das Hauptmotiv, künftig in einem "Nationalstaat" ohne eine deutsche Minderheit zu leben. Nur vor diesem Hintergrund ist die Aussiedlung von etwa 2,9 Millionen Sudetendeutschen nach 1945 zu verstehen.

Nach ihrer Vertreibung gründeten sich die Sudetendeutschen Landsmannschaften in der Bundesrepublik, die bis ins Jahr 2015 die Rückübereignung und einen Ausgleich ihr Eigentum und für ihr erlittenes Leid forderten. Im Jahr 2016 wurde die Satzung der Landsmannschaft abschließend dahin gehend geändert, dass sie nicht mehr beabsichtigt ihre Heimat "zurückzugewinnen". Man werde künftig eine Politik der Aussöhnung verfolgen (siehe Fußnote 2).

Schulschließung
In die Granitschule wurden im Verlauf des Zweiten Weltkriegs auch kriegsversehrte Soldaten aufgenommen, die den Steinmetzberuf ausgeübt hatten (darunter war auch der kriegsversehrte Vater des Autors dieses Artikels). Gegen Kriegsende soll das Schulgebäude auch als Feldlazarett gedient haben. Es war nicht so, wie häufig in der Literatur dargestellt, dass das Schicksal der Granitschule nach dem Kriegsende bzw. mit dem Einmarsch der Roten Armee im Mai 1945 besiegelt wurde. Dies geschah vermutlich bereits früher, weil die Nationalsozialisten Schüler zum Militärdienst abkommandierten und keine neuen Lehrgänge mehr eingerichtet wurden.

Die Sudetendeutschen wurden nach Kriegsende im Jahr 1945 entsprechend der Beschlüsse der Potsdamer Konferenz und der Dekrete des tschechoslowakischen Staatspräsidenten Edvard Beneš enteignet und brutal ausgesiedelt. Die Granitschule wurde nie wieder eröffnet. Die sudetendeutschen Natursteinbetriebe wurden enteignet, mussten in der Folge entweder schließen oder wurden unter staatliche Regie gestellt.
Die historischen Gründe für diesen Rückgang liegen in erster Linie darin, dass die deutschsprachigen Steinfachleute das Sudetenland verlassen mussten. Dies betraf nicht nur die Granitschule, sondern auch die Marmorschule im nahe gelegenen Saubsdorf (siehe auch http://www.natursteinonline.de/zeitschrift/neuigkeiten/detail/130-jahre-marmorschule-saubsdorf.html).

Andererseits ist es nachvollziehbar, dass in den ersten Jahren die am Krieg beteiligten Staaten zunächst bemüht waren, die Existenzgrundlagen ihrer Bürger zu sichern. Für hochwertige Wirtschaftsgüter, wie Granit, war die Nachfrage gering. Der Nachfragerückgang nach Wirtschaftsgütern aus Naturstein war schon im Verlauf des Zweiten Weltkriegs stark gesunken. Der aufkommende Kalte Krieg und der Bau des Eisernen Vorhangs schnitt das Staatsgebiet der Tschechoslowakei von ihren früheren Natursteinmärkten nicht nur im Westen Europas, sondern auch in Übersee ab. Vermutlich ging man in der Tschechoslowakei davon aus, dass die bereits 1884 gegründete und bis heute bestehende Steinbildhauerschule Hořice (Horschitz), in der bis heute in tschechischer Sprache unterrichtet wird, in ausreichender Zahl Fachleute ausbilden könne.

Aus heutiger Sicht muss gesagt werden, dass die weiter oben genannten Hartgesteine wenig marktgängig wären.

Heute wird das Gebäude der Granitschule als Wohnraum für Bedürftige genutzt.

Staatliche Zuständigkeit
Die Granitschule wechselte in ihrer Geschichte mehrmals ihre Trägerschaft, gegründet wurde sie auf der Grundlage privater Initiative. Die staatliche Zuständigkeit wechselte mehrmals: Österreich- Ungarn (1886 –1918), danach erfolgte der Versuch der Gründung zu einer eigenständigen Provinz Sudetenland (29. Oktober 1918 bis 10. September 1919), Tschechoslowakei (1919 –1938) und Drittes Reich: Reichsprotektorat Böhmen und Mähren (1938 –1945). 

Schlussfolgerungen für heute
In Sinne der Bewahrung von Tradition und Fortschritt hat diese Einrichtung Bedeutung bis in die heutige Zeit. Es gilt die historischen Lehren daraus zu ziehen. Die damaligen politischen und anderen Entscheidungsträger des Steinmetzgewerks waren ihrer Zeit voraus. Sie reagierten mehrmals auf Anforderungen im fast sechzigjährigen Bestehen der Schule und setzten auf qualitätsvolle Ausbildung. Sicherlich stehen die Zeichen derzeit nicht auf Expansion in der Steinbranche, sondern auf kluge Anpassung an die neuen Herausforderungen.

