Von den Menschen her denken

Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft in Kassel, in der Mitte der Vorsitzende Matthäus Vogel (Fotos: B. Holländer)

Über ein erfolgreiches Geschäftsjahr berichtete Gerold Eppler, hier zwischen Matthäus Vogel (links) und Gustav Treulieb, Bundesinnungsmeister des deutschen Steinmetzhandwerks.

Die Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal positioniert sich neu. Dabei will sie sich an den Bedürfnissen der mit ihren Themen befassten Menschen orientieren. Auf der Jahrestagung am 23. und 24. Juni in Kassel brachten die versammelten Mitglieder in vier Workshops ihre Gedanken ein. Gemeinsam besuchte man auch die Kunstausstellung dokumenta.

Alle fünf Jahre findet in Kassel die internationale Kunstausstellung dokumenta statt, dieses Jahr zum 14. Mal. Zu den dokumenta-Standorten zählt erstmals auch das Museum für Sepulkralkultur, das dadurch große Aufmerksamkeit erfährt. So konnte das laut Kunst-Magazin "art" "sehr lebendige Todesmuseum" In den ersten zwei Wochen nach der dokumenta-Eröffnung bereits 10.000 Besucher begrüßen. Weil das Museum dokumentabedingt tagsüber nicht verfügbar war, tagte man im benachbarten Elisabethkrankenhaus. Vereinsvorsitzender Matthäus Vogel lud die Mitglieder im Namen des Vorstands ausdrücklich dazu ein, sich verstärkt in die Arbeit des Vereins einzubringen, der sich mit seinem Museum und seinem Zentralinstitut für Sepulkralkultur neu positionieren will.

Erfolgreiches Jahr, gute Perspektiven
Kommissarischer Museums­direktor und zugleich Leiter der Arbeitsgemeinschaft ist Gerold Eppler. Als langjähriger Stellvertreter von Prof. Dr. Reiner Sörries musste er nach der unerwarteten Kündigung von Sörries’ Nachfolger Dr. Werner Tschacher Ende März 2016 dessen Aufgaben übernehmen (Naturstein 8/2016, S. 64). "Wir haben alle zusammengearbeitet und ein Ausstellungsprogramm auf die Beine gestellt, mit dem wir fast so viele Besucher angezogen haben wie im Jahr zuvor", berichtete Eppler. Hauptausstellung und gut besucht war die Ausstellung "Vita Dubia", die sich mit der Angst vor dem Scheintod befasste. Auch die Ausstellungen "Einer geht noch" (Karikaturen, jetzt auch als Wanderausstellung buchbar) und "Echos.11" sowie die Kasseler Museumsnacht und das Worldwide Candle Lighting zur Erinnerung an verstorbene Kinder fanden viel Resonanz.

Beworben werden alle öffentlichen Events jetzt auch über die neue Facebook-Seite des Museums. Weitere Veranstaltungen im Geschäftsjahr 2016/17 waren u.a. die "transmortale" und die Friedhofsverwaltertagung, so Eppler. Mit seinem Team hat er außerdem viele Beratungen, Kindergeburtstage und Konfirmandentag durchgeführt sowie 14 "Museumskoffer Vergissmeinnicht" verkauft. Lediglich den Vortragsanfragen hätten er und seine Mitarbeiter nur bedingt nachkommen können, sagte er und verwies zugleich auf die zu erwartende Entlastung durch die für 2018 anberaumte Neuwahl eines Museumsdirektors und Geschäftsführers.

Die Voraussetzungen für die weitere Arbeit seien gut. Das Interesse der Medien und auch der Menschen am Themenkreis Sterben, Trauern und Gedenken sei ungebrochen. Eppler dankte seinen Mitarbeitern sowie den Zuwendungsgebern: der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, der Stadt Kassel sowie der Evangelischen Kirche Deutschland und der Deutschen Bischofskonferenz. Insbesondere die Kirchen hätten die Neukonzeption der Dauerausstellung erst ermöglicht. Das Museum wolle Besuchergruppen, die beruflich mit Tod und Sterben zu tun haben, stärker unterstützen, begründete Gerold Eppler die Neukonzeption.

