Flüchtlinge integrieren und beschäftigen

Dem Handwerk fehlt es an Fachkräften. Viele Betriebe suchen vergeblich geeignete Lehrlinge – auch im Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk. Die Beschäftigung von Geflüchteten erscheint deshalb mehr als sinnvoll: sie nützt den Betrieben und hilft bei der Integration. Etliche Steinmetzbetriebe engagieren sich bereits und beschäftigen Geflüchtete oder bilden sie aus. Zum Beispiel das Natursteinwerk Rechtglaub-Wolf in Lübeck (Naturstein 9/2015, S.8) oder der Natursteinbetrieb Dittmeier in Wernfeld (Naturstein 11/2015, S.8). Dabei ist es nicht einfach, Geflüchtete zu beschäftigen. Neben sprachlichen Schwierigkeiten und kulturellen Unterschieden gibt es viele Vorschriften und Gesetze als Stolpersteine. Auch Informationen über Fördermöglichkeiten für Betriebe und Geflüchtete müssen erst einmal zu den Nutzern gelangen.

Hilfe verspricht hier das Buch von Anouschka Wasner mit dem Titel "Flüchtlinge im Handwerk integrieren und beschäftigen". Den Praxisratgeber hat die Fachjournalistin und Mediatorin mit einer Ausbildung als Kfz-Mechanikerin in Zusammenarbeit mit dem im Holzmann Verlag erschienen Handwerk Magazin verfasst. Auf 140 Seiten wird ausführlich beschrieben, wie Handwerksbetriebe einen Geflüchteten beschäftigen können, welche Chancen sich bieten und was dabei zu beachten ist. In einem eigenen Kapitel listet die Redaktion von Handwerk Magazin auf insgesamt 38 klein gedruckten Seiten sogar sämtliche "Initiativen der Handwerkskammern" auf. Wer von dem Buch schnell Rat und Hilfe erwartet, wird sich wegen der Textfülle in Geduld üben müssen. Dafür bekommt der Leser fundierte Informationen zu fast allen relevanten Bereichen. Darunter ausführliche Informationen über Förderinstrumente, Einstellungskriterien (Bleibeperspektiven, Berufsabschlüsse, Spracherwerb), Regelungen und gesetzliche Vorgaben (Beschäftigungserlaubnis, Aufenthaltsstatus, Integrationsgesetz) und eine lange Liste von weiteren Informations- und Hilfeangeboten.

Erwähnt ist auch das Netzwerk "Unternehmen integrieren Flüchtlinge", eine auf drei Jahre angelegte Initiative des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), gefördert durch das Bundeswirtschaftsministerium. Es bietet seinen Mitgliedern eine Plattform für Informationen und Antworten auf Fragen, ähnlich wie Anouschka Wasner in ihrem Buch: Wie kann man geflüchtete Menschen kennenlernen und ihre Qualifikationen einschätzen? Was muss man bei ihrer Aus- und Weiterbildung beachten? Welche Begleitung brauchen sie im Arbeitsalltag? Was brauchen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um die neuen Kollegen gut aufzunehmen? Anschaulich werden Wasners umfangreiche Recherchen durch Einblicke in den Alltag und die Erfahrungen von Geflüchteten wie einem 17-Jährigen aus dem Kosovo, der eine Kfz-Mechatroniker Lehre absolviert, oder dem Chef eines Malerbetriebs, der zwei Geflüchtete beschäftigt und die Sache pragmatisch sieht: "Die Flüchtlinge kommen aus einer anderen Kultur und die Azubis sind nicht mehr das, was sie mal waren. Aber so ist es nun mal – dann muss ich mir als Handwerksbetrieb eben überlegen, was ich damit mache!"

Anouschka Wasner: Flüchtlinge im Handwerk integrieren und beschäftigen. Holzmann Medien, 2016, 19,90 €, ISBN: 978-3-7783-1168-4

(24.9.2017)

Autor/in: Christiane Weishaupt