Die Geschichte dieser Ausbildungsstätte zeigt aber auch, dass die Ausbildung sowie die technische und wirtschaftliche Entwicklung im Steinmetzgewerk eng miteinander verzahnt sind. Dies zu beachten und sich stets anzupassen, gilt heute für die Betriebsinhaber und Beschäftigten sowie Ausbildungsstätten ebenso wie damals.

Literatur:
Norbert Becke: Zum Beispiel. Berufsfachschule Friedeberg. S. 7 ff. In: Demonstrationen 13. Eine Folge von Studien und Berichten der Wunsiedler Fachschule, hrsg. v. Konrad Schmid. Sonderdruck im Auftrag der Spielvogel KG, Niederraunau. Beer, Wunsiedel 1969.

L. Finckh, G. Götzinger: Erläuterungen zur Geologischen Karte des Reichensteiner Gebirges, des Nesselkoppenkammes und des Neiße-Vorlandes. S. 75/76, hrsg. v. der Geologischen Bundesanstalt in Wien. Österreichische Staatsdruckerei, Wien 1931.

Ernst Hetfleisch, Franz Kiegler: Friedeberg Altvater. Geschichte und Schicksal eines sudetendeutschen Städtchens. Hrsg. v. d. Heimatortsgemeinschaft Friedeberg. Heiligensetzer, Augsburg 1974.

Jindřich Hudec: Černá Voda v minulosti a dnes (deutsch: Schwarzwasser aus Vergangenheit und heute), hrsg. v. Místni národní výbor Černá Voda, 1990, frei v. Viktor Hank, J. Ryska und Otto Losert übersetzt.

Rudolf Jaworski: Die Sudetendeutschen als Minderheit in der Tschechoslowakei 1918-1938. In: Wolfgang Benz (Hrsg.): Die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten. Ursachen, Ereignisse, Folgen. Fischer Verlag. Frankfurt am Main 1985

Friedrich Prinz: Böhmen und Mähren.  (Reihe: Deutsche Geschichte im Osten Europas), Siedler Verlag, Berlin 1993. ISBN 3-88680-202-7.

Fußnoten:
1 ) Rudolf Jaworski: Die Sudetendeutschen als Minderheit in der Tschechoslowakei 1918-1938. S. 30
2) Spiegelonline: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/vertriebene-sudetendeutsche-aendern-satzung-a-1079696.html
3) Siehe L. Finckh, G. Götzinger: Erläuterungen zur Geologischen Karte des Reichensteiner Gebirges. S. 74 und 75.
4) Der Großvater des Autors (mütterlicherseits) betrieb in Domsdorf und am Hutberg Steinbrüche.
5) Siehe Ernst Hetfleisch, Franz Kiegler: Friedeberg Altvater. Steinindustrie. S. 41.
6) Tabelle entnommen aus Ernst Hetfleisch, Franz Kiegler: Friedeberg Altvater. Die schlesische Landesfachschule für Granitindustrie. S. 33.
6) Siehe Ernst Hetfleisch, Franz Kiegler: Friedeberg Altvater. Die schlesische Landesfachschule für Granitindustrie. S. 189ff.

Anhang:
Zeittafel: Gründungsdaten deutschsprachiger Steinmetzbildungsstätten von 1886 bis 1941
1879: Marmorschule Laas (Österreich-Ungarn). Ausbildungsbetrieb 1911 geschlossen; seit als 1982  als Fachschule für Steinbearbeitung Laas wieder eröffnet
1886: Marmorschule Saubsdorf (Österreich-Ungarn). Ausbildungsbetrieb Ende 1944 geschlossen
1886: Granitschule Friedeberg (Österreich-Ungarn). Ausbildungsbetrieb Ende 1944 oder 1945 geschlossen
1898: Fachschule für Holz- und Steinbearbeitung in Hallein (Österreich-Ungarn)
1900: Staatliche Fachschule für Steintechnik in Wunsiedel (Deutsches Kaiserreich)
1908: Sächsische Steinmetzschule in Demitz-Thumitz (Deutsches Kaiserreich)
1925: Steinfachschule Mayen (Weimarer Republik) Ende des Ausbildungsbetriebs vermutlich im Jahr 1966
1941: Steinmetzschule Königslutter (Drittes Reich)

Die Abbildungen in diesem Artikel sind dem Buch "Friedeberg Altvater. Geschichte und Schicksal eines sudetendeutschen Städtchens" entnommen, das die Heimatortsgemeinschaft Friedeberg herausgegeben hat (siehe Literatur).

(Erschienen am 01.10.2016)

 

 

 

Autor/in: Reiner Flassig