Buch über Friedhofsneugestaltung in Halle

Die Neugestaltung des Stadtgottesackers in Halle /Saale ist das Ergebnis einer außergewöhnlichen Zusammenarbeit zwischen der Denkmalpflege und Künstlern der Gegenwart. Weil kaum Unterlagen über mehrere zerstörte Gruftbögen vorhanden waren, genehmigte die Denkmalpflege die Gestaltung moderner Reliefs in der zwischen 1557 und 1590 entstandenen Anlage.

Seit 1998 entstanden 27 neue Bögen, die der Kunsthistoriker Joachim Penzel in seinem 2017 herausgegebenen Bildband "Requiem in Stein" dokumentiert. Den Bildhauern Marcus Golter, Martin Roedel, Maya Graber, Steffen Ahrens und Bernd Göbel ist es laut Penzel "gelungen, Halles prominente Begräbnisstelle ... als einen exterritorialen Ort zu erschließen, auf dem die bildende Kunst unserer Hochgeschwindigkeitsgesellschaft der Gegenwart ein Refugium schafft, auf dem eine über die Tagesaktualität hinausreichende Bestimmung von Lebenssinn möglich wird." Gleichzeitig hätten die Künstler mit ihren Werken auch eine "in Stein geschnittene Bildergalerie" der Stadtgeschichte erarbeitet. Den ersten neuen Bogen gestaltete Marcus Golter. Der damals 32-jährige Bildhauer habe mit "dieser für einen jungen Künstler ungewöhnlich selbstbewussten Reliefgestaltung all die offenen Spielräume für eine formal und inhaltlich eigenständige Bildhauerei im historischen Ensemble abgesteckt", so Penzel über Golter, der zehn weitere Bögen neu geschaffen hat und 2007 für seine Arbeit am Stadtgottesacker mit dem Peter Parler-Preis ausgezeichnet worden ist.

Penzel würdigt die im Jahr 1990 getroffene Entscheidung, dass die beteiligten Bildhauer eine eigene Formsprache für ihre Arbeiten entwickeln konnten. So sei es gelungen, eine "Tradition nicht nur zu bewahren, sondern durch eigene Beiträge weiterzuentwickeln". Mit der "geglückten Mischung aus Rekonstruktion und Neugestaltung" stelle der hallesche Stadtgottesacker eine "Alternative zur Wiederherstellung historischer Zustände in der Architektur her" wie sie beispielsweise bei der Frauenkirche in Dresden praktiziert wurde. Die hallesche Friedhofsanlage gleiche eher dem Bauprozess des Kölner Doms. "Es handelt sich um ein Generationenwerk", argumentiert Penzel.

Joachim Penzel
"Ein Requiem in Stein"
Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 2017
19,95 €

Mehr zur Umgestaltung des Stadtgottesackers lesen Sie in Naturstein 12/2017. 

(7.12.2017)

Autor/in: Margaret Heckel