Filigrane Fassade aus deutschem Sandstein in Berlin
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Ein "schmales Handtuch" war die 13 m breite und über 80 m tiefe Baulücke in der Steglitzer Schloßstraße 92. Diese Ausgangssituation war nicht nur für die Baustellenlogistik eine große Herausforderung, sondern auch für den Entwurf des geplanten neuen Wohn- und Geschäftshauses mit zwölf Wohnungen und einer großen Einzelhandelsfläche. In guter Kooperation mit der Planungsbehörde entwarf und errichtete die Patzschke Planungsgesellschaft mbH auf dem gegebenen engem Raum ein Vorderhaus mit sechs Wohnungen und ein Gartenhaus mit weiteren sechs Wohnungen. Die zweigeschossige Einzelhandelsfläche im Erd- und Untergeschoss trägt zur Stärkung des Geschäftslebens in der beliebten Steglitzer Einkaufsstraße bei.
Sandstein-Fassade aus 800 Werkstücken
Das viergeschossige Vorderhaus schließt die Lücke unter Bezugnahme auf die vorhandenen Altbauten. Oberhalb der Traufe wurde ein Dachgeschoss mit geneigtem Ziegeldach errichtet. Die Straßenfassade wurde streng und symmetrisch gegliedert. Um ihr Plastizität zu verleihen, wurde die Mittelachse vom ersten bis zum dritten Obergeschoss durch einen vierachsigen Erker betont. Die vertikalbetonte filigrane Natursteinfassade des Vorderhauses ist aus WALDENBUCHER SANDSTEIN gefertigt – ein Naturwerkstein aus Baden-Württemberg, der auch am Kölner Dom, am Münchner Rathaus und am Schloss Neuschwanstein Einsatz fand. Lauster zufolge besteht das Projekt Schloßstraße 92 aus 800 Werkstücken, teils plattiert, teils Massivlisenen. Das Gesamtgewicht des Steinmaterials gibt die Firma mit 50 t an. Die größten und schwersten Werkstücke sind die profilierten Lisenen, bei Abmessungen von bis zu ca. 160 x 40 x 20 cm und einem Gewicht von ca. 250 kg.
Verankert auf Unterkonstruktion
Die von Patzschke Architekten entworfene und von den Natursteinwerken Lauster Steinbau ausgeführte Fassadenkonstruktion besteht aus einer massiven Natursteinvorsatzschale, befestigt auf einer speziellen Edelstahl-Alu-Unterkonstruktion, die von Decke zu Decke spannt, bzw. mittels Spezialkonsolen, alles objektbezogen geplant und statisch nachgewiesen. Besonders reizvoll war laut Firma die Aufgabe, die Profilierungen der Lisenen und die Kannelierungen der Wandplatten herzustellen. Den Sockelbereich führten die Fachleute in MOOSER MUSCHELKALK aus.
Stilprägende (Stein-)Architektur
Die Architektur des Büros Patzschke, das auch das 1998 neu errichtete Hotel Adlon entwarf, galt lange als umstritten; mittlerweile betrachtet man sie dagegen als stilprägend, so Michael Mohn, Architekt und Partner bei der Patzschke Planungsgesellschaft mbH. Vieles, was heute ganz selbstverständlich erscheine, wie z.B. der Stadtschlossaufbau, sei vorher undenkbar erschienen. Über hundert Gebäude habe das Büro in den letzten fünf Jahrzehnten in Berlin gebaut. Laut Michael Mohn prägen diese durch klassische Bezüge mit dezenter Selbstverständlichkeit das Berliner Stadtbild.
Zu den Natursteinen
Bei einem Sandstein, dessen Sandfraktion zu mindestens 90 % aus Quarz besteht, spricht man von einem Quarzsandstein oder auch Sandstein im engeren Sinne. Ab einem Anteil von 25 % Feldspäten spricht man von Arkose, bei einem hohen Anteil an toniger Matrix und einem Anteil von weniger als 75 % Quarz in der Sandfraktion von Grau wacke. Die entsprechenden Übergangsformen (Quarzanteil in der Sandfraktion jeweils zwischen 90 und 75 %) heißen Subarkose bzw. Subgrauwacke. WALDENBUCHER SANDSTEIN ist ein STUBENSANDSTEIN aus der Subarkose der Löwensteinformation des mittleren Keupers. Der weißlich-graubeige, mittelbis grobkörnige Stein hat eine kieselige Kornbindung. Hauptgemengeanteil ist Quarz, woraus sich die gute Haltbarkeit und Widerstandsfähigkeit dieses Sandsteins ergibt. Wie der Name sagt, stammt der Stein aus Waldenbuch im baden-württembergischen Landkreis Böblingen. Das Vorkommen liegt auf dem bewaldeten Höhenzug "Schönbuch" südlich von Stuttgart, wo es in früherer Zeit unzählige Aufschlüsse des sog. STUBENSANDSTEINS gab. Dieser Stein war bereits vor der Römerzeit von den Kelten als Bau- und Bildhauermaterial verwendet worden (siehe z.B. die Stele eines Kriegers aus dem Keltengrab bei Kilchberg, Tübingen). Im Mittelalter wurde das Material für den Bau des Zisterzienserklosters Bebenhausen bei Tübingen, die Esslinger Frauenkirche, die Reutlinger Marienkirche, die Stiftskirche in Tübingen und das Ulmer Münster verwendet. Dr. Wolfgang Werner, ehemaliger Leiter des Geologischen Landesamts BadenWürttemberg, nannte ihn den Stein der Schwäbischen Gotik. Die Renaissancearkaden im Innenhof des Alten Schlosses in Stuttgart sind ebenso aus STUBENSANDSTEIN wie Teile des Kölner Doms, des Münchner Rathauses und des Schlosses Neuschwanstein. Ferner wurde WALDENBUCHER SANDSTEIN als Boden-, Treppenund Sockelbelag im Tübinger Rathaus eingesetzt. Den Sockelbereich hat Lauster Steinbau mit MOOSER MUSCHELKALK ausgeführt. Dieser grau-braune, porige Schillkalk aus der Kernbank des Vorkommens stammt aus Moos bei Kirchheim im bayerischen Unterfranken.
Lauster Steinbau GmbH
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70376 Stuttgart
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(Veröffentlicht am 23. Mai 2021)