Mitglieder wollen unterein­ander mehr Kontakt
Vorstand und kommissarische Leitung haben gut gewirtschaftet: Sie wurden einstimmig entlastet. Die nächste Mitgliederversammlung ist für Mitte Juni 2018 anberaumt. "Dort werden wir Ihnen hoffentlich den neuen Leiter vorstellen", sagte Matthäus Vogel. Einer Geschäftsführerfindungskommission lägen bereits 50 Bewerbungen vor, in wenigen Wochen begännen die Gespräche mit einer Auswahl der interessierten Personen.
Einige Mitglieder wünschen sich mehr Austausch mit anderen Mitgliedern aus ihrer Region. Der Vorstand kündigte an, über die Website des Museums einen Mitgliederbereich anzubieten, in dem sich interessierte Personen mit anderen vernetzen und auch austauschen können.

Vier Workshops
Die Arbeitsgemeinschaft bot ihren Mitgliedern die Diskussion folgender Themen an:
- "Nomen erst Omen": Wie ein zeitgemäßer Name die Arge Friedhof und Denkmal e.V. Zukunftsfähig machen kann (Hermann Freymadl)
- "Abschiedskultur kooperativ und würdevoll gestalten": Über das Zusammenspiel verschiedener Akteure am Lebensende und darüber hinaus (Stephan Hadraschek)
- "Zuwanderung als Herausforderung und Chance": Transkulturelle Aspekte der Sterbe- und Bestattungskultur in Deutschland (Dr. Norbert Fischer)
- "Den Friedhof als Ort neu bestimmen vor dem Hintergrund privatwirtschaftlicher Angebote, beispielsweise FriedWald und Ruheforst" (Gerold Eppler) Die Vorbereitung und Auswertung der Gruppenarbeit moderierte Birgit Janetzky.

In allen Gruppen war man sich darüber einig, dass man sich den Herausforderungen nur dann richtig stellt, wenn man alles Tun an den Menschen orientiert, die es betrifft. Was den Namen der Arbeitsgemeinschaft betrifft, greift "Friedhof und Denkmal" den Mitgliedern zufolge nicht weit genug; sie wünschen sich eine Erweiterung in Richtung Abschieds- oder Gedenkkultur. Zum Thema "Abschiedskultur kooperativ und würdevoll gestalten" regten die Diskutanten stärkere Vernetzung mit Akteuren außerhalb des Friedhofs an. Von der Arbeitsgemeinschaft wünschen sie sich didaktisch aufbereitete Materialien und eine Beteiligung als neutrales Gremium.

Auch die Teilnehmer am Workshop "Zuwanderung als Herausforderung und Chance" hätten gern Infomaterialien, die man Interessenten an die Hand geben kann. In die Erarbeitung sollte man ihres Erachtens unbedingt die jeweiligen Verantwortlichen wie z.B. die örtlichen Imame einbeziehen. Alle Akteure müssten flexibel und bereit zu Perspektivenwechseln sein. Wenn das gelinge, seien multikulturelle Friedhöfe eine Chance zur Verständigung.

Alle sind zur Diskussion eingeladen
Was die Neubestimmung des Friedhofs vor dem Hintergrund privatwirtschaftlicher Angebote betrifft, sind die Teilnehmer der Meinung, dass es keinen Sinn macht, privatwirtschaft­liche Angebote schlecht zu reden. Von der Arbeitsgemeinschaft erwarten sie, dass sie sich öffentlich für den Friedhof positioniert und Konzepte ausformuliert und zur Verfügung stellt, die dabei helfen, mit den Herausforderungen umzugehen. Den Austausch untereinander wollen die Teilnehmer an diesem Workshop bei weiteren Treffen und in einem Blog zum Thema fortsetzen. Der Vorstand des Vereins bot an, im Nachgang der Tagung alle Mitglieder zur Teilnahme an der weiteren Diskussion der vier Workshopthemen einzu­laden.

Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal
Tel. 0561 91893-0
info@sepulkralmuseum.de
www.sepulkralmuseum.de

(Erschienen am 14.07.2017)

 

Autorin: Bärbel Holländer