Sachverständigentage mit Rekordbeteiligung

Rund 320 Teilnehmer kamen am 3. und 4. November zu den 17. Sachverständigentagen des Fachverbandes Fliesen und Naturstein in Fulda. Auf dem Programm standen nicht nur zahlreiche Vorträge, sondern auch die Verleihung eines Innovationspreises. Außerdem präsentierten sich verschiedene Zulieferfirmen für Werkzeuge, Computerprogramme, Fliesenkleber, Reinigungsmittel und Metallzubehör für Schienen und Duschabläufe in einer begleitenden Ausstellung.

Prof. Jürgen Ulrich, Richter beim Landgericht a.D., informierte darüber, dass 90 % der Richter in Verfahren den Gutachten von Sachverständigen folgen. Daher sei das Urteil von Sachverständigen bedeutend, sie hätten eine große Verantwortung. Prof. Ulrich ging  auch auf den sog. Verbraucher-Rückruf ein, der durch die EU- Rechtsprechung auch in Deutschland wirksam sei. Sofern ein Vertrag nicht im Büro des Unternehmers geschlossen werde, habe der Vertragspartner ein 14- tägiges Widerrufsrecht. Dies gelte auch bei Beauftragung von Sachverständigen-Gutachten.

Dipl.-Ing. Harald König aus Wien berichtete von keramischen Fliesen, die in ein Bad eingebaut wurden und Feuchtigkeitsverfleckungen aufwiesen. Eine labortechnische Untersuchung ergab, dass die Feuchtigkeit unter die Glasur gezogen war. In Österreich haben die Sachverständigen nach Angaben des Referenten festgelegt, dass derartige Verfleckungen einen optischen Mangel darstellen.

Diskussion über neue Norm
Dipl.-Ing. Gerhard Klingelhöfer aus Polheim ging als stellvertretender Obmann auf den Entwurf der neuen DIN 18354 Innenraumabdichtung ein, die die DIN 18195 ablösen soll. Bei einer anschließenden Podiumsdiskussion wurde dem Vorwurf, die neue DIN-Norm sei zu Industrie- freundlich, heftig widersprochen. Thematisiert wurde außerdem die barrierefreie Zukunft im Badbereich.

Hans-Willibert Ramrath stellte Fotos mit zehn Praxisbeispielen vor, die Tagungsteilnehmer konnten bewerten, ob es sich bei den gezeigten Fällen um einen Mangel handelte oder nicht. Die Ergebnisse wurden anschließend diskutiert. In einem weiteren Vortrag von Markus Ramrath, Dipl.-Ing. Bernd Stahl und Stefan Hubertus Schmidt ging es u.a. um einen werkseitig gespachtelten Travertin-Bodenbelag mit 160 m², bei dem reklamiert wurde, weil sich bei der Nutzung nach einiger Zeit kleine Löcher zeigten, die durch abgesackte Spachtelmasse und die Öffnung neuer Poren entstanden. Prof. Ulrich wies darauf hin, dass hier kein Mangel vorliege und wies gleichzeitig auf die aufklärende Hinweispflicht hin.

Dass Gebäude heute schneller fertiggestellt werden als früher, darauf wies Dr. Rolf Deimer aus Abstatt hin. Die in Bauwerke eingebrachte Feuchtigkeit müsse trotzdem entweichen. Je dicker die Estriche sind, je länger benötigten sie für das Austrocknen. Dies könne bis zu 80 Tage dauern. Für eine mängelfreie Verlegung sei die Belegreife, nicht der trockene Zustand des Estrichs entscheidend.

Schimmel in Feuchträumen
Zu Ursachen, Bewertung und Vermeidung von Schimmelbefall in Feuchträumen referierte Dr. Wolfgang Lorenz aus Düsseldorf. In Tabellen zeigte er die Feuchtigkeitsbelastungen in verschiedenen Räumen. Das Stoßlüften sei am wirksamsten und besonders bei Neubauten erforderlich, in Altbauten sei es weniger wichtig, da diese in der Regel nicht so luftdicht erstellt wurden.

Zum Thema "Naturstein im Wandel der Zeit" referierte Dipl.-Ing. Detlev Hill. Von ihm erfuhren die Tagungsteilnehmer, dass Werksteine aus Vietnam mittlerweile oft preiswerter sind als Importe aus China. Ein Dauerthema seien Farbschwankungen nach DIN 18332 Naturwerkstein. In der Praxis sei eine Musterung nach Norm nicht möglich. In Verkaufsgesprächen sei die Hinweispflicht besonders wichtig. Beim Resinieren kämen ca. 50 verschiedene Epoxidharze zum Einsatz, eine Regulierung sei in diesem Bereich nicht bekannt.

Innovationspreis
Auf der Tagung wurde auch ein Innovationspreis verleiehen, für den sich 19 Firmen mit 31 Produkten beworben hatten. Auszeichnungen erhielten die Firma Mapei mit ihrem BDC-System, V + B Fliesen mit einem digital bedruckten Hohlkehlsockel sowie die Firma Dallmer mit dem Wandablaufsystem "Cera Wall" für bodengleiche Duschen. Der Innovationspreis zeichnet Produkte und Verfahren aus, die für die zukünftige Anwendung von Naturstein und Keramik von Bedeutung sind und in diesem Bausegment neue, zukunftsweisende Anwendungsmöglichkeiten erschließen.

(10.11.2015)

Autor/in: Dipl.-Ing. Harald Zahn