Steinerne Kindheitserinnerungen

Statue "Der verlorene Sohn" von Karl Scheu aus RAGAZER MARMOR, Fotos: privat

Karl Scheu auf seinem Werkplatz

Der Taufstein in der Stiftskirche von Oberkollwangen war Hubert Keinaths Meisterstück.

Hubert Keinath bei der Arbeit

Vor mehr als 50 Jahren gründete Karl Keinath in Dettingen-Erms seinen Steinmetzbetrieb, den inzwischen seine Kinder Birgit und Hubert Keinath führen. Beide lernten ihr Handwerk vom Vater, der vor fünf Jahren verstarb. Hubert Keinath hatte sein Gesellenstück in der Steinmetzwerkstatt Scheu in Bad Urach angefertigt, die von Bildhauer Karl Scheu geführt wurde. Letzterer hatte einst aus einem Block RAGAZER MARMOR, den ihm sein früherer Meister geschenkt hatte, die Skulptur "Der verlorene Sohn" gehauen. Was er sich da zugemutet hatte, war ihm erst später bewusst geworden: "Der Stein war widerwärtig zu bearbeiten, schlimmer wie Granit." Als Ansporn dienten ihm seine Kindheitsvision – das Bild von der Heimkehr des verlorenen Sohns, das einst über seinem Bett gehangen hatte –, ein Rembrandt-Bild und nicht zuletzt der Wille, Gott ein Denkmal zu setzen.

Zu Lebzeiten freundschaftlich miteinander verbunden
So fing er 1970 bis 1973 im früheren Steinbruch und späteren Abstellplatz des Baugeschäfts Müller an der Hülbener Steige mit Fäustel und Meißel an, in "jeder freien Stunde" an der Skulptur zu arbeiten. Inzwischen ziert "Der verlorene Sohn" schon seit ein paar Jahren den Friedhofseingang in Bad Urach. Unten am Mantelsaum steht: "Und er machte sich auf und kam zu seinem Vater, Lukas 15,20". Karl Scheu zog später ins "Altenteil" nach Gomaringen. Er und Steinmetzmeister Karl Keinath waren zu Lebzeiten freundschaftlich miteinander verbunden und arbeiteten Jahrzehnte kollegial zusammen.

Taufstein als Meisterstück
Im Dezember 1995 erfüllte sich auch für Steinmetzmeister Hubert Keinath sein Kindheits- und Jugendtraum: Sein Meis­terstück, ein Taufstein im gotischen Stil, wurde in der Kirchengemeinde Oberkollwangen im Schwarzald aufgestellt. Der aus UDELFANGER SANDSTEIN gehauene Stein erinnert an einen Kelch – oder wie Karl Scheu meinte: einen sich öffnenden Blütenkelch. Der etwa ein Meter hohe Taufstein erhielt seine achteckige Form in Anlehnung an die Säulen der Dettinger Stiftskirche. Das Taufbecken ist in eine glatte Fläche eingelassen. Der damals 24-jährige Hubert Keinath hatte den Taufstein in den Werkstätten der Wunsiedeler Steinmetzschule innerhalb von vier Wochen aus einem quaderförmigen Block herausgearbeitet.

57 Kinder getauft
2016 schrieb der Pfarrer der Kirchengemeinde von Oberkollwangen Hubert Keinath zu seinem fünfzigsten Geburtstag u.a., dass in den bald 21 Jahren seit der Aufstellung des Taufsteins 57 Kinder getauft worden seien. Den Glückwünschen schloss sich auch der erste Täufling an, der mittlerweile 1,85 m groß und 20 Jahre alt ist.

Bearbeitung: Susanne Storath

Kontakt:
Keinath Steinmetzbetrieb  
Herdternstr. 7
72581 Dettingen an der Erms
Tel. 07123 7703
hubert.keinath@t-online.de

(Erschienen am 24.01.2017)