Ein Jahr Sterben mit Corona
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Kassel/Süßen. Vor einem Jahr mussten die ersten Corona-Toten in Deutschland bestattet werden. Seitdem sterben Menschen einsam, dürfen nur im kleinsten Kreis beigesetzt werden. Vielen Hinterbliebenen fehlt das bewusste Erleben einer Bestattung als eines der ersten Rituale des Abschiednehmens. Folgt man der Entwicklung der letzten Jahre, so dürfte in vielen Fällen darüber hinaus auch eine Grabstätte als konkret markierter Trauerort fehlen, den man wenigstens später besuchen könnte. Denn ein wachsender Anteil an Bestattungen findet an anonymen oder halbanonymen Orten statt, wie in Bestattungswäldern, auf Wiesengräbern oder auf See. Orte also, die oft weit weg sind, an denen eine Kennzeichnung des konkreten Grabes meist untersagt oder nicht möglich ist – ebenso wenig, wie Rituale, die nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen bei der Trauerbewältigung helfen können.
"Neue, vermeintlich zeitgemäße, alternative Bestattungsformen haben oftmals Nachteile, die gerade jetzt in der Pandemiesituation offensichtlich werden und die schmerzhafte Folgen für die Trauerbewältigung haben können" sagt Günter Czasny, Sprecher der Initiative ‚Raum für Trauer‘, und weiter: „Denn der Tod muss von den Hinterbliebenen bewältigt werden – diese müssen es schaffen, ihre Trauer eines Tages zu überwinden. Oder es kann sein, sie werden ein Leben lang nicht damit fertig. Und heilsame Trauer braucht Rituale, und zwar an einem konkreten Trauerort – meistens am Grab."
Neue Friedhöfe als Orte für die Lebenden erfolgreich
Die Initiative stützt sich dabei auf neue wissenschaftliche Studien. Diese sind in dem Buch „Raum für Trauer“ zusammengefasst. Es ist, ebenso wie die „Acht Thesen zur Trauerkultur im Zeitalter der Individualität“ von Matthias Horx, über www.trauer-now.de zu beziehen. Günter Czasny hebt hervor, dass sich auf Basis dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse inzwischen erste Friedhöfe sehr erfolgreich neu erfunden haben. „Diese Friedhöfe begreifen sich inzwischen eher als Orte für die Lebenden, die mit dem Tod und vor allem der Trauer umzugehen lernen müssen“, so Czasny. „Verbote beispielsweise, Blumenschalen oder Kerzen auf einer Grabwiese abzulegen, wo man das Grab vermutet, werden ohnehin instinktiv ignoriert, denn viele Menschen brauchen das einfach.“ Beispiele für Friedhöfe, die die Forschungsergebnisse erfolgreich umsetzen, sind unter anderem in Karlsruhe, Ohlsdorf, Süßen und Geislingen-Rorgensteig zu finden, berichtet er.
Dr. Dirk Pörschmann, als Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal e.V. ideeller Träger von „Raum für Trauer“, blickt in die Zukunft: „Die Trauer der Hinterbliebenen findet derzeit unter extrem erschwerten Bedingungen statt, und die professionelle Trauerbegleitung wird in den kommenden Jahren viel dafür tun müssen, um Menschen dabei zu unterstützen, nicht stattgefundene Abschiede mit individuellen Ritualen wenigstens ein Stück weit zu ersetzen. Besonders das Grab kann dabei zu einem zentralen Ort werden, um alle Gefühle der Trauer zu transformieren. So können Hinterbliebene Verluste ohne Abschiede in ihr Weiterleben integrieren.“
Dr. Dirk Pörschmann ist Direktor des Zentralinstituts und Museum für Sepulkralkultur und als Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal e.V. ideeller Träger von „Raum für Trauer“ und der Onlineplattform „Trauer now“.
Günter Czasny ist stellvertretender Geschäftsführer der Ernst Strassacker GmbH & Co. KG Kunstgiesserei, Süßen, (www.strassacker.com/de/sakrale-kunst/trauerkultur) Initiator der Initiative „Raum für Trauer“ und Sprecher des Redaktionsrates der Onlineplattform www.trauer-now.de
Pressemitteilung der Blaurock Markenkommunikation Dresden
(18.03.2